So dreist klaut Westworld seine Ideen bei Lost

31.05.2018 - 16:38 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Westworld & Lost
HBO/ABC
Westworld & Lost
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Mit dem Voranschreiten der 2. Staffel von Westworld drängen sich immer mehr Parallelen zu Damon Lindelofs Mystery-Serie Lost auf. Hier könnt ihr einige Beispiele nachlesen.

Nachdem Staffel 1 der HBO-Serie Westworld von Jonathan Nolan und Lisa Joy mit einem großen Knall endete, überschlagen sich auch in der aktuell laufenden 2. Staffel wieder die Ereignisse. Der verschachtelte Genre-Hybrid mit seinen verschiedenen Erzählebenen hat mittlerweile ein sehr spezielles Eigenleben entwickelt und Woche für Woche muss der Zuschauer auf deftige Überraschungen gefasst sein. Je länger Westworld jedoch andauert, desto mehr beschwören die Macher Erinnerungen an einen nicht unumstrittenen Serienhit aus den 2000er Jahren, der seinen Fans selbst acht Jahre nach seinem Ende keine Ruhe lässt: Lost. Inspiriert von Vulture  und Wired  haben wir uns auf Spurensuche begeben und zeigen euch nachfolgend einige motivische Überschneidungen zwischen den Serien auf.

Achtung, es folgen Spoiler zu Lost und Westworld: Für Aufsehen sorgte erst vor wenigen Wochen die Westworld Episode The Riddle of the Sphinx (im Deutschen: Das Rätsel der Sphinx), denn sie beginnt mit einer Montage, welche bei vielen Serienliebhabern für ein Déjà-vu sorgte: Für James Delos (Peter Mullan) beziehungsweise eine Host-Version von ihm bricht ein neuer Tag und damit eine Abfolge von Routinehandlungen an. Er trinkt Wasser, raucht eine Zigarette, schwingt sich in seinem unterirdischen Appartement auf einen Ergometer und hört dabei die Rolling Stones. Auf eine auffallend ähnliche Weise wurde in der 2. Staffel von Lost die Figur Desmond Hume (Henry Ian Cusick) eingeführt, dem wir in der Folge unter anderem dabei zusehen, wie er einen Smoothie schlürft und sich ebenfalls mit einem Heimtrainer fit hält. Desmond bewohnt allein einen abgelegenen Bunker, ebenso ist James isoliert. Beide sind Teil eines größeren Projekts, wovon sie aber nichts wissen und beide haben sich der Monotonie ihres Lebens ergeben - die Gemeinsamkeiten der Sequenzen sind also keineswegs rein logistischer oder ästhetischer Natur.

Symbolik ist (fast) alles

Interessanterweise gab Co-Showrunner Lisa Joy - sie inszenierte The Riddle of the Sphinx - gegenüber The Atlantic  auf Nachfrage an, sie habe den Auftakt zur 2. Staffel von Lost nie gesehen, was in Anbetracht der offensichtlichen Gemeinsamkeiten der Sequenzen eigentlich schwer zu glauben ist. Daneben wurde in der aktuellen Westworld-Staffel ein mysteriöses Zeichen eingeführt, das uns an das Logo der so genannten DHARMA Initiative aus Lost zurückdenken lässt.

Westworld & Lost

Generell steckt Westworld voller Symbole und Rätsel wie beispielsweise dem bengalischen Tiger aus einer anderen Welt, dem Bernard in der Staffel 2-Episode Journey into Night (deutscher Titel: Zeit der Vergeltung) begegnet. Die Raubkatze ist das Gegenstück zum Eisbär aus Lost, der in der Serie von Damon Lindelof direkt in der Auftaktepisode unvermittelt auftaucht. Für die Tiere scheint in der jeweiligen Umgebung absolut kein Platz zu sein, doch sie geben uns immer einen Hinweis: Deutet der Tiger aus Westworld auf den Zusammenschluss anderer Freizeitparks hin, so ist der Bär in Lost ein Vorbote für die DHARMA Initiative, die in der Serie Zeitreise-Experimente mit den Tieren durchführte.

Zeit für Mysterien

Tatsächlich sind es nicht nur einzelne Szenen oder Details, die in Westworld den Geist von Lost heraufbeschwören, vielmehr tun sich bereits in der groben Anlage der Serien Parallelen auf. So ziehen Westworld und Lost entscheidende Reize aus dem Spiel mit Identitäten. Denken wir nur an den Man in Black, der in Lost mehrere Gesichter annimmt, wogegen Westworld durch seine Thematisierung von künstlicher Intelligenz nicht zuletzt die Frage aufwirft, was einen Mensch überhaupt ausmacht. In der Folge The Riddle of the Sphinx beispielsweise ist die Rede von einem Host, auf den menschliches Bewusstsein übertragen werden sollte, jedoch bleibt vorerst unklar, um wen es sich handelt. Keine Frage: Beide Serien lieben es, dem Publikum Rätsel aufzugeben und regen so zum Nachdenken an, was wiederum massenweise Fan-Theorien heraufbeschwört. Hierzu trägt sicherlich auch bei, dass sich die Handlung der Serien jeweils auf verschiedenen Zeitebenen ereignet.

Lost

Interessant sind darüber hinaus die Schauplätze von Lost und Westworld, denn beide Geschichten spielen hauptsächlich auf einem exotischen und räumlich abgegrenzten Gebiet: Im einen Fall ist es eine Insel, im anderen ein futuristischer Freizeitpark. Sowohl in der einen als auch in der anderen Serie lässt sich darüber hinaus eine Einteilung der Charaktere in spezifische Gruppen beobachten, die wiederum in Konflikt zueinander stehen. In Westworld rebellieren die Hosts gegen die Menschen, während sich in Lost ein komplexes Geflecht aus den Überlebenden eines Flugzeugabsturzes, den Ureinwohnern der Insel sowie der DHARMA Initiative bildet.

Der Man in Black

Schließlich sind Westworld und Lost noch durch ein Element verbunden, welches beinahe schon beängstigend klar auf der Hand liegt: der Man in Black. Beide Male fungiert er als abgründiger Antagonist mit einem düsteren Menschenbild, in Lost bekam er obendrein einen mythischen Überbau verpasst. Es bietet sich daneben der Vergleich zwischen William (dem Man in Black in Westworld) und John Locke an, in dessen Körper der schwarze Mann aus Lost am Ende schlüpft. Bei William und Locke nämlich handelt es sich um zwei Besessene: Der eine widmet sein Leben einem Freizeitpark, der andere glaubt an eine Insel als heiligen Ort.

Der Man in Black aus Westworld

Was Lost Westworld voraus hat

Zwar gibt es zwischen Westworld und Lost auf dem Papier zahlreiche Gemeinsamkeiten, gefühlt allerdings liegen die Serien dennoch meilenweit auseinander. Die Macher von Lost hielten sich mit jeder Staffel weniger an die Regeln des Drehbuchschreibens, im Gegenteil verrennt sich die betont emotionale Geschichte zusehends in spirituellen Sphären und gerade das macht sie so spannend. Bei Westworld indes ist zu jeder Sekunde spürbar, dass einer der Showrunner den Namen Nolan trägt. Den klinisch exekutierten Twists lässt sich anmerken, dass sie von langer Hand säuberlich geplant sind, der Serie fehlt der Mut zum Scheitern. Ob wir ihr das wirklich ankreiden sollten, steht hingegen auf einem anderen Blatt, immerhin soll Westworld bei HBO bekanntlich Game of Thrones beerben.

Westworld mopst im großen Stil bei Lost - was haltet ihr davon?

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