Natürlich brauchen wir Filmkritik! Das steht außer Frage. Aber welche sollte es sein: jene in den Zeitungen oder jene im Internet, jene in den Blogs? Josef Schnelle in der Berliner Zeitung hat sich gestern eindeutig entschieden: “Das Kino braucht die Filmkritik. Auf Blogs kann es verzichten.” Dort würde nur abgeschrieben, das zudem dilletantisch und frei von objektiver Kritik. Qualitätskritik dagegen bieten seiner Meinung nach die Redaktionen der Zeitungen.
Die Bedeutung der Filmkritik am Medium festzumachen, wiederholt nur den Aufschrei des Bildungsbürgertums, als zum Kino das Fernsehen kam, zum Fernsehen die DVD, zur Zeitung das Internet. Immer findet sich jemand, der den Untergang des Abendlandes prophezeit und dabei schnell mit einer Globalkritik alles verdammt, was doch Gleichzeitigkeit und Meinungsvielfalt bietet. Josef Schnelle in der Berliner Zeitung hat die Internet-Filmkritik vehement angegriffen, ihr gar Zersetzung vorgeworfen und in ihr einen verlängerten Arm der Werbung gesehen.
Herr Schnelle muss sich fragen lassen, welche Filmsites er denn so im Internet besucht. Etwa critic.de, die jungen Nachwuchskritikern ein Forum bietet und privat finanziert bessere Kritiken in Stil und Form liefert als so manch Tageszeitung. Oder etwa filmstarts.de oder kino-zeit.de oder eben auch moviepilot oder … Mit der Filmkritik in einigen, auch überregionalen Zeitungen können es diese Websites allemal aufnehmen. Täglich lese ich Print- wie Online-Kritiken und kann dieses Urteil auch mit Namen und Titel belegen.
Einige renommierte Autoren wie Ekkehard Knörer oder Rüdiger Suchsland schreiben für Online-Magazine. Sind ihre Aussagen deshalb schlechter? Andere junge Autoren haben eigene Blogs wie Marcus Wessel oder Rochus Wolff, weil sie über kein anderes Medium verfügen oder genau dieses wählten, um veröffentlichen zu können. Sind sie deshalb Dilettanten und Abschreiber? Verantwortungslos und meinungsschwach, wie der Autor in der Berliner Zeitung schreibt?
Josef Schnelle in der Berliner Zeitung hat sich meines Erachtens deutlich im Ton vergriffen, auch wenn er einige Symptome beschreibt, die ich ebenfalls nicht angenehm finde: Gern lese ich gut Geschriebenes, frei von Fehler, gern folge ich den Argumenten eines Autors, ohne mich in seinem zahlreichen Nebensätzen zu verlieren und gern lese ich Hintergrundinformationen, wenn sie sinnvoll eingesetzt sind. Bei Texten im Internet finde ich das nicht immer, häufig wünsche ich mir, Bessere zu lesen. Aber alles zu verdammen würde mir gar nicht in den Sinn kommen. Ich möchte trotz aller Schwächen nicht auf die Blogkultur – mit oder ohne Daumen – verzichten, auf einen solch undifferenzierten Artikel dagegen schon.
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