Es gibt in der Popkultur den immer etwas herabwertend klingenden Begriff des Frauenfilms. Also ein Film, der von und mit Frauen für andere Frauen gemacht wird. Wahlweise eine kitschige Rom-Com oder bissige Komödie über die Frustrationen, die sich bei der vermeintlichen deutschen Durchschnittsfrau eben so anstauen, wenn der Partner nie den Müll rausbringt und sie nach der Schwangerschaft nicht mehr ins kleine Schwarze für die Firmenfeier passt.
Wunderschön von Karoline Herfurth, der ab dem 3. Februar 2022 in deutschen Kinos läuft, schlägt auf den ersten Blick in letztere Kerbe. Hinter klassischem Beziehungschaos, unterhaltsam inszenierten Lebenskrisen und dem Anprangern gängiger Schönheitsideale versteckt sich allerdings ein deutlich düstereres Thema.
Darum gehts in Wunderschön von Karoline Herfurth
Der Film zeigt fünf verschiedene Frauen mit ganz unterschiedlichen Perspektiven aufs Leben, die eines gemeinsam haben: Sie scheitern an den Erwartungen, die an sie gestellt werden. Sei es von Partnern, der Gesellschaft oder sich selbst.
Das ist der Cast von Wunderschön:
- Karoline Herfurth spielt Sonja: ehemalige Karrierefrau und zweifache Mutter, die nach den Geburten mit ihrem Körper kämpft und ebenso wie ihr Partner (Friedrich Mücke) wieder im Berufsleben durchstarten will
- Nora Tschirner spielt Vicky: engagierte Feministin und Kunstlehrerin, die durch eine Affäre mit einem Kollegen (Maximilian Brückner) mit ihren Bindungsängsten konfrontiert wird
- Emilia Schüle spielt Julie: erfolgloses Model, das langsam aber sicher an den Ansprüchen der Modeindustrie kaputtgeht
- Martina Gedeck spielt Frauke: frustrierte Hausfrau und Mutter von Julie, die sich ihren Lebensabend mit Mann Wolfi (Joachim Król) nicht nur spannender, sondern auch leidenschaftlicher vorgestellt hat
- Dilara Aylin Ziem spielt Leyla: unsichere Teenagerin, die in der Schule gemobbt wird und nach Wegen sucht, sich endlich selbst akzeptieren zu können
Wunderschön ist mehr Horrorfilm als deutsche Mainstream-Komödie
Wunderschön funktioniert durchaus auf dieser ersten, offensichtlichen Ebene. Der Film sorgt trotz vieler bewusst zelebrierter Klischees und manchmal etwas zu hektisch durcherzählten Storylines für viele Lacher und macht Spaß, unter der Oberfläche brodelt aber eine ziemlich deprimierende Wahrheit: Entweder ist man zu dick oder zu dünn. Als Hausfrau nicht emanzipiert genug oder zu berufstätig, um eine gute Mutter sein zu können. Entweder zu laut oder zu leise, zu selbstbewusst oder zu unscheinbares Mäuschen, zu prüde oder zu promiskuitiv. Als Frau kann man es gar nicht richtig machen. Und dieser aussichtslose Kampf bringt eine der Hauptfiguren fast um.
Klar gibt es kurzfristige Wege aus der Selbsthassspirale oder der Frustration beim Versuch, Kleinkinder und Karriere unter einen Hut zu bringen, während der Ehemann lieber mit der hübschen Kollegin flirtet. Über Beziehungsprobleme kann man sprechen. Für sich selbst kann man entscheiden, mehr sein zu wollen als das reine Äußere.
Trotzdem kam ich nach 131 Minuten Laufzeit nicht umhin, mich zu fragen: Wie viel Wohlfühl-Happy End kann es hier wirklich geben? Und sind der Schampus und die große Gartenparty nur ein Manöver, um sich davon abzulenken, dass man eigentlich nie wieder aufhören will zu schreien? Von wegen Frauenfilme sind seichte Kost. Wenn sich das eigene Leben oft nach ausweglosem Horrorfilm anfühlt, ist jede unbeschwerte Pointe ein Geschenk.