And now the story of a wealthy family, who lost everything and the one son, who had no choice, but to keep them all together. – It’s Arrested Development.
Was macht eine Serie zu einer guten Serie? Selbstverständlich: Serialität. Eine gute Geschichte kann man auch in anderthalb Stunden erzählen. Einen Charakter in wenigen Minuten entwickeln. Dazu braucht es keine Serie. Eine gute Serie muss es schaffen, ihre Protagonisten so anzulegen, dass man nicht müde wird, an deren Alltag teilzuhaben. Dass man immer wieder über ihre Marotten lachen kann, als wären es alte Bekannte. Aber am wichtigsten: Sie muss permanent innere Bezüge aufbauen, also immer wieder auf sich selbst verweisen, sodass man das Gefühl bekommt jeder Satz, jeder Charakter, jede Szene könnte in einer zukünftigen Folge wieder aufgegriffen und weitererzählt werden.
All das meistert eine Serie, die unverdientermaßen nie allzu erfolgreich war: Arrested Development. Der Handlungsrahmen der amerikanischen Comedy-Serie, die von 2003 bis 2006 produziert wurde, ist mit dem oben zitierten Satz aus dem Intro schnell umrissen: Die Bluths sind eine wohlhabende Familie, deren Unternehmen durch Korruption plötzlich in der Kreide steht. Das Familienoberhaupt George Bluth senior sitzt infolgedessen im Gefängnis. Das Vermögen ist weg. Nun versucht der einzige halbwegs vernünftige Sohn Michael alles wieder ins Lot zu bringen. Zu diesem Zweck versammelt er die gesamte, vollkommen dysfunktionale Bluth-Familie, um gemeinsam eine Lösung zu finden.
Das charmante an A.D. sind die skurrilen, aber liebenswerten Bluths, die durch die hervorragenden Drehbuchautoren von einer absurden Situation in die nächste gejagt werden. Beispiele gefällig?
Da hätten wir Dr. Tobias Fünke, der wohl abgedrehteste aller Charaktere, welcher sich selbst als world’s first Analrapist (=Kombination aus Analyst & Therapist) bezeichnet und sich ständig in derart unglückliche Wortkonstruktionen verheddert. Zu Beginn verliert er seinen Job als Arzt und verfolgt fortan erfolglos das Ziel Schauspieler zu werden. Nebenbei kri-selt es in seiner Ehe zu Lindsay Bluth-Fünke, Michaels Zwillingsschwester. Daher meldet er sich auf die Annonce einer „Blue Man Group“, die er zunächst für eine Selbsthilfegruppe einsamer Männer hält. Als ihm klar wird, dass eine Aufnahme seine große Karrierechance bedeuten könnte, läuft er häufig von oben bis unten blau bemalt durch die Gegend, um auf Abruf bereit für einen Auftritt zu sein. Seitdem finden sich im Hintergrund immer wieder blaue Handabdrücke im Hause der Bluths. Später kommt es schließlich zur Trennung von seiner Frau. Im Glauben niemand würde ihn erkennen, verkleidet er sich daher als Mrs. Featherbottom, der berühmten Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen nachempfunden, um seiner Familie als übertrieben britische Hausangestellte immer nahe zu sein. Zwar wird sein Plan sofort von allen durchschaut, aber von niemandem aufgedeckt, da er sich äußerst fleißig um die Hausarbeiten kümmert.
Oder aber Buster Bluth, der jüngste, geistig zurückgebliebene Sohn der Familie, dem ein ausgeprägter Mutter-Komplex anhaftet. In der zweiten Staffel sagt er sich in einem Akt der E-manzipation von seiner Mutter Lucille los und meldet sich zur Army. Als ultimative Rebellion geht er kurz vor Abfahrt im Meer baden, was seine Mutter ihm seit seiner Kindheit verboten hatte. Dort wird ihm von einem ausgebüchsten Seehund (= „loose Seal“, was klingt wie „Lucille“, weshalb er auf die Warnung Watch out! Loose Seal! nicht hört) die Hand abgebissen. Der Seehund wurde zuvor von seinem ältesten Bruder GOB (George Oscar Bluth) nach einer verpatzten Zauberershow ins Meer entlassen. Kurz davor sitzt Buster auf einer Bank und verdeckt ein Werbeschild der Army, weswegen man nur noch „Arm Off“ lesen kann. Eine Staffel vorher sieht man, dass er in seiner Kindheit einen Stuhl in Form einer abge-trennten Hand hatte. Das ganze passiert Minuten, nachdem Gebet seiner Mutter, Gott möge irgendetwas „anderes“ von ihnen nehmen, damit Buster nicht in die Armee eintritt.
A.D. mangelt es weder an subtilem Witz, noch an Bezügen kreuz und quer durch alle Staffeln und Episoden. Ein weiteres Highlight der Serie ist der wohl gelungenste Einsatz eines Erzählers in der Geschichte des Fernsehens: Hollywoodgröße Ron Howard beschreibt mit seiner markanten Stimme das Innen- und Ausleben der Bluths und scheut sich nicht davor, den Protagonisten in ihren Aussagen regelmäßig zu widersprechen oder die Zuschauer direkt anzusprechen, um unverhohlen Werbung für die Show zu machen.
Als Tüpfelchen auf dem „i“ treten in gewissen Abständen Gaststars aus der obersten Hollywood-Riege, wie etwa Ben Stiller, Charlize Theron, Zach Braff, Liza Minnelli und Carl Weathers, auf. Einige von ihnen wird man wohl nur selten wieder in derart abgedrehten Situationen zu sehen bekommen. Grund genug, die Serie eines Blickes zu würdigen!
Zu guter Letzt gibt es keinen besseren Zeitpunkt mit Arrested Developement anzufangen als jetzt. Denn erst kürzlich haben die Dreharbeiten an einer vierten Staffel mit Originalbesetzung begonnen, ein Kinofilm soll bald folgen.
In diesem Sinne: Please, tell your friends about this show! (Ron Howard, Staffel 3, Episode 9)
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