Nachdem uns die letzte Episode von Fringe – Grenzfälle des FBI einen Einblick in Olivias Innenleben bot und das distanzierte Verhältnis zu Etta etwas aufwärmte, kommen in The bullet that saved the world Sympathisanten von actionreichen Szenen, die wie üblich fein in das Handlungsflechtwerk eingewebt sind, auf ihre Kosten. Und wir feiern die Rückkehr von Colonel Broyles (Lance Reddick), dessen 21-Jahre-nachher-Maske aus der 4. Staffel unverkennbar aufgehübscht wurde. Vergleicht man den bisherigen Erzählstil mit einem Pendel, so hat es sich zuvor in Folge 3 gemächlich justiert. Olivia (Anna Torv), Peter (Joshua Jackson), Walter (John Noble) und Astrid (Jasika Nicole) sind in der Zukunft angekommen und schlüpfen in ihre alten Rollen. Das zeitintensive Verfahren der Videobandsuche dient nicht nur der Sinnstiftung, sich über mehrere Episoden hinweg in der Zukunft zu bewegen, auch die Fans der bisherigen Staffeln sollen sich qua bekannter Strukturen heimisch fühlen. Signifikante Merkmale fügen darüber hinaus das gewohnte Fringe-Potpourri zusammen: Walter knabbert seine Gummisticks, Astrid assistiert im Labor, Peter und Olivia sind auf Streife. Nur Etta scheint da fehl am Platze.
Was passiert: Alles fast wie früher, wären da nur nicht die Beobachter, die die Pläne der Bishops auf ein Neues torpedieren. Was läge näher, als direkt in die Basis des Widerstands einzudringen? Doch bevor die Beobachter unter der Führung von Captain No-Smile-Windmark das Harvard-Labor ins Visier nehmen, schlendert Spritdieb Peter durch die Straßen und macht ein paar Besorgungen, nachts allerdings, wenn es bekanntlich am gefährlichsten ist. Schon im Rastafari-Shop spitzt sich die Lage dramatisch zu. Für das junge Familienheil möchte er eine neue Kette erstehen, da Etta ihre zuvor für den Bau des Lasers spendierte. Ein Beobachter liest seine Gedanken, die nur schwerlich verborgen bleiben („That’s why the Red Sox will never win the World Series“). Walnüsse hat Peter nicht zur Hand, eine Dollar-Note wird als Zahlungsmittel dennoch akzeptiert. Die Flucht gelingt durch die Kanalisation, was auch bei Fringe das beliebteste Verkehrsnetz von Flüchtlingen zu sein scheint.
Walter übernimmt wieder die Funktion des verrückten Wissenschaftlers und beamt ein weiteres Videoband frei. Der angeschlagene Peter kehrt heim und überreicht Etta das Mitbringsel. Wiederholt liegt der Fokus auf dem Familienglück, die Charaktere fühlen sich zunehmend in ihre Familien-Rollen ein, und das nur wenige Minuten nachdem Georgina Haig noch unter dem Status Guest Starring im Vorspann geführt wurde. Bedenklich? Ihr Dankeswort „No good deed goes unpunished“ gesellt sich zu den übrigen versteckten Anspielungen.
Indes im Rastafari-Shop: Viele Nostalgikeraugen leuchteten auf, als das Farbspielgerät Senso seine Verwendung fand. Wie abersinnig, dass ausgerechnet Captain Windmark (Michael Kopsa) im kunterbunten und schrill klingenden Jeu reüssiert, zum Schießen komisch und subtil kontrastierend zugleich. Windmarks Emotionslosigkeit ist so stark ausgeprägt, dass er nicht einmal die Süffisanz aus Broyles Antworten zu vernehmen weiß. Im Harvard-Labor sieht sich das Fringe-Team das zweite Videoband aus Walters Best of-Collection an. Das nächste Mosaiksteinchen des Defeat-the-Oberservers-Plans befindet sich in einem U-Bahnhof. Dummerweise patrouillieren dort etliche Loyalisten, was für Walter jedoch kein Problem darstellt. Kurzerhand führt er uns in seinen geheimen Hobbykeller, womit die Autoren weiter am Nostalgiekarussell drehen. Nahezu jeder prominente Grenzfall wurde in Walters Geheimversteck ausgestellt und so gibt es auch ein Wiedersehen mit dem Stachelschwein; eine Entdeckungsreise, die man sich einmal in Zeitlupe anschauen sollte. Walters akribische Sammelleidenschaft wird sich dem Team nun als nützlich erweisen. In Do-it-yourself-Manier basteln sie sich Kanonen großen und kleinen Kalibers, bestückt mit dem Narben erzeugenden Protein eines zurückliegenden Grenzfalls.