Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) weiß schon früh, wo er einmal hin möchte: an die Börse, um das große Geld zu verdienen. Dies gelingt ihm unter der Führung von Mark Hanna (Matthew McConaughey) zu Beginn recht gut, aber dann sitzt er auf der Straße. Doch Belfort wäre nicht ein Alphamännchen, wenn er zu jenem Zeitpunkt aufgeben würde. Er gründet mit Donnie Azoff (Jonah Hill) sein eigenes Börsenunternehmen und zieht den Menschen das Geld aus der Tasche. Der Aufstieg erfolgt rasch und steil. Aber Belfort fällt tief, als das FBI und Agent Patrick Denham (Kyle Chandler) sich an seine Fersen heftet. Zwischendurch gibt es Drogen, Drogen und nochmals Drogen.
Leonardo DiCaprio wird zum Robert De Niro der 1970er und 1980er Jahre. Die Zusammenarbeit mit Regisseur Martin Scorsese macht dies deutlich, die bei Robert De Niro immerhin acht Filme umfasst. The Wolf of Wall Street markiert die fünfte Vereinigung des Scorsese-DiCaprio-Gespanns. Doch wie kommt der Film bei den Kritikern eigentlich an? Ist The Wolf of Wall Street das neue Epos von Scorsese?
Das sagen die englischsprachigen Kritiker zu The Wolf of Wall Street:
A.O. Scott von der New York Times fasst die knapp dreistündige Laufzeit und ihren Inhalt wie folgt zusammen: „Dieser Film könnte den Zuschauer mit all seiner hämmernden und großspurigen Maßlosigkeit ermüden, aber ist selber immer hellwach. […] Es ist nicht ganz klar, ob Wolf of Wall Street Abscheu oder Neid hervorrufen will. […] Aber um Jake LaMotta, einen weiteren magnetischen Scorsese-Charakter, zu zitieren: That’s Entertainment.“
The Guardian -Reporter Xan Brooks zieht die nötigen Vergleiche zur Filmografie Scorseses. Er sagt, dass The Wolf of Wall Street „der überschwänglichste und spannendste Film des Regisseurs seit Jahren ist – gewiss seit The Departed, möglicherweise seit Casino". Martin Scorsese „gibt uns einen polierten und ausdrucksstarken Film, der voller Tatendrang ist und Funken versprüht. Er feiert sich selber und dieser Spaß ist ansteckend.“
Für The Village Voice schlägt Chef-Kritikerin Stephanie Zacharek weniger positive Töne an. Sie verurteilt The Wolf of Wall Street als „einen Film, den die Art von Regisseuren schafft, welche Macht ausüben sowie Geld und eine nicht unbeachtliche Arroganz besitzen. […] Der Film beinhaltet alles, was man mit Geld kaufen kann, ist aber dennoch absolut inhaltsleer“.
Das sagen die deutschsprachigen Kritiker zu The Wolf of Wall Street:
Für David Kleingers von Spiegel Online fehlt es dem Film an Kritik am System: „Ganz gleich, wie viele Drogen auch zu sehen sind, es fehlt The Wolf of Wall Street an Substanz. […] Scorseses Film ist keine Anklage aktueller Verhältnisse. Er vollführt die sentimentale Flucht in eine Ära, deren Verdorbenheit personalisiert und damit vergleichsweise menschlich und eher amüsant erscheint. Es ist die Sehnsucht nach Schafen im Wolfspelz, die laut heulen, aber nicht wehtun. Die finden sich heute wohl nur noch im Kino“.
Für Die Welt schreibt Hanns-Georg Rodek über die Leistung von Leonardo DiCaprio, der mit einer Ungehemmtheit spielt, „wie man sie ganz selten von einem Schauspieler sieht, und mit hochtoxischem Charme“. Zum Film selber meint er, dass dieser „drei Stunden lang wie auf Crystal Meth deliriert“ und doch „heiß vor Testosteron [läuft], einer Energie des Wahnsinns allerdings, wie bei einem Heckenschützen, der rastlos durch die Straßen streicht“.
Für Christiane Peitz vom Tagesspiegel ist der Bombast, mit welchem Scorsese inszeniert, genau richtig: „Scorsese klotzt erneut mit der eigenen Virtuosität und setzt The Wolf of Wall Street so manisch und orgiastisch in Szene, wie sein Held Aktien vertickt. Jordan peitscht seiner Truppe ein, Scorsese heizt das Tempo an, verwirbelt die Bilder, motzt sie mit Slow Motion und Rockhymnen auf, jagt den Zuschauer durch die Höllen der Dekadenz. Hauptsache Überdosis, nach dem Motto: Zu viel ist nie genug. Und das drei Stunden lang.“
Das Kritiker-Fazit zu The Wolf of Wall Street:
Nicht nur die Zuschauerreaktionen, sondern auch die Kritikerstimmen fallen zu The Wolf of Wall Street sehr geteilt aus. Die einen kritisieren Martin Scorsese und Leonardo DiCaprio scharf und werfen ihnen Glorifizierung eines Verbrechers vor. Die Schuldigen schneiden dabei viel zu gut ab. Andere meinen wiederum, The Wolf of Wall Street reihe sich nahtlos und perfekt in die Reihe ausschweifender Epen wie GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia und Casino ein und zeigt Scorsese und DiCaprio in Bestform – angepasst an das 21. Jahrhundert.