Tote Mädchen lügen nicht - Die Stars der Netflix-Serie im Interview

29.03.2017 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Am Freitag startet bei Netflix die Drama-Serie Tote Mädchen lügen nicht. Wir haben die Hauptdarsteller Dylan Minnette und Katherine Langford zum Interview getroffen.

Die neue Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht basiert auf dem gleichnamigen, irrsinnig erfolgreichen Jugendbuch, das der Streaming-Dienst von dem Dramatiker Brian Yorkey und Tom McCarthy (Spotlight) verfilmen ließ. Die ergänzten ihr Serien-Projekt mit einem impulsiven Casting. In der weiblichen Hauptrolle der Hannah Baker wurde die Australierin Katherine Langford besetzt, die, wie sie erzählt, "das Buch nicht gelesen [hatte]. Das Casting fand per Skype statt, ich habe nie jemanden persönlich getroffen." Ihren Charakter lernte sie erst während des Drehs kennen, und ebenso ihren Ko-Star Dylan Minnette, der den zurückgezogenen Clay spielt. Beide Darsteller habe ich zu einem Interview getroffen, das sich Anfang März in Berlin zutrug.

13 Reasons Why, so der Originaltitel der Serie, scheint die Jugendlichen, denen sie sich widmet, von allen anderen Altersschichten abgrenzen zu wollen, die sich hinter und vor ihnen in ihrer 80er- und 90er-Nostalgie wälzen. Die Teenager in der Serie wissen etwa nicht, wer Han Solo ist und denjenigen, die es wissen, wird belächelnd der Nerd-Hut aufgesetzt. Also: Wissen die 13 Reasons Why-Darsteller, wer Han Solo ist? Wussten sie es, bevor sie diese eine Annäherungsszene zwischen Clay und Hannah in einem Kino drehten? Das ist meine erste Frage an das Darsteller-Duo, denn es gibt Unklarheiten, die es zu beseitigen gehört, bevor man sich mit einem Menschen ernsthaft zu unterhalten beginnt, selbst wenn das anschließende Gespräch nur wenige Minuten dauern sollte.

Dylan Minnette, vorsichtig: "Clay ist schon ein richtiger Fanboy. Aber ja, ich würde sagen, ich bin nicht unbedingt der Science-Fiction-Typ, aber ja ich kannte ihn." Katherine Langford indes, deren Figur Hannah das Nerd-Fass erst aufgemacht hatte, weicht der Frage aus.

Tote Mädchen lügen nicht

Spezielles Popkulturwissen und ein gemeinsames Lebensgefühl bindet Generationen. Die Serie Tote Mädchen lügen nicht versteht sich außerordentlich gut darin, das Gefühl und die Lebenswirklichkeit ihrer jugendlichen Figuren einzufangen, was sie als Generationenzeugnis wertvoller macht als offensichtlich für ein älteres Publikum erdachte Teenager-Serien wie aktuell Riverdale. Den jungen Menschen in Tote Mädchen lügen nicht geht es nicht gut. Sie sind trübsinnig, scheu und sprachlos (Clay), leichtfertig (Hannah), achtlos und eigensüchtig (fast alle anderen Schüler ihrer Highschool). Das hat viele wirklich ernste Gründe, die sicher nichts mit Mängeln in Popkulturbelangen zu tun haben. Genau 13 Gründe hat es, dass Hannah Baker sich das junge Leben nimmt. An denen entlang hangelt die Serie sich in 13 Episoden (eine für jeden Grund) zu einer gestrafften Spuren- und Ursachensuche, bei der sich ein intensiver Erzählfluss erleben lässt, den die Hauptdarsteller folgendermaßen erklären.

Katherine Langford: "Die Storyline zieht dich in sich hinein. Die Geschichte zieht dich ganz natürlich in ihren Bann. So von wegen, ich will mehr herausfinden, selbst wenn du manches schon erschlossen hast oder es erkannt hast. Du fühlst dich einfach sehr in die Charaktere und das, was sie durchmachen, hinein."

Dylan Minnette: "Es ist so, wenn du dich mehr an die Charaktere und vor allem Hannah gewöhnst... irgendwann, im Lauf der Serie, willst du sie da rausziehen, weil du sie so sehr magst. Von wegen, ich weiß, was mit ihr passiert, aber ich will nicht, dass es passiert. Du kommst an den Punkt, wo du denkst: Nein, bitte nicht! Denn du weißt, was passiert. Das ist ein Prozess, der viele Emotionen weckt."

Tote Mädchen lügen nicht

Hannah und Clay sind in 13 Reasons verwirrte Wanderer in einer modernen, zuweilen dystopischen Jugendvision. Aber es ist eine 80er- und 90er-Requisite, der Walkman, der zum wahrheitstiftenden Medium befördert wird. Mit dem Walkman will Hannah Baker ihre Geschichte verbreiten, viral gehen lassen sozusagen: Denn warum Hannah sich umgebracht hat, mag ja keiner so recht verstehen. Schließlich war sie immer fröhlich und beliebt und begehrt, auch vom blassen Clay. Der soll die dreizehn Bänder verbreiten, auf denen die dreizehn Gründe dargelegt sind, die Hannah zu ihrer Entscheidung drängten. Clay wird noch in der ersten Folge von einem Auto verfolgt und flüchtet vor ihm mit dem Fahrrad. (In amerikanischen Kleinstädten auf Fahrrädern vor Autos flüchtende Kinder machen jede Serie und jeden Film erstmal irgendwie sympathisch, finde ich.)

Die meiste Zeit verbringen Dylan Minnette und seine Figur Clay aber damit, sich Bänder auf einem Walkman anzuhören, was, wie Minnette zugibt, eine recht neue Erfahrung war.

Minnette: "Ich habe zum ersten Mal einen Walkman benutzt. […] Es hat viel Spaß gemacht, damit zu arbeiten. Aber ich musste so tun, als würde ich während der Szenen einem Band lauschen. Tatsächlich hörte ich aber Radiofrequenzen. Während ich also versuchte, konzentriert zuzuhören, lief eigentlich das Radio. Ich weiß nicht, wer die Sender ausgewählt hat. Ich hörte Katy Perry-Songs. [„What!?“,- Katherine Langford] Die meiste Zeit über hörte ich also Popmusik."

Tote Mädchen lügen nicht

Ob Tote Mädchen lügen nicht womöglich sowas wie ein Anti-Digital-Statement für eine von Social Media und dem Internet überhaupt verrohte Jugend ist, will ich daraufhin wissen. Denn schließlich wird Hannah in der ersten Folge der Serie Opfer einer digitalen Bloßstellungskampagne.

Minnette: "Auf eine gewisse Weise bestimmt. Andererseits läuft es natürlich auf Netflix... [Katherine Langford nickt: "Yeah"] Wir wollen damit viele Menschen auf verschiedenen Ebenen erreichen. Ob es darum geht, zu erfahren, was Hannah durchmachen muss, oder überhaupt andere Menschen besser zu behandeln. Das Hauptziel der Serie ist es, eine Konversation zu starten, Menschen über die Themen reden zu lassen, um es auf ihr eigenes und das Leben anderer zu übertragen. Das erhoffen wir uns davon."

Auch Katherine Langford glaubt, Tote Mädchen lügen nicht und ihre sensible Figur können Empathie-Schübe unter den (jungen) Zuschauern lostreten. Sollten die Zuschauer in ihrer Wertehaltung zum Digitalen getroffen werden? Das eher nicht.

Langford: "Die Serie läuft auf Netflix und wird viele Leute erreichen. Sie wurde hergestellt, um zu unterhalten. Aber je nachdem, wie die Leute sie aufgreifen, wird das, was wir in der Serie behandeln, Diskussionen entfachen. Aber es fühlt sich definitiv nicht so an, als hätte es eine Agenda oder so. Wenn die Leute etwas daraus mitnehmen und sich der Menschen um sich herum bewusst werden, das wäre das Coolste überhaupt."

Tote Mädchen lügen nicht ist ab dem kommenden Freitag vollständig bei Netflix verfügbar.

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