In den letzten Wochen haben wir uns mit dem unaufhörlichen Bestreben der Tricktechniker auseinander gesetzt, immer bessere und realistischere visuelle Effekte auf die Leinwand zu zaubern. Ob nun durch Matte Paintings, Stop-Motion-Animationen oder CGI-Effekte: Das Ziel der Filmemacher war es stets, den Zuschauer durch die verschiedensten Illusionen die Künstlichkeit des Films vergessen zu lassen und so in eine andere Welt zu entführen.
Einen weiteren Schritt zur Interaktion des Kinos mit dem Publikum ist ein ganz aktueller Trend, nämlich die Renaissance des 3D-Films. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Art der Filmvorführung immer mehr der menschlichen Wahrnehmung angepasst. So entstand aus anfänglich einzelnen Bildern eine Bewegung, aus dem Stummfilm der Tonfilm und aus dem Schwarz-Weiß-Film Produktionen in Technicolor usw. Wenn wir diese Entwicklung beobachten, ist es an sich eine logische Konsequenz, aus dem herkömmlichen Bild ein dreidimensionales zu gestalten. Dabei sind 3D-Filme keine Schöpfung des neuen Jahrtausends, denn bereits vor 90 Jahren experimentierten Tricktechniker mit der Räumlichkeit des Mediums Film.
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Timing ist alles
Immer größer, schneller, besser: Techniker, vor allem solche aus der Filmbranche, sind immer auf der Suche nach neuen und innovativen Effekten, mit denen sie das Medium revolutionieren können. Doch manchmal ist das Publikum für einen bestimmten Trend einfach noch nicht bereit. So verhält es sich auch mit der aufwendigen 3D-Technik, die bereits schon in der Stummfilmzeit, später auch in den Fünfziger und Sechziger Jahren aufblühte. Während die Zuschauer in den Zwanzigern schlicht weg noch nicht bereit für das neue Verfahren waren, konnte 30 Jahre später das dreidimensionale Kinoerlebnis eine Zeit lang einige Erfolge verbuchen. Die Beweggründe zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung des stereoskopischen Films waren damals ähnlich wie heute: Das Kino befand sich aufgrund der Etablierung des Fernsehens in einer Krise und musste seinem Publikum etwas präsentieren, was das heimische Wohnzimmer nicht zu bieten hatte. So wurde die 3D-Technik aus den Anfängen des Kinos wiederbelebt und den technischen Entwicklungen der Fünfziger angepasst.
In der kommenden 3D-Welle wurden etwa 50 Filme mit der innovativen Methode realisiert, darunter zumeist Horrorfilme und Thriller, die jedoch für gewöhnlich lediglich den spektakulären Effekt in den Mittelpunkt stellten ohne dabei einen großen Inhalt bieten zu können. Auch Regie-Altmeister Alfred Hitchcock konnte nicht davon ablassen mit der neuen Technik zu experimentieren. So ist sein Krimi Bei Anruf: Mord einer der wenigen Versuche, das 3D-Verfahren nicht nur als Effekthascherei zu ge- bzw missbrauchen, sondern es effektiv in die Handlung zu integrieren. Allerdings war der Höhepunkt der Euphorie für die neue Methode zu diesem Zeitpunkt bereits größenteils verebbt, so dass sein Film in den meisten europäischen Kinos nur als 2D-Version erschien. Die nächsten Jahre wurde es weitesgehend ruhig um die 3D-Technik – nur hin und wieder bedienten sich Softpornos oder Horrorfilme des stereoskopischen Effekts. Es sollte über ein halbes Jahrhundert vergehen, bis das stereoskopische Kinoerlebnis seine Renaissance erlebte.