Die Filmanalyse zu The Master

28.02.2013 - 00:00 Uhr
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In dieser Woche widmet sich Wolfgang M. Schmitt jun. dem neuen Film von Ausnahmetalent Paul Thomas Anderson. “The Master” ist augenscheinlich das Portrait eines zerrütteten Kriegsheimkehrers der von einem charismatischen Mann mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen in eine Sekte gelockt wird. Aber was sagt unser Experte?

Ist das Kunst oder sieht es nur so aus? „ The Master “ von Paul Thomas Anderson will auf jeden Fall Kunst sein. Zunächst ist zu sagen, „The Master“ ist nicht eindeutig ein Film über Scientology. Der Aufstieg der Sekte hat Anderson jedoch inspiriert. Auch will Anderson seine Figuren nicht schwarz-weiß zeichnen, denn zu gut weiß er doch, daß in einem großen Kunstwerk Standpunkte relativiert werden müssen – man denke nur an das Ausgleichgenie Goethe.

Zudem sind große Schauspieler (Philip Seymour Hoffman & Joaquin Phoenix) und ein ausgeprägter Wille zur Form, zur Stilisierung sind vorhanden, doch leider gleiten die Bilder des Regisseurs wieder einmal in einen inhaltslosen Ästhetizismus ab. Man spürt beim Zuschauen in jeder Szene die Anstrengung, die dieser Film den Regisseur und sein Team gekostet haben mag. Doch Stil allein macht noch keine Kunst, sondern lediglich Kunstgewerbe. Und so ist „The Master“ nicht mehr als perfektes Design für ein Publikum, daß nur an große Filmkunst erinnert werden will, aber das sich in Wahrheit nicht mehr dieser Kunst aussetzen will.

„The Master“ erinnert uns an Kunst, selbst lebt er nur von der Nostalgie. Aber ist das nicht vielleicht der Kern des Kinos von Anderson? Ist nicht seine ganze Filmographie eigentlich ein sehnsüchtiger Blick zurück – ja, wohin zurück denn eigentlich? Der Filmtheoretiker Ray Carney charakterisierte das Werk von Anderson einmal so: Der Regisseur nehme den klassischen Hollywoodfilmen übel, daß sie eine Glückseligkeit verheißen, die dann im wahren Leben sich als Illusion herausstellt. Nun arbeite sich Anderson in seinen Filmen an genau dieser Enttäuschung ab und jammere ohne Unterlaß über diese Tatsache.

Carney ist – auch was „The Master“ betrifft – zuzustimmen, denn Anderson will uns hier vor allem den amerikanischen Traum der 1950er Jahre vorführen, der mehr und mehr zu einem Alptraum wird. Diesem aufklärerischen Impetus, der dem stets kritischen Zuschauer freilich gut gefällt, wird dann noch eine Prise Mythos, Nostalgie und Sentimentalität beigegeben. So entsteht nach Rezept jene Ambivalenz, die die Filme Andersons ausmachen sollen. Doch leider tappen Anderson und seine Fans dabei in eine Falle: Gerade durch die Distanz glauben sie nun wirklich das, was Hollywood verheißt. Das Subversive wird affirmiert.

Erfahrt mehr in der Filmanalyse mit Wolfgang M. Schmitt jun.
www.die-filmanalyse.de

Und hier geht es zum YouTube-Kanal der Filmanalyse.

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