Burnout mit The Big Bang Theory

06.10.2014 - 12:30 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Erfolgs-Sitcom The Big Bang Theory
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Die Erfolgs-Sitcom The Big Bang Theory
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Die Episoden laufen nie länger als 22 Minuten, dafür ist die Gag-Dichte umso höher. Bei den Sitcoms wird deshalb im Akkord gearbeitet. Deren Showrunner haben's schwer, das Burnout-Syndrom gilt als Berufskrankheit. Nur Chuck Lorre schwebt über allem.

Hager, bebrillt, grauhaarig und ehemals Star Trek-Autor - es ist fast ein wenig zu einfach, in Bill Prady den in die Jahre gekommenen Geek zu erkennen. Noch leichter fällt das, wenn wir den Mann, der Mitte Fünfzig ist und genau so aussieht, dabei ertappen, wie er sich über die Aufmerksamkeit wundert, die ihm bei seinem Comic Con-Auftritt in San Diego zuteil wird. Oder wenn ihm ein überraschtes, schüchternes Lächeln übers Gesicht flackert, als das Publikum über eine seiner Pointen lacht. Ein Wunder ist diese Aufmerksamkeit aber keineswegs, schließlich ist Bill Prady Showrunner der Sitcom The Big Bang Theory und damit einer der einflussreichsten Männer des weitläufigen amerikanischen Comedy-Sektors. Nur gewöhnt hat er sich an diesen Gedanken noch nicht.

Machtmensch wider Willen

Das amerikanische Fernsehen, sagt Bill Prady, sei der einzige Ort, an dem der Autor die wichtigste Person ist. Beim Film ist das nicht so. Und bei ihm zu Hause ganz sicher auch nicht. Da lacht das Publikum einer Podiumsdiskussion bei der Comic Con 2013  wieder, obwohl die selbstironische Note ein wenig geschäftsmäßig, obligatorisch wirkt. Der Sprecher weiß, dass Witze von ihm erwartet werden. Zu seinem ganz persönlichen Albtraum des Showrunnings, schließlich geht es darum in der Runde, Showrunner zu sein, formuliert Prady sonst eher prägnante und sachliche Sätze wie diesen: „Gerade noch bist du ein Autor, und plötzlich bestimmst du über hunderte Menschen und ein Millionenbudget“

Macht. Das ist ein Umstand, ein Zustand, den Bill Prady anerkennt, akzeptiert und annimmt, dem er aber sonst eher wenig abgewinnen kann. Daher diese Sachlichkeit. Als einer, der „auf diese Fülle an Aufgaben nicht vorbereitet oder geschult wurde“, der da irgendwie reingerutscht ist, erkennt er in der Macht auch die belastende Verantwortung und nicht nur die beflügelnde Freiheit. Wie ihm geht es wohl den meisten Showrunnern, die sich eher nicht als Alphatiere präsentieren, sich eher als Künstler verstehen lassen, die plötzlich in einer harten, arbeitseffizienten und ökonomisch ausgerichteten Welt erwachen.

Die Dollars liegen in der Sitcom

Die aber genauso jene dem Berufsstand ‚Autor` eingepflanzte finanzielle Prekarität gegen wirtschaftliche Sicherheit eintauschen. Diese in der Comedy zu erlangen ist da wahrscheinlicher als im Drama-Segment. Witze verkaufen sich immer noch besser als komplexe Dialogstrukturen. Millionengagen bekommen ausschließlich die großen Sitcom-Stars, und dort meistens die Säulen der Chuck Lorre-Produktionen, wie Ashton Kutscher und Jon Cryer für Two and a Half Men. Und wie Kaley Cuoco, Jim Parsons und Johnny Galecki, die sich zuletzt eine Gehaltserhöhung pro Big Bang Theory-Episode erstreikten.

Sitcoms wie Two and a Half Men, The Big Bang Theory und How I Met Your Mother sind die modernen Kathedralen des Lachens, Götzenbilder des Zeitgeistes, Dioramen der Gegenwart, Skulpturen und Karikaturen gesellschaftlicher Wunschvorstellungen, Mentalitätskonsens. Humorkonsens? Wer Millionen Menschen westlicher Zivilisation zum Lachen bringt, der versteht den Humor und sein Publikum, hat es erfolgreich analysiert. Die erfolgreichsten Sitcoms sind deshalb die am besten standardisierten, selten die in ihrer Grundstruktur originellsten, die bleibt bei Sitcoms seit Jahrzehnten gleich. Die analytische Angleichung des Settings, die Sanftheit der übergeordneten Erzählung und des Humors, der frech, aber nicht despektierlich sein darf – diesen Schliff beherrscht vor allem Chuck Lorre.

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