Katholiken zeigen Ulrich Seidl wegen Blasphemie an

04.09.2012 - 10:25 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
So fromm und doch so skandalös - Paradies: GlaubeNeue Visionen
In Venedig feiert sein neuer Film Paradies: Glaube seine Premiere. Doch genau wegen dieses Werkes muss sich der Regisseur Ulrich Seidl jetzt mit der Justiz in Italien herumschlagen. Eine katholische Organisation hat ihn wegen Blasphemie angezeigt.

Gerade läufen die diesjährigen Filmfestspiele in Venedig, bei der Paradies: Glaube von Ulrich Seidl uraufgeführt wurde. Hinter den Kulissen brodelt es nun aber mächtig und der Stein des Anstoßes ist die neue Arbeit des österreichischen Regisseurs. Nicht nur, dass es massive Kritik seitens der katholischen Kirche an dem Werk hagelt – nein, nun hat die erzkonservative Vereinigung NO 194 den Filmemacher auch noch angezeigt. Der Vorwurf lautet auf Blasphemie, meldet der Kurier. Neben Seidl stehen außerdem die Produzenten, Hauptdarstellerin Maria Hofstätter sowie die Leiter des Festivals von Venedig am Pranger.

Der Hauptgrund für die Anzeige ist für Rechtsanwalt Pietro Guerini, seines Zeichens Präsident der katholischen Organisation, eine Szene, in der sich die Aktrice mit einem Kruzifix selbst befriedigt. NO 194 fällt bereits seit den 1970er Jahren in Italien auf. Die Vereinigung setzt sich seitdem immer wieder dafür ein, die Legalisierung der Schwangerschaftsunterbrechung wieder aufzuheben. ‘Meiner Ansicht nach würde er sogar eine Haftstrafe verdienen, weil er mit seinen blasphemischen Szenen nicht nur die katholische Religion, sondern auch diejenigen beleidigt, die Katholiken sind’, äußerte sich Guerini über den Filmemacher.

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Obowhl Ulrich Seidl wohl höchstens eine Geldstrafe droht, will der Advokat sein Anliegen unbedingt durchziehen – trotz der möglichen positiven Konsequenzen, die der Skandal dem Werk des österreichischen Regisseurs bringen könnte. ‘Es ist mir bewusst, dass mit der Anzeige das Interesse um Seidls Film noch mehr gesteigert wird. Ich hoffe jedoch, dass meine Initiative andere abhalten wird, die katholische Religion zu beleidigen’, so der Rechtsanwalt. Auch andere katholische Kreise haben Paradies: Glaube scharf verurteilt. Laut der erzkonservativen italienischen Online-Tageszeitung Il Sussidiario.net beleidige das Werk sowohl Katholiken als auch Moslems und sei Ausdruck eines ‘europäischen Nihilismus, der die christlichen Wurzeln zerstören will.’

Ebenso äußerte sich die Webseite Pontifex sehr kritisch zu dem zweiten Teil der Trilogie über drei Frauen von Ulrich Seidl, dessen Vorgänger Paradies: Liebe dieses Jahr beim Festival in Cannes seine Premiere hatte. ‘Man kann Katholik, Buddhist, Moslem oder Jude sein, doch die religiösen Gefühle müssen respektiert werden. In einigen Fällen kann religiöse Satire auch witzig, vielleicht notwendig sein, doch sich der Vulgarität hinzugeben, hat keinen Sinn’, so Pontifex: ‘Es darf nicht verschwiegen werden, dass der erste Teil des Films, der sich auf die Leiden der Frau bezieht, Aufmerksamkeit verdient. Doch der zweite Teil, in dem ein Symbol des Christentums de facto als Vibrator genutzt wird, ist inakzeptabel.’

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Bei seiner Uraufführung auf dem Festival in Venedig erntete Paradies: Glaube weitgehend Applaus. In dem Werk spielt Maria Hofstätter eine alleinstehende Frau in den Fünfzigern. Sie arbeitet als Röntgenassistentin in einem Spital und hat ihre vermeintliche Liebe in der Religion gefunden. In jeder freien Minute betet Maria, singt fromme Lieder, betreibt Selbstgeißelung oder versucht, ihre Umgebung zu missionieren. Wie bei einem Film von Ulrich Seidl nicht anders zu erwarten, stellt sich ihr Glaube als Berufung bald als ziemlicher Trugschluss heraus.

Eines Tages kehrt die Frau nach Hause zurück und findet ihren muslimischen Ehemann Nabil in ihrer Wohnung vor, der sie zwei Jahre zuvor verlassen hatte und mittlerweile querschnittsgelähmt ist. Maria sieht die Rückkehr ihres Gatten als Prüfung, die ihr Jesus auferlegt hat und versorgt den Ehemann. Als der jedoch immer stärker nach körperlicher Zuneigung verlangt, wird ihr Glaube auf eine harte Probe gestellt. Wir haben oben für euch den Trailer zum Film, damit ihr euch selbst davon überzeugen könnt, ob die herbe Kritik an dem Werk von Ulrich Seidl angebracht ist.

Wie lautet eure Meinung zu Paradies: Glaube und der Anzeige gegen Ulrich Seidl?

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