Der Räuber knackt die Berlinale

16.02.2010 - 08:50 Uhr
Der Räuber von Benjamin Heisenberg
Zorro
Der Räuber von Benjamin Heisenberg
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Der neue Film von Benjamin Heisenberg Der Räuber überzeugt bei der Berlinale und wird von den Kritikern gefeiert: Es gibt atemloses Kino zu sehen über einen Serienbankräuber nach einer wahren Begebenheit.

Benjamin Heisenberg ist 35 Jahre alt. Bisher ist er mit zwei Filme aufgefallen, sein dritter könnte der ganze große Erfolg werden. Für Schläfer wurde er mehrfach ausgezeichnet, sein Drehbuch zu Milchwald, welches Christoph Hochhäusler verfilmte, erregte ebenfalls große Aufmerksamkeit. Mit Der Räuber ist der geborene Tübinger im Internationalen Wettbewerb der 60. Berlinale vertreten und das allein ist schon ein Erfolg. Die Kritiker wünschen sich allerdings mehr für den Film, der geradezu euphrorisch von ihnen aufgenommen wird.

Erzählt wird in der Der Räuber eine wahre Geschichte. Johann Rettenberger (Andreas Lust) ist ein erfolgreicher Marathonläufer … und Serienbankräuber. Nüchtern und präzise misst er Herzfrequenz, Belastung, Ausdauer und Effektivität – bei Trainingsläufen ebenso wie bei den Banküberfällen, von denen er, aberwitzig maskiert und mit der Pumpgun bewaffnet vor der Polizei flüchtet. Er lebt unentdeckt mit seiner Freundin Erika in Wien, zieht immer wieder aus, leidenschaftlich und gierig nach dem Trip, der Bewegung und der Schönheit des Raubzugs …

Der Regisseur Benjamin Heisenberg hat das Fehlgehen jeder Psychologie rasant umgesetzt, lobt Harald Jähner in der Berliner Zeitung. “Pausenlos wird gerannt, gehechelt, um Luft gerungen. In den Körpersäften liegt das Motiv für die Verbrechen. Nicht von inneren Furien wird Rettenberger gehetzt, sondern von seinem Blut, das nach Stresshormonen giert. Andreas Lust spielt das mit angemessen böser Miene, den Mund zusammengekniffen, düster blickend und bestenfalls abwesend – ein finsterer Buddhist, der nach maximaler Abschirmung seiner Hochleistungsphysis trachtet.”

Furios fressen sich Trommelschläge ins Hirn, schreibt Markus Keuschnigg in der Presse. “Der Räuber spiegelt die Widersprüchlichkeit der Hauptfigur auf jeder Ebene wider: Reinhold Vorschneiders exzellente Kameraarbeit ändert sich mit der Laufgeschwindigkeit der Handlung, schaltet mühelos um vom Statischen aufs Dynamische (atemberaubend: eine Verfolgungsjagd durch Wiener Untergeschoße) und wieder zurück, während Lorenz Dangels Soundtrack vom primitiven Herzschlag-Trommelrhythmus zur schöngeistigen Klassik reicht.”

Lukas Foerster auf perlentaucher ist vollends begeistert. “Der Räuber ist ein kraftvoll und sorgfältig inszenierter Film, der sich auf das, was manch einer an den Filmen der Berliner Schule als Selbstbeschränkung moniert, gar nicht erst einlässt. Nicht-diegetische Musik setzt Benjamin Heisenberg offensiv und äußerst gekonnt ein, nach einem besonders spektakulären Banküberfall treiben wuchtige Percussion-Schläge Rettenberger durch Parks in den Wald. Ein großartiges Ende für ein großartiges Set Piece ist das (…). Die Poren im Gesicht bei der Blutabnahme, die Musik und die Sportnachrichten aus dem Autoradio bei den Fluchtfahrten, die Fernsehbilder vom Marathonlauf… Ein Film, der sich einiges traut. Und dabei verdammt gut aussieht.”

Benjamin Heisenberg zeigt mit Der Räuber, wie aufregend atemlos die Berliner Schule sein kann, schwärmt Thorsten Funke von critic. Der Film “ist so kühl wie seine Hauptfigur, betont kontrolliert und effektlos inszeniert, die Dialoge sind sparsam (den Figuren in diesen Filmen, so scheint es, sind Gesprächspausen niemals peinlich). Die Dialoge sind sogar so sparsam, dass die Geschichte über weite Strecken als Stummfilm funktionieren würde, mit vielleicht zwei oder drei Zwischentiteln. Gesprochen werden vor allem eher praktische Dinge, Alltagszeug. Was das Hotelzimmer kostet, Anweisungen, Radioberichte, Behördengespräche. Der Räuber hat intelligente Verwirrspiele mit der Bild- und Tonebene und eine ausgefeilte Bildgestaltung.”

Wir müssen uns noch bis zum 4. März 2010 gedulden. Dann startet Der Räuber in den deutschen Kinos.

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