“Science Fiction-Geschichten mögen den blinden Kritikern von heute so trivial wie möglich erscheinen, aber der Kern von Sci Fi, seine Essenz, ist wesentlich geworden für unsere Rettung. Falls wir überhaupt gerettet werden.”
Wahre Worte eines Mannes, der es wissen muss: Sci-Fi-Legende Isaac Asimov, der Begründer unseres modernen Verständnis für die Robotik. Er prägte mit seinen Roboter-Geschichten nicht nur das Sci Fi-Genre, selbst die Wissenschaft griff auf seine literarische Arbeit zurück und übernahm ganze Begriffe und Ansätze. Dies beweist die Macht, die gute Science Fiction auf uns, unsere Wahrnehmung und unsere Realität ausüben kann. Bereits Jules Verne nahm in seinem Roman Reise zum Mond die Raumfahrt um fast 100 Jahre vorweg und ihm gelang damit mit kaum mehr als seiner eigenen Vorstellungskraft einen Blick in die Zukunft. Nur wenige Genres sind so sehr in unserer Realität verankert und beflügeln gleichzeitig unsere Fantasie wie Science Fiction. Das Spiel mit den Realitäten und dem Möglichen und Unmöglichen dient uns als Werkzeug, um existenzielle Metaphern zu kreieren und uns darin wieder zu finden.
Die folgenden sieben Regeln erheben keinen Anspruch auf Richtig- oder Vollständigkeit, sondern sollen als Denkansatz dienen. Der Versuch eines Sci-Fi-Fans, gute Science Fiction zu ergründen.
1. Regel: Keine Übermenschen
Moderne Sci-Fi-Protagonisten – ich vermeide bewusst das Wort “Held” – brauchen Schwächen und sollten so fern wie irgend nur möglich von dem Archetypus des antiken Heros angesiedelt sein. Genrefilme wie Blade Runner, District 9, Moon oder Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt bestätigen diese These. Je weniger der Zuschauer dem Protagonisten die ihm bevorstehende Aufgabe zutraut, desto größer wird anschließend der Effekt. Das selbe gilt für den Bösewicht. Die Zeiten in denen das wahre Böse die Menschheit heimgesucht hat, sind vorbei. Schwarzweißdenken beraubt der modernen Sci-Fi ihres Potentials. Shapeshifter, Charaktere die aus ihrer Rolle ausbrechen, massive Schwächen aufweisen und den Zuschauer im Dunklen lassen, sind der Treibstoff moderner Sci-Fi-Stoffe.
2. Regel: Mit den Beinen auf dem Boden, mit dem Kopf in den Wolken
Science Fiction-Filme sind davon abhängig, dass sie Welten erschaffen, die zumindest theoretisch vorstellbar sind. Gesellschaftliche Entwicklungen, technische Fortschritte, fremde Galaxien… alles muss zumindest mit einem Bein in der Realität verankert sein, um dem Zuschauer das Gefühl zu verleihen, die fiktive Geschichte mit ihren fiktiven Charakteren könnte in zehn, 100 oder 1000 Jahren Wirklichkeit sein.
3. Regel: Eine Welt der Wunder
Scheinbar im Widerspruch mit der 2. Regel steht die Zuschauererwartung, neue Wunder und neue Erfahrungen zu erleben. Sci Fi ist prädestiniert dafür, noch nie Dagewesenes oder existierende Versatzstücke auf neue Weise zu zeigen. Ein Sci Fi-Film, der nicht die Ambition hegt, seine Zuschauer ins Staunen zu versetzen, ist wie ein Horror-Film, der dem Zuschauer nicht das Fürchten lehrt: Des Genres unwürdig.
4. Regel: Der Wille, die Welt zu verändern
Science Fiction erlaubt es uns, aus Fehlern zu lernen, uns selbst den Spiegel vorzuhalten und den Finger darauf zu legen, wo es weh tut. Wo sonst lassen sich kriegswütige Rieseninsekten dazu verwenden, das eigentliche Monster Mensch in seiner abstoßenden, faschistischen Form zu entlarven? Science Fiction darf nicht für den reinen Selbstzweck erzeugt werden. Es müssen Fragen und Themen aufgegriffen werden, die uns eine Metaebene hinter den Raumschiffen, Aliens, Klonen und Robotern offenbaren.
5. Regel: Nicht nur erklären, sondern zeigen
Es wird gerne behauptet, dass die Inszenierung und die visuellen Effekte nur zweitrangig sind, solange die Geschichte stimmt. Beim Sci Fi-Genre könnte ich diese Aussage nicht unterschreiben. Selbst die beste Geschichte wird durch eine stimmungsvolle Bildsprache und gezielte Effekten gesteigert. Auch Filme wie Stalker oder Cube sind darauf angewiesen, mit einer durchdachten Bildsprache zumindest in der Vorstellung der Zuschauer die Grenzen der eigenen Mittel zu sprengen und die Welt hinter der Flora und den kubischen Kulissen zu manifestieren.
6. Regel: Science Fiction muss auch ins Ohr
Das selbe gilt für den Ton. So sehr ich Metropolis als Sci Fi-Klassiker schätze und verehre, büßt er durch die damalige soundtechnische Limitierung viel Potential ein. Moderne Science Fiction benötigt zwingend eine maßgeschneiderte Tonspur. Die zum Leben erweckten Welten müssen nicht bloß visuell, sondern auch akustisch wahrgenommen werden, um glaubhaft zu werden. Es gibt viele Wege, Sci Fi akustisch greifbar zu machen. 2001: Odyssee im Weltraum, Star Trek – Der Film, Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, Inception – vier grundverschiedenen Ansätze mit dem selben Resultat: Dem Zuschauer den Weg in die fantastischen Welten zu erleichtern und ihn emotional zu binden.
7. Regel: Der Film soll trotz allem unterhalten, mitreißen und fesseln
Last but not least: Gute Sci-Fi sollte unterhalten. Einige wenige Klassiker tragen sich selbst allein durch ihre metaphorische Kraft und wegweisende Inszenierung, in dem sie den Zuschauer zum Nachdenken zwingen. Aber auf spielerische Weise verstärkt sich die Wirkung der Botschaft um ein vielfaches. Es wird kein Prunk à la Krieg der Sterne verlangt, sondern eine emotionale Beeinflussung, die auch mit wenigen Mitteln erreicht werden kann. Selbst in einem Klassiker wie 2001: Odyssee im Weltraum sähe ich in diesem Bereich noch Steigerungspotential. Der Film könnte dadurch seine kühle, Kopf gesteuerte Oberfläche ablegen und sich seinem Zuschauer vollends erschließen.
Abschließend ein Clip, der die Essenz des Science Fiction Genres enthält und nicht nur unsere Fantasie beflügelt, sondern auch zum Nachdenken anregt. Alle oben genannten Regeln finden in dieser einen Szene und in diesem einen Film ihre Formvollendung und Daseinberechtigung. Aber Vorsicht, massive Spoilergefahr!
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