Rasender Puls und Duell zweier Marvel-Stars: Das ist einer der besten Horrorfilme des Jahres

10.10.2022 - 15:30 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Resurrection
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Es beginnt wie ein Psychothriller, doch Resurrection mit Rebecca Hall und Tim Roth entwickelt sich zum waschechten Horrorfilm, der den Magen umdreht.

Neulich saß er noch in einem Hochsicherheitsgefängnis in She-Hulk: Die Anwältin und war als Emil Blonsky ungewohnt knuddelig. Nach dem "Genuss" von Resurrection möchte ich Tim Roth und vor allem Tim Roths Bauch nie wieder sehen. Also mindestens für einen Monat.

Im großartigen neuen Horrorfilm von Andrew Semans spielt der Tarantino-Stammdarsteller das personifizierte Trauma, eine abscheuliche Gestalt, die nach fast 20 Jahren das geordnete Leben von Heldin Rebecca Hall aus der Bahn wirft. An Kunstblut fehlt es Resurrection nicht, aber seine durch Mark schneidende Horror-Atmosphäre bezieht er aus anderen Quellen.

Der Horrorfilm Resurrection bringt den Puls zum Rasen

Die Britin – übrigens ebenfalls ein MCU-Star dank ihres Auftritts in Iron Man 3 (wer erinnert sich nicht?) – spielt in Resurrection eine erfolgreiche Geschäftsfrau namens Margaret. Diese scheint von nichts in der Welt gebunden zu sein außer der Liebe zu ihrer Tochter Abbie (Grace Kaufman). Ihren Liebhaber, einen Arbeitskollegen, hat sie unter Kontrolle. Ihren Job geht sie mit unanfechtbarer Souveränität an.

Schaut euch den Trailer für den Horrorfilm an:

Resurrection - Trailer 2 (English) HD
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Margaret steht schnurgerade im Alltag wie das Geschäftsgebäude aus Beton und Stahl, in dem sie arbeitet. Ihre Tochter wird bald 18 und damit flügge. Für Margaret, die ihr Leben wie eine geometrisch präzise ausgearbeitete Blaupause überblickt, stellt Abbie das eine Element dar, das die Messungen durcheinander bringt. Dann sieht sie David (Tim Roth) bei einer Konferenz.

Zunächst ist da nur Margarets Gesicht und der sich ausbreitende Schrecken in den sowieso schon großen Augen der Rebecca Hall. Das Gerede im Raum legt sich wie eine Bleidecke aufs Geschehen, es drückt auf die Bilder und verdeutlicht die Panik, die Margarets Lunge zuschnürt, als sie den Mann im Publikum entdeckt. Es ist ein harmloser Anblick, Tim Roths Hinterkopf, Tim Roths Profil. Kein Dämon, nur ein Mensch. Aber in dieser Frau zerstört der Anblick jedes Gefühl von Sicherheit. Sie rennt heraus.

David wird beim Shopping auftauchen, "zufällig" wird er auf einer sonnigen Parkband in der Nähe ihres Arbeitsplatzes sitzen. David drängt sich in ihr Leben und noch bevor wir hören, was er getan hat, spüren wir die Auswirkungen auf Margaret in jeder Faser des Films. Dessen zunächst unscheinbare Gestaltung bringt den Puls zum Rasen, schon bevor das Duell der Marvel-Stars wirklich beginnt.

Das Duell der Marvel-Stars ist unbedingt sehenswert

Dieses Duell hat es in sich. Auf der einen Seite schauen wir Rebecca Halls Margaret dabei zu, wie sie in die Paranoia abgleitet, wie sie körperlich und geistig abgewetzt wird von dem Mann aus ihrer Vergangenheit.

Auf der anderen Seite steht Tim Roths David, der mit seiner lässigen Grausamkeit zum fleischgewordenen Schreckgespenst heranwächst. Sein fletschendes Lächeln killt jeden Zweifel an seiner Schuld. Es ist eine exzentrische Darbietung eine verkrümmten Mannes, ein Rumpelstilzchen in Jeans und Pullover. Beide Stars komplementieren sich perfekt in dem Film, der sich mit dem Ringen um Kontrolle über die Realität beschäftigt.

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Einst führten David und Margaret eine Beziehung, in der er die wesentlich jüngere Frau durch Manipulation seinem Willen unterwarf. Mehr muss man vorher darüber nicht wissen, denn den 8-minütigen Monolog von Rebecca Hall, in dem sie als Margaret (ohne Schnitt) von ihrer Erfahrung erzählt, muss man selbst erleben, um das Grauen wirklich zu erfassen.

Resurrection ist der reinste Horror, schon bevor das Blut fließt

Nun will David diese Dynamik wieder aufleben lassen. Eine der großen Stärken von Resurrection ist dabei der Fokus auf Margarets Wahrnehmung des Geschehens. Der Horrorfilm beginnt als Psychothriller, wie es sie zu Dutzenden gibt, in einer greifbaren Realität. Abgesehen von einer längeren Traumsequenz bleibt diese Realität bodenständig. Nur wird sie unterwandert und unmerklich verformt von Davids Einfluss.

Resurrection ist ein Horrorfilm, der sich vor den Schauwerten des Genres nicht scheut. Er erzählt aber auch von der Innenansicht einer Beziehung, in der psychische Gewalt auf eine Frau ausgeübt wird, bis sich darüber die Pfeiler von Wille und Vernunft biegen.

Der Klassiker des Genres, Gaslight mit Ingrid Bergman, stellte diese Veränderung durch den Außenblick dar: Von uns als Publikum, das zusieht, wie eine Frau hinters Licht geführt wird, und von einem Polizisten, der sich in sie verliebt. In der thematisch verwandten Sci-Fi-Horror-Neuauflage Der Unsichtbare mit Elisabeth Moss nimmt das Publikum ebenfalls eine sichere Position ein. In Resurrection fehlt diese Distanz. Wir stecken mittendrin in dieser Welt, die so harmlos und real aussieht. Resurrection gibt einem das Gefühl, das Margaret beim Anblick dieses Hinterkopfs ergreift: Dass sie dieser Welt und deren eigenen grausamen Gesetzen niemals entkommen kann. Es ist der reinste Horror.

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