Better Call Saul - Zwischen Ethos, Schuld und Schwindel

07.01.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Better Call SaulAMC
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2015 schickte AMC uns zurück in das Albuquerque aus Breaking Bad, diesmal allerdings nicht, um einem todkranken Familienvater beim Drogenkochen zuzusehen, sondern um einen erfolglosen Anwalt zu begleiten, der am Scheideweg steht: Saul Goodman.

Ein halbleerer, schlichter Gerichtssaal im städtischen Gericht in Albuquerque. Auf der Anklagebank sitzen drei Heranwachsende. Richter, Anwalt und Publikum warten auf den Verteidiger. Auftritt: James M. McGill (Bob Odenkirk). Nach einer Generalprobe auf dem Herren-WC hält er vor der Jury ein ebenso eloquentes wie windiges Plädoyer für seine Schutzbefohlenen. Schnell erkennen wir, dass in diesem McGill schon der Saul Goodman steckt, dem Walther White (Bryan Cranston) und Jesse Pinkman (Aaron Paul) sechs Jahre später über den Weg laufen werden. Seltsam ist nur seine Rolle - noch spielt er nämlich den ärmlichen Pflichtverteidiger für 700 Dollar pro Fall. Aus dieser Prämisse bastelt AMC im Schatten von Breaking Bad eine wunderbar verschrobene Serie: Better Call Saul.

Showtime!

It's all good man

Dieser James McGill steht an einer Abzweigung. Er wird Entscheidungen treffen müssen. Noch ist er sich dessen nicht bewusst. Das ist vielleicht der zentrale Unterschied zwischen Better Call Saul und Breaking Bad. Walther White entscheidet sich zu Beginn der Serie angesichts seiner Krankheit, für die Zukunft seiner Familie vorzusorgen. Dafür widmet er sich erst widerwillig und später mit fragwürdiger Hingabe dem Methkochen. James McGill sitzt noch zwischen verschiedenen Stühlen. An und für sich ist er ein Gauner, der seine Zeit früher unter dem Titel 'Slippin' Jimmy mit Trickbetrug und Schwindeleien verbracht hat. Auf der anderen Seite ist da noch sein Bruder Chuck (Michael McKean), der selbst ein erfolgreicher Anwalt und Teilhaber einer großen Kanzlei in Albuquerque ist (beziehungsweise war). Dort arbeitet auch Kim Wexler (Rhea Seehorn), eine alte Freundin, an der ihm immer noch sehr viel liegt. Für die beiden will sich James McGill zusammenreißen und ehrliche Arbeit verrichten in dem winzigen Büro im Hinterzimmer eines Nagelstudios. Selbst wenn das heißt, auf Gratis-Gurgelwasser und nächtliche Fußbäder verzichten zu müssen. Seinem Bruder gegenüber hat er eine besondere Verpflichtung, seit dieser ihn einst aus größten Schwierigkeiten herausgeboxt hat. Im Verlaufe dieser Arbeit entwickelt James sogar ein gewisses Arbeitsethos. James McGill erkennt zu diesem Zeitpunkt noch die moralische Kategorie des richtigen Handelns. Das kann sich Saul Goodman später nicht mehr leisten.

Saul und Mike starten auf keinem guten Fuß

I'm a lawyer, not a criminal

Auf der anderen Seite bricht sich 'Slippin' Jimmy während Rückschlägen bei der redlichen Arbeit immer wieder Bahn und wird stets in kleinere Betrügereien verwickelt. Seien es versuchter Versicherungsbetrug mit zwei dümmlichen Komparsen auf Skateboards oder die Annahme von Schmiergeld für Unterschlagung. Aber schon hier beweist McGill alias Goodman ein Talent für die Rede. Bei vielen Gelegenheiten schafft es allein sein Mundwerk, ihm den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, unter anderem als er sich im Wohnzimmer eines äußerst labilen Drogenhändlers wiederfindet, der auch Heisenberg noch über den Weg laufen wird.

Better Call Saul nimmt sich aber ebenso die Zeit, die Hintergrundgeschichte einer anderen Nebenfigur aus Breaking Bad auszuleuchten und den Weg zum Status Quo anzudeuten. In der Tat läuft McGill in der ersten Staffel Mike Ehrmantraut (Jonathan Banks) über den Weg. Spontane Hysterie und gleichmütige Professionalität bilden eine überraschend fruchtbare Symbiose, die mit ihrer Dynamik schon jetzt Lust auf mehr macht.

Da ist auch nichts mehr zu retten

Auch von der Stimmung her schafft es Better Call Saul, sich von Breaking Bad abzusetzen, obwohl sich der Vergleich an allen Ecken und Enden aufdrängt. Die süßen Momente des Sieges, die der geschundene Anwalt ab und an davonträgt, wechseln sich ab mit geradezu erbärmlichem Scheitern. In dieses recht melancholische Bild fügt sich aber noch der Charme seines Hauptcharakters, gespielt von Bob Odenkirk. Trotz schwerster Rückschläge quasselt er sich immer wieder um Kopf und Kragen, lässt dabei allerdings durchblicken, dass er durchaus ein fähiger Jurist ist und obgleich seiner Reputation hart arbeitet. Einiges mag noch auf James McGill in den kommenden Staffeln zukommen, bevor er endgültig zu Saul Goodman wird. Auf seine schlechten Anzüge, die furchtbare Matte und ausgefallen unpassende Werbeaktionen ist aber jetzt schon Verlass.

Wie hat euch die erste Staffel Better Call Saul gefallen?

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