Die Verurteilten – lange unterschätzt, doch längst kein Geheimtipp mehr. Das Drama epischen Ausmaßes von Frank Darabont basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King und erschien 1994, konkurrierte jedoch bei den Oscars mit Filmen wie Forrest Gump und Der König der Löwen und ging daher leer aus. Das verzögerte die Popularität des Film jedoch nur, denn heute wird die Geschichte um Andy (Tim Robbins) und Red (Morgan Freeman) als eine der besten angesehen, die je auf einer Leinwand erzählt wurde – zurecht, wie ich finde. Denn was Frank Darabont hier macht, ist mehr als die Verfilmung einer Kurzgeschichte. Er erschafft ein Universum, und nach den ersten zehn Minuten ist der Zuschauer fester Teil des Shawshank Gefängnisses in Maine (Wo sonst würde Stephen King seine Geschichte spielen lassen?).
“Die Welt ist verdammt in Eile geraten.” – nicht jedoch in Shawshank…
In Die Verurteilten tut Frank Darabont das Schönste, was ein Regisseur tun kann, und was schon vielen Filmen sehr gut getan hat: Er lässt sich Zeit. Mit der Liebe zur Ausformung seiner Charaktere entführt uns der Regisseur für 137 (viel zu kurze) Minuten in das Leben lauter unschuldiger Insassen – zumindest behaupten sie das von sich selbst. Diese Ruhe, etwas, das wir sonst nur von Sergio Leone gewohnt ist (siehe Es war einmal in Amerika), wird jedoch nie zu Langeweile, ganz im Gegenteil: Die Spannung ergibt sich aus der Entwicklung der Charaktere, der aufmerksame Zuschauer muss wissen, ob Andy und Red Freunde werden, ob Andy sich mit seinem verhaltenen Gemüt in den proletarisch-rauen Gefängnisalltag integrieren kann, ob er es schafft, dem rebellischen Tommy den Schulabschluss zu verschaffen…
Diese kleinen Schritte, die charakterlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die Entwicklungen über Jahre hinweg – das ist es, was meiner Meinung nach die spannende Handlung von Die Verurteilten ausmacht. Der Gefängnisausbruch ist, wenn wir bedenkrn, dass er bis zum letzten Viertel des Films kaum von Bedeutung ist, lediglich der Rahmen für die Metamorphose von Andy, der als gebrochener Banker in den Knast kommt, und als ein Mensch voller Lebenshunger seinen Ausbruch plant.
“Die Mauern hier sind schon komisch. Anfangs hasst Du sie, nach `ner gewissen Zeit gewöhnst Du dich dran und wenn noch mehr vergangen ist, kannst Du ohne sie nicht mehr leben.”
Das fast schon minimalistische Setting des Films trägt ebenso nicht unwesentlich zu seiner Wirkung bei: Der Zuschauer fühlt sich zuhause zwischen den steinernen Mauern. Wir kennen die Zellen, den Hof, den Speisesaal… und das Wichtigste: die Insassen. Es sind keine plastischen, unrealistischen Figuren, mit denen wir uns für die Länge des Films auseinandersetzen, und sie dann vergessen – nein – es sind Bekannte, Vertraute, ja Freunde. Wer hat nicht mit Andy sympathisiert, als er Die Hochzeit des Figaro durch den gesamten Gefängnishof schallen ließ? Wer empfindet kein Mitgefühl und Verständnis für den alten Gauner Brooks, als er auf einen Stuhl steigt und seinem Leben ein Ende setzt? Wer gönnt den Jungs ihr Bier auf dem geteerten Dach nicht? – Niemand!
„Ja, ich glaube man kann sagen, dass ich Andy von Anfang an mochte."
Ich auch! Im Ernst, ein weiterer Grund, warum die Geschichte um Andy und Red so überzeugend und einnehmend wirkt, ist die großartige schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller: Morgan Freeman und Tim Robbins sind, wie ich finde, die perfekte Besetzung. Sie spielen nicht nur für sich allein überzeugende Charaktere und geben ihnen durch gewollte Sparsamkeit Tiefe und eine gewisse Schattierung, sie harmonieren auch auf grandiose Art und Weise, auf einer Ebene, welche die größtmögliche Authentizität birgt, die in einem Film möglich ist. Ich glaube den Jungs ihre Geschichte…
“Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst.”
Zum Ende ein kleines Quiz: Kann sich jemand einen besseren Schluss vorstellen, als die letzte Szene des Film, als Andy und Red, zwei Gestalten an der mexikanischen Küste, zwei jahrelange Freunde und Vertraute, sich wiedersehen und mit dem Grinsen freier Männer entgegenlaufen? Antwort: Kaum vorstellbar. Wir sehen gerade noch, wie Red seinen Koffer fallen lässt, und die beiden sich in die Arme fallen. Und ich glaube, ich spreche hier für jeden Menschen der filmischer Empathie fähig ist: Ich gönne es ihnen…
Etliche weitere Gründe für die Großartigkeit dieses filmischen Meisterwerks, wie zum Beispiel die Kamerafahrt über das Gefängnis, die Musik von Thomas Newman, die Leistung von Bob Gunton als Gefängnisdirektor, etc. müssen leider unerwähnt bleiben.
Die Verurteilten ist seit einiger Zeit mein absoluter Lieblingsfilm und ich muss jedem empfehlen, sich dieses famose Werk über Freundschaft, Menschlichkeit und Freiheit bei Gelegenheit anzuschauen.
Wenn ihr auch an der Aktion Lieblingsfilm teilnehmen wollt, dann schickt euren Text an ines[@]moviepilot.de.
Und hier die Preise, die ihr gewinnen könnt. Wir danken ganz herzlich den Partnern der Aktion Lieblingsfilm, die wirklich tolle Preise für die Sieger bereitstellen.