Eine Tragödie ist es, wenn sie fehlt

28.07.2014 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Filmanalyse zu Sag nicht, wer du bist
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Filmanalyse zu Sag nicht, wer du bist
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Xavier Dolan ist einer der interessantesten Filmemacher der Gegenwart und beweist dies erneut mit seinem neuen Film Sag nicht, wer du bist.

Xavier Dolan ist ein Ausnahmetalent. Der 1989 in Kanada geborene Regisseur konnte bereits mit seinem Debütfilm I Killed My Mother in der Filmwelt für Furore sorgen. Ängstlich war man, ob es sich um ein One-Hit-Wonder handelt oder ob dies der Beginn eines künstlerischen Werdegangs ist. Die nächsten beiden Filme, Herzensbrecher und Laurence Anyways, haben dann bewiesen, dass dieser Regisseur – vergleichbar mit den jungen Meistern der Nouvelle Vague – bedeutende und immer wieder überraschende Filme drehen wird. Auch sein viertes Werk, Sag nicht, wer du bist, ist wieder ganz anders und ist doch in der Handschrift unverkennbar. Erneut ist Dolan ein aufregender, sinnlicher, irritierender Film gelungen, der dem ersten Anschein nach wie eine Fingerübung wirkt, dann aber sehr viel mehr ist. Der Aufbau erinnert zunächst an die typische Genremischung aus Horror- und Psychothriller, wie wir sie aus dem Mainstreamkino gut kennen.

Xavier Dolan, einmal mehr in der Hauptrolle zu sehen, spielt Tom, der seine große Liebe Guillaume bei einem Unfall verloren hat. Nun reist er zu der Farm, wo Toms Mutter und sein älterer Bruder Francis abgeschieden leben. Die Mutter darf von der Homosexualität ihres verstorbenen Sohnes nie etwas erfahren, so will es der zu Gewaltausbrüchen neigende Bruder – die maskuline Variante von Norman Bates. Dieser Bruder bedroht Tom immer wieder, und doch ist da etwas vom ersten Augenblick an. Elektrisierendes, Abgründiges, Plötzliches ist da in ihren Blicken. Man wird dem Begehren selbst ansichtig und ist hingerissen und verängstigt davon. Tom begibt sich – halb Opfer, halb Mitschuldiger – in dieses Hörigkeitsverhältnis aus Gewalt, Erotik und Leidenschaft. Tom bleibt bei Francis auf der einsamen Farm – im Liebeswahn, im Rausch, lechzend nach Schwere und Tiefe. Sag nicht, wer du bist ist ein ungeheuer spannender Film in beeindruckenden Bildern, die einmal, so viel ist sicher, von diesem Kinojahr übrigbleiben werden.

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