Lone Ranger - Zu Unrecht vom Pferd gefallen

19.10.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Armie Hammer, Ladies and Gentlemen. Den maskiert man doch nicht!
moviepilot/Disney
Armie Hammer, Ladies and Gentlemen. Den maskiert man doch nicht!
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An den Kinokassen vom Publikum verschmäht, aber eigentlich doch einer der intelligenteren Blockbuster dieses Jahres? Im Kommentar der Woche entfacht “Lone Ranger” kindliche Begeisterung.

Im Kommentar der Woche versuchen wir jede Woche einen eurer zahlreichen Kommentare zu feiern, egal ob kurz oder ausführlich, alt oder neu, zu einer Person, einem Film, einer Serie oder einer News – die Voraussetzungen für den Kommentar der Woche kann theoretisch jeder Kommentar erfüllen. Wenn ihr über einen gestolpert seid, der euch besonders gut gefallen hat, schlagt ihn uns vor, am besten per Nachricht.

Der Kommentar der Woche
Ganz überrascht von den Qualitäten von Lone Ranger ist das Western-Herz von lieber_tee, bei dem der Film Begeisterung aus Kindertagen für das weitgehend ausgestorbene Genre zu wecken vermochte:

Millionengrab des Kinosommers 2013, Grund für die Scheidung einer der lukrativsten US-Filmproduktions-Ehen, künstlerisches Desaster. Aber auch geadelt von Quentin Tarantino in seiner Jahresbestenliste und mit vereinzelten positiven Rezensionen.

Ich bin überrascht, ein wenig ernüchtert, durchaus begeistert.

“Lone Ranger” ist eskapistisches Kino zwischen B-Picture-Comic-Relief, Indiana Jones und James Bond im Abenteuer-Western-Freizeitpark, basierend auf einer längst vergessenen TV-Ikone der US-Popkultur. Entfesseltes Unterhaltungskino, aufgebaut auf den Fundamenten der ekstatischen Liebe zum Kino eines Regisseurs. Eingerahmt in zwei ausufernden, den physikalischen Grundgesetzen enthobenen Zugkatastrophen-Szenarien, die slapstickartige Buster-Keaton-Stummfilm-Action mit CGI-Tricktechnik und aufwendiger Ausstattung vereint. Eine plakativ-verschmitzte Tour de Magie vergangener Kinozeiten auf 3D hochgepimpt.

Dazwischen liegt ein zweistündiger Diskurs über Kino- und Western-Mythen. Amerika ist erbaut auf der kapitalistischen Gier des weißen Mannes und auf dem Super-Heldentum mit Maske. Im Verzahnen von Motiven der US-Geschichte und US-Filmgeschichte ergibt sich ein künstliches Surrogat. Spiel mir das Lied vom Cowboy und Indianer, persifliere, führe es ad absurdum. Gib ihm aber auch die Leichtigkeit, Tragik, das Epische wieder. Weiße, Rothäute, Pferde, Prärie, Duelle, Silber, Salons, Eisenbahn, Sprengstoff, Marshal, Zorro, Bordelldamen, Staub und Raubüberfall. Das Alles und viel mehr, durch den Fleischwolf der Künstlichkeit gedreht. Wie eine Fassade in einer Museumsvitrine, mit einem breitem Lachen dekonstruiert und liebevoll umarmt.

Bei diesem Overkill an Archetypen, Querverweisen, Zitaten, Hommagen bleibt der Erzählrhythmus stecken. Episodisch wird eine kreative Idee nach der anderen am filmischen Lagerfeuer verbrannt, der Flow, die Einheit leidet. Der unentschlossene Tonfall wirbelt zwischen Tragik, Drama, Parodie, Klamauk, Selbstironie und Action-Krawall herum. Ein blasser Schauspieler als Held, ein Fluch-der-Karibik-Verschnitt als Indianer, die Chemie stimmt bei diesem Buddy-Movie nicht so recht. Unkontrollierter Gigantismus, mal peinlich daneben, aber immer mit einer visuellen Kraft versehen, die poetischen Kitsch, Detailreichtum und dynamische Filmsprache zelebriert.

Einer der wenigen intelligenten Blockbuster 2013. Zu unrecht so hart von Kritikern und Publikum abgestraft. Trotz offensichtlicher Mängel einen liebevollen Blick wert, vorausgesetzt es gibt im Herzen des Betrachters noch ein Fünkchen für kindliche Begeisterung an das ausgestorbene Western-Genre.

Den Kommentar findet ihr übrigens hier.

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