Victoria - Eine Filmperle, die dich unterwerfen wird

14.05.2016 - 09:25 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Mitunter kommt eine filmische Offenbarung daher und zeigt auf eindrucksvolle Weise, was Kino alles sein kann - und hinterlässt nicht nur den Zuschauer verändert, sondern mit ein bisschen Glück den deutschen Film ...

Jeden Samstag stellen wir euch in dieser Rubrik einen Kommentar vor, in den ihr euch verlieben könnt, der euch mitnimmt in eine andere Welt, der euch begeistern oder abstoßen, euch zum Lachen oder Nachdenken bringen soll. Oder alles zusammen. Ob zu einem großen oder kleinen Film, einem längst vergessenen Star oder der beliebtesten Serie des Planeten - völlig egal. Die Hauptsache ist, ihr habt uns Bescheid gesagt, weil euch dieser Kommentar irgendwo auf moviepilot oder gamespilot aufgefallen ist!

Der Kommentar der Woche
Viel zu selten kommt wirklich umwerfendes, dich zu Boden schmeißendes, nie wieder wirklich loslassendes Kino aus Deutschland - aber wenn doch, und es ist so ein Erlebnis wie Victoria, dann lässt es uns atemlos und tief beeindruckt zurück, wie unseren dieswöchigen Kommentator der Woche, Mr. Miguwa!

"Guten Morgen Berlin, du kannst so (schön) hässlich sein"

Man will den Blick abwenden, doch durch die kindliche Neugier lässt man sich umfangen von den grellen durchdrängenden Lichtern, die einen ins Verderben führen. "Victoria" nimmt kein Blatt vor dem Mund und schildert uns eine dreckige, rauschhafte und undurchdringliche Odyssee durch die Straßen von Berlin; in einer Nacht, in einem 140-minütigen Take. Dabei hätte der Abend für die Protagonistin Victoria ganz anders verlaufen können, wäre sie nach einer nächtlichen Party in einer Diskothek einfach nach Hause gefahren. Doch die Suche nach zwischenmenschlicher Intimität und der Wunsch zur Flucht vor der Einsamkeit sind zu groß, sodass sich Victoria an vier aufspielende junge Männer bindet, die ihr Versagen durch vulgären Humor, Alkohol und Kriminalität zu kompensieren versuchen. Die naive und ebenso trostlose Victoria lässt sich in dieser Spirale mit hinunterziehen, zu deprimierend ist ihr mickriger Stundenlohn und die Einsamkeit beim Zähneputzen.

Die Kamera vereint auf faszinierende Art und Weise dokumentarische Elemente mit ästhetischen und künstlerischen Elementen. Dabei wendet sich die Kamera nie von dem Geschehen rund um Victoria ab und so müssen sich vor allem die Hauptdarsteller Laia Costa und Frederick Lau die Seele aus dem Leib schauspielern. Sie können sich der abstoßenden oder trostlosen Identität und Entwicklung ihrer Charaktere nicht für eine einzige Sekunde entziehen, sie sind dem Wesen ihrer Rolle gnadenlos unterworfen, ebenso wie der Zuschauer den Bildern gnadenlos unterworfen ist. Der Zuschauer wird gezwungenermaßen zum Voyeur und verschmilzt mit der Kameralinse. Dabei bekommt man jedoch keine Zeit das Gesehene zu verdauen. Nach dieser Tortur schmerzt der Magen daher umso mehr.

Letztlich ist "Victoria" nicht nur ein packendes Drama oder ein spannender Thriller, sondern ein Film, der die deutsche Filmlandschaft revolutioniert und ausnahmsweise (!) mal zeigt, dass auch die Deutschen eine Filmperle erschaffen können. Dankeschön Sebastian Schipper und Sturla Brandth Grøvlen für dieses wunderschöne, hässliche und nachdenkliche Filmerlebnis!

Den Originalkommentar findet ihr übrigens hier.

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