Totale Verwandlung. Wie war das nochmal? Ist das hier ein Cronenberg? Nein. Walter White wächst kein drittes Ohr, er hat nicht einmal im Alter verschiedene sexuelle Perversionen entwickelt. Sein einziger „Body-Horror“ ist seine Diagnose: Lungenkrebs. Nun, was macht man wenn man Lungenkrebs und weder genug Geld für die Behandlung noch für den Fortbestand der Familie hat? Wie war das gleich? Man ist sein ganzes Leben ein chronisch unterbezahlter Chemielehrer um dann nicht davon zu profitieren? Falsch gedacht, Walter bricht alle Konventionen um letztendlich durch den Verkauf von Crystal Meth millionenschwer zu werden. So viel dazu.
Jetzt aber mal ehrlich, was gibt mir Breaking Bad eigentlich, was mir zuvor keine andere Serie geben konnte? Da wären zum einen die durchgehende, auf fünf Staffeln beschränkte und immer abwechslungsreiche Storyline. Dann hätten wir da noch den passenden und gut platzierten Soundtrack und eine so perfekte Besetzung, dass das Castingstudio gleich mehrere Preise verdient. Aber das eigentlich besondere habe ich bereits zu Anfang erwähnt. Die totale Verwandlung. Nein, Walter White steigt nicht mit einer Fliege in einen Teleporter, er steigt mit seinem Schwager in einen DEA Einsatzwagen.
Der Effekt ist letztendlich zwar optisch deutlich anders aber dennoch werden sich Seth Brundles Freundin, wie Walter Whites Frau vermutlich am Ende die selbe Frage stellen: „Was ist aus ihm geworden? Wer zum Teufel ist das?“ Der Prozess ist schleichend. Ich sympathisiere fast durchgängig mit diesem Typ, um dann zu merken, dass mich da wohl jemand verarschen will. Wo sind all die Eigenschaften, wegen welchen ich Walter als Hauptperson schätze. Mit was identifiziere ich mich hier eigentlich noch?
Bevor ich dann ausschalte und sage: „ Hey ist ja ’ne gute Serie aber sowas hatten wir schon oft.“ , bemerke ich aber auch endlich wieder Jesse. Ich bemerke den Schmalspur-Dealer, den pseudo- coolen Möchtegern-Drogenbaron. Walters ursprüngliche Tür in die Welt der Moneten. Ich bemerke den Gegenpol zu meiner anfänglichen Identifikationsfigur und schwanke ernsthaft bei der Frage, wer denn jetzt eigentlich meine Sympathie verdient hat. Dieses ungleiche Protagonistenpaar reißt mich mit, fasziniert mich und nimmt an Intensität und Realitätsnähe proportional zur Folgenanzahl zu. Während der harmlose Chemielehrer Walter White zu „Heisenberg“ entmenschlicht findet Jesse langsam ins Leben zurück.
Das war alles? Mehr habe ich nicht zu sagen? Was ist mit dem berühmten „vorgreifen“ und den atemberaubenden Serienfinalen? Was bin ich so vergesslich, wirkt das Meth schon?
Ein Rattern, Patronenhülsen verdecken den Sand, ein Kofferraum springt auf und ab. Ein Teddybär mit einem Auge schwimmt in einem Pool. Fans die bis jetzt geschaut haben werden sich wohl einen Reim darauf machen können. Das meinte ich mit „vorgreifen“. All die eben genannten Gegenstände und Vorgänge könnte man irgendwie verwursten um intelligent zu wirken. Um den Inception-Kiddies das Gefühl zu geben hier etwas ganz tiefgründiges zu sehen. Aber nichts da. Genau das wird mit einer Selbstverständlichkeit gemeistert, dass ich bei der Lösung immer wie gebannt auf den Bildschirm starre und danach erstmal meinen Schreibtisch von Speichelresten säubern muss. Jetzt aber mal zu den Finalen Episoden. Jede einzelne Staffel bewerkstelligt es auf eine immer neue Art mich emotional komplett über den Haufen zu werfen. Die Spannung schießt mir in die Fresse und verändert mein Bild von Breaking Bad erneut komplett.
Breaking Bad ist für mich die Essenz einer Serie, ein sich immer neu anordnendes, perfektes Etwas, die Prise David Cronenberg, die ich immer in einer Serie haben wollte und letztendlich der Stoff aus dem Lieblingsserien gemacht sind. Purer, reiner Stoff.
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