Solo: A Star Wars Story - Eine Katastrophe konnte vermieden werden

16.05.2018 - 08:25 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Solo: A Star Wars StoryDisney
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Beim Festival Cannes wurde Solo: A Star Wars Story gezeigt, in dem Alden Ehrenreich in die mürrischen Fußstapfen von Harrison Ford tritt. Es ist eine brauchbare Erweiterung des Universums, mehr aber auch nicht.

Stellt euch einmal Daniel Brühl als neuen Han Solo vor. Klingt komisch? Stellt euch Daniel Brühl als Niki Lauda in Rush als neuen Han Solo vor. Klingt noch komischer? Dann nähert ihr euch langsam dem arroganten, aber talentierten Bengel aus Ron Howards Solo: A Star Wars Story an. Alden Ehrenreich kommt zwar leider ohne österreichischen Einschlag im Englischen aus, sein junger Solo in dem Spin-off ist allerdings von seinen Fähigkeiten als Pilot dermaßen überzeugt, dass man sich wundert, wie Mentor (Woody Harrelson) und Gaunerkollegin (Emilia Clarke) ihn länger als 30 Sekunden am Stück aushalten, ohne sein grinsendes Gesicht mit einem Blaster aufzuhübschen. Ehrenreichs natürlichem Charme sei Dank halten wir es sogar über zwei Stunden mit dem neuen Solo aus, der, zugegeben, ein paar mal zu oft lächelt. Wie will man sonst die Reaction Shots füllen, aus denen seine Darstellung zu 56 Prozent bestehen muss? Das klingt nun ein bisschen negativ, ist es auch. Aber nur ein bisschen. Der kurzweilige Schmöker unter den Star Wars-Filmen wurde beim Festival Cannes außerhalb des Wettbewerbs gezeigt. Zweckdienlich ist das Heist-Abenteuer auf fremden Planeten, und manchem Star Wars-Fan mag das nach dem kontroversen Die letzten Jedi genügen.

Solo ist ein Heist-Film mit halsbrecherischen Wendungen

Die Sache mit dem Heist-Film ist in diesem Fall keines dieser Schlagwörter, die rausgehauen werden, um einem Franchise-Produkt minimale Individualität zu verleihen, die es im Endeffekt nie erreicht. Wisst ihr noch, als Wolverine - Weg des Kriegers von Yasujiro Ozu beeinflusst wurde? Oder als Captain America: Winter Soldier als Paranoia-Thriller in der Tradition von Die drei Tage des Condor angekündigt wurde? Solo: A Star Wars Story ist tatsächlich ein Heist-Film und setzt damit die Tradition fort, die mit Rogue One: A Star Wars Story begonnen hatte. Die Spin-offs sollen sich in Aussehen und Genre von den Hauptfilmen unterscheiden. Rogue One verpackte seinen eigenen Heist in einen fatalistischen Kriegsfilm. Solo fädelt nach seinem holprigen Beginn einen Heist nach dem anderen ein, angereichert mit einem romantischen Subplot und schwindelerregenden Wendungen, Betrügereien und heimlichen Plänen, wie es sich fürs Genre gehört.

Ron Howard sprang mit vier Flops in Folge und Jahrzehnten fachmännischer Erfahrung in der Vermeidung einer Handschrift ein, um die Produktion nach der Entlassung der vorherigen Regisseure zu übernehmen. Dass Solo diese Probleme kaum anzumerken sind, ist auch sein Verdienst. Je nachdem, wie Howard-tolerant man sich fühlt, sind Parallelen zu Rush erkennbar. Der Rennfilm erzählte von Männern, deren Fähigkeiten sie zunächst einmal einsam machen, bevor sie allgemeine Anerkennung erringen. Solo ist nun das Kind von Lauda und Hunt. Das Tempo eines Robert Langdon-Thriller, in dem der Held von Kirche zu Kirche hastet, um kaum tragbare Verschwörungstheorien zu beweisen, findet sich auch in Solo: A Star Wars Story. Howards Auto-Liebe, die bis auf sein Regiedebüt Grand Theft Auto zurückgeht, fruchtet in Solo dagegen nur bedingt. Regnerische Straßen und Erdklumpen auf der Scheibe scheinen seinen Instinkten näher zu liegen als Weltraumverfolgungsjagden aus dem Rechner. Damit ist der Exkurs in die Autorenschaft Ron Howards beendet. Danke für die Aufmerksamkeit.

Die Welt von Solo ist rau und dreckig

Das Drehbuch von Jonathan und Lawrence Kasdan stürzt nun von Heist zu Flucht zu Heist zu Flucht, als hätten alle negativen Schlagzeilen der letzten Jahre sich hinter ihnen mit Heugabeln und Fackeln versammelt. Howards größter Helfer ist neben dem Production und Creature Design allerdings ein anderer: Bradford Young, Kameramann bei Arrival, Selma und, nun ja, DJ Khaled ft. Jay Z, Future: I Got The Keys. In Erdtönen gehalten wirkt Solo dreckiger als jeder andere Star Wars-Film bisher und zugleich weniger materialfetischistisch unterkühlt als Rogue One. Der Staub an den Schuhen des Diebes und Ex-Auszubildenden der imperialen Truppen legt sich gewissermaßen auf die Bilder. Die Welt von Solo ist rau und abstoßend, kein Wunder, dass er sich sofort in die weiß leuchtenden Innereien des Millennium-Falken verliebt.

Das ikonische Raumschiff versucht er im Verlauf des Films Lando Calrissian (Donald Glover) abzuluchsen, der Kessel Run kommt zur Sprache, die Han-Shot-First-Debatte auch. Einige Häkchen in der Anerkennung des Kanons werden gesetzt. Dass Ron Howard nicht mit Star Wars aufgewachsen ist und einer der Drehbuchautoren an der originalen Trilogie beteiligt war, ist Solo anzumerken. Ein Pequel liefert Lucasfilm hier, aber eines, das eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt. Im Gegensatz zu Rogue One kann Solo immerhin auf einen größeren zeitlichen Spielraum für seine Story bauen, anstatt sich in Look, Figuren und schließlich auch Handlung immer mehr einem unerreichbaren Vorgänger annähern zu wollen, bevor der Staffelstab offiziell übergeben werden kann.

Brauchbar, aber ohne größere Inspiration werden die Actionszenen inszeniert, von denen der Zug-Heist in der ersten Hälfte die beeindruckendste ist. Das liegt unter anderem an der gekonnten Verschmelzung von realen Sets und Computereffekten. Brauchbar ist überhaupt das Motto der Produktion, die gute Schauspieler versammelt, um in atmosphärischen Sets generische Dialoge aufzusagen, bevor sie zur nächsten Szene hechten. Da bleibt wenig Spielraum für die Nostalgie eines J.J. Abrams und noch weniger für die Eigensinnigkeit eines Rian Johnson. Insofern ist Solo: A Star Wars Story ein klassischer Beitrag für die Blockbuster-Saison, wie sie sich momentan abspielt. Ein Franchise bringt seinen zweiten Film in einem halben Jahr ins Kino, um für zwei Wochenenden zu regieren, bevor das nächste Franchise den Thron übernimmt. Die Minimalanforderungen sind erfüllt. Nicht zuletzt Bradford Young verdanken wir es, dass Solo immer noch um ein Vielfaches mehr nach Kino aussieht als die Wiesen- und Flugplatzexkursionen des Marvel Cinematic Universe. Star Wars ist noch nicht so tief gesunken.

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