Fräuleins, Walküren und knackwurstige Weiblichkeit

21.04.2014 - 11:49 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Marlene Dietrich in Shanghai Express
Paramount
Marlene Dietrich in Shanghai Express
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Deutsche Frauen schwankten in ihrer Charakterisierung oft zwischen Walküren und Fräuleins. Die taffen Frauen, die Marlene Dietrich spielte, bieten dabei einen verbindenden Moment auf der Suche nach der Identität dieser Frauen abseits der Knackwurst.

Franka Potente spielt in Die Bourne Identität eine junge Deutsche. Marie, die aus Hannover kommt, sich aber ihr Leben lang hat treiben lassen und wie ihr Hauptdarsteller nach ihrer Identität sucht. Unstetig, hippiesk wechselt sie ihre Lebensorte wie Lebensweisen. Dabei scheint sie aber bodenständig und nahbar. Von anderen Eigenschaften bleibt sie größtenteils verschont. Vielleicht ist es das, was in einem Hollywoodfilm heutzutage als deutsche Weiblichkeit verstanden wird. In einer Welt in der Klischees nicht mehr so frei herausposaunt werden. Ihre Nationalität ist dabei vielleicht nicht zufällig, aber im Grunde überflüssig und kaum von Interesse, da sie eben nur da ist, um die Identitätssuche von Matt Damon zu spiegeln und als Love Interest schön auszusehen. Von der Situation überfordert ist sie nur da, um sich in seine Arme zu werfen.

Letzte Woche ging es um Nazis und wie Hollywood vor Filmen mit ihnen überschäumt. Deutsche Frauen hingegen sind Mangelware. Sie tauchen am Rande auf, aber sind dann meist vor allem Frauen, die schön aussehen und mehr durch ihre Weiblichkeit als durch ihr Deutschsein bestimmt werden. Es wird höchstens darauf aufgepasst, dass sie den kleinsten Ansprüchen an arische Charakteristika genügen. Denn die deutsche Frau ist eben nur die Ergänzung zum deutschen Mann und ihm unter weiblichen Vorzeichen nachgezeichnet.

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Walküren und Fräuleins
Schauen wir uns also wieder ein Klischee an – das feminine Pendent zu Oberst von Holstein. In Boeing-Boeing hat Tony Curtis drei Verlobte. Jede ist eine Stewardess und nach ihrem Flugplan ausgewählt, sodass er immer eine bei sich in Paris hat, eine gerade wegfliegt und eine sich auf dem Flug Richtung Paris befindet, weshalb sie sich nie begegnen können. Er hat eine zarte Diva aus Frankreich, die nur Soufflé isst, eine ruhige, ausgewählte Dame aus England, die lediglich Nieren und Innereien zu sich zu nehmen scheint und eben Miss Lufthansa, Lise Bruner (Christiane Schmidtmer). Sie ist die Größte der drei, blond und hat einen enormen Brustumfang, der die Haushälterin beim Umräumen der Unterwäsche beständig zum Staunen bringt. Sie trainiert zu einem Radiofitnessprogramm, in dem jemand den Takt vorgibt, der sich anhört als würde Adolf persönlich eins – zwei – drei – vier schreien. Ihre bevorzugte Medizin hat einen unmöglich langen, aberwitzigen Namen und natürlich isst sie ausschließlich Knackwurst mit Sauerkraut und Schwarzbrot. Oder anders gesagt, Richard Wagner hat ganze Arbeit geleistet, weil die deutsche Frau oft dargestellt wird, als habe sie gerade den gehörnten Helm und die Rüstung abgelegt, während sie gerade vom Singen auf einem Schlachtfeld zurückkommt.

Wenn sie mal keine Walküre ist, dann ist sie ihr zierliches Gegenstück, das Fräulein. Lilo Pulvers Rolle in Eins, zwei, drei heißt dementsprechend nicht von ungefähr Fräulein Ingeborg. Sie ist ebenso blond, aber deutlich zarter. In ihrer Mischung aus Unschuld, Naivität und einer Art von Schläue, die sich wohl dadurch erklären soll, dass sie gelernt hat, dass sie mit ihrem Körper mehr erreicht als durch Grips, ist sie dann doch das absolute Gegenteil zu den Haken schlagenden Paragrafenreitern in ihrem Umfeld. Wie ein freches Lüftchen weht sie durch die Gemäuer des sich immer wilder drehenden Coca Cola-Hauptgebäudes in Berlin. Sie hat weder die körperliche noch die atmosphärische Schwere einer Walküre, so dass es ein Fragezeichen bleibt, was die deutsche Frau nach Hollywood denn auszeichnet – außer ihrer Haarfarbe.

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