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STRAIGHT OUTTA COMPTON - Kritik & Analyse

24.08.2015 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Straight Outta Compton - Filmanalysemoviepilot
In seiner Filmanalyse zum Hiphop-Film Straight Outta Compton erklärt Wolfgang M. Schmitt jun., warum dies der falsche Film zur richtigen Zeit ist.

Als in der letzten Woche Straight Outta Compton von Regisseur F. Gary Gray in Berlin Europapremiere feierte, traute man ob der Live-Berichterstattung vom schwarzen Teppich in 80 ausgewählte Kinos seinen Augen und Ohren nicht. Der ehemalige MTV-Moderator Patrice, dafür vom Verleih angeheuert, befragte völlig unkritisch und in einem sich an Jugendliche anwanzenden Stil, wie ihn viele altgewordene Teenies pflegen, Stars, Sternchen und andere Leute zu N.W.A. Die ‚Filmkritiker‘ Nilz Bokelberg und Robert Hofmann gaben dabei nicht nur wirres Zeug von sich, sondern ließen jegliche journalistische Distanz vermissen, schwärmten kindlich naiv und scheinen auch noch heute auf die leeren Posen von N.W.A. hereinzufallen. Man könnte ja in so einem Moment den Blick auf das Politische des Hiphops richten, doch einfach blöd losquasseln ist natürlich bekömmlicher. Ihnen gleich taten es auch der Rapper „Haftbefehl“, der Probleme mit dem Sprechen zu haben scheint, die GNTM-Vierte Fiona Erdmann, die aussah, als sei sie von der Fack ju Göhte-Klassenfahrt abgehauen, und – was sicherlich am schwersten wiegt – der Regisseur seines eigenen Films.

Für F. Gary Gray scheint einzig der kommerzielle Erfolg des Films relevant zu sein, kein Statement von ihm zur einstigen politischen Botschaft von N.W.A, kein Wort über den gerade wachsenden Rassismus. Einzig der Darsteller von Eazy-E, Jason Mitchell, wies im Interview auf die politische Brisanz hin. Der Vorbericht vom schwarzen Teppich nahm das vorweg, was der Film dann über zwei unheimlich langweilige Stunden ausagiert. Straight Outta Compton ist ein völlig unpolitisches Machwerk mit ein paar völlig hohlen und leeren Figuren. Nicht mehr als eine schnöde Reinszenierung von idiotischen Musikvideos aus den 90er Jahren und einer fürchterlichen Botschaft: Mit wenig Verstand und viel Glück kann man es aus dem Getto schaffen, und wenn man erst mal Millionär bzw. – im Falle von Dr. Dre – Milliardär ist, kann man die, die einen durch Plattenkäufe reich gemacht haben, vergessen.

Wichtig ist, dass man dabei stets behauptet, man sei „real“. Dieser verlogene Authentizitätskult zog sich vom schwarzen Teppich in Berlin aus durch den ganzen Film. Ice Cube und Dr. Dre jedoch sind so „real“ wie etwa Helene Fischer, Heino und Micky-Maus, nur nerven die Letztgenannten nicht mit pseudo-rebellischen Posen. Sollte es wirklich jemals einen politischen Hiphop gegeben haben, Straight Outta Compton schlägt ihn tot und begräbt ihn unter vielen, vielen Dollarscheinen.

Mehr dazu im Video!

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Kino anders gedacht. Wolfgang M. Schmitt jun. beleuchtet für seinen YouTube-Kanal “Die Filmanalyse” aktuelle Großproduktionen aus einer etwas anderen Perspektive. Er will mit seinen provokanten Kritiken die Ideologie Hollywoods offen legen, die sich mal offensichtlich, mal im Verborgenen, aber in aller Regel unfreiwillig in den Blockbustern des Kinos auftut. Schmitt jun. schreckt bei seinen oft polarisierenden Analysen auch vor den großen Theorien und Denkern aus Vergangenheit und Gegenwart nicht zurück und sorgt damit immer für kontroverse Diskussionen.


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