William H. Macy alias Frank Gallagher will wohl niemand als Vater haben. Er ist süchtig nach Alkohol und für einen Schluck macht er alles. Alles heißt in diesem Fall wirklich alles. Er verkauft das Essen seiner Kinder, betrügt und bestiehlt jeden, den er kennt, kassiert das Sozialgeld seiner toten Tante und geht mal kurz auf Arbeit für einen Unfall, damit wieder regelmäßig Geld reinkommt: Frank Gallagher ist ein schamloser Schmarotzer ohnegleichen, dem der Zuschauer aber trotz all seiner Verkommenheit irgendwie nicht böse sein kann. Seine sechs Kinder müssen ohne Vater und Mutter klar kommen und wie sie dies tun, ist überaus sehenswert. Allen voran die pragmatisch-warmherzige Fiona (Emmy Rossum), die sich wie eine Mutter um ihre fünf Geschwister kümmert und dabei immer eine permanente Traurigkeit ausstrahlt.
Shameless, das US-Remake der britischen Serie mit dem Titel Shameless, könnte aus dem Potential einer am sozialen Rand existierenden Familie mit einem alkoholsüchtigen Vater eine rührselige oder bittere Geschichte machen. Aber der Sender Showtime hat sich für eine witzige Variante entschieden, die die Probleme zwar nicht verschweigt, aber sie auch nicht als traurige Sozialreportage präsentiert. Vielmehr lacht der Zuschauer – falls er sich überhaupt auf die ganze Sache einlässt – bittere Tränen über den schwarzen Humor und freut sich mit der Familie, wenn wieder ein Problem überstanden ist. Allerdings sei jeder vorgewarnt: Shameless ist nichts für zarte Gemüter. Es gibt zwar wenig Blut und Gewalt zu sehen, dafür wird die Würde des Menschen mit Füßen getreten. Scham gibt es hier wirklich nicht.
In den USA hat Shameless für den besten Wert einer Serienpremiere seit 2003 bei Showtime gesorgt. Im Januar 2013 geht die TV-Serie in den USA in die dritte Runde und wir dürfen gespannt sein, auf welche dunklen Machenschaften sich William H. Macy für einen Tropfen Alkohol wieder einlässt, wie Fiona die Haushaltskasse aufbessert und welchen Beitrag der hochintelligente Lip (Jeremy Allen White) zum Familienleben leistet.