King of Queens ist ein absoluter Albtraum – und eine neue Amazon-Serie beweist es

30.08.2021 - 13:00 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Kevin Can F*** Himself verwandelt die knallbunte Sitcom-Idylle in einen düsteres BeziehungsdramaAMC
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Kevin Can F*** Himself bei Amazon stellt die Frage: Was würde Carrie aus King of Queens tun, wenn sie Doug nicht länger erträgt? Die Antwort bei Amazon ist nachvollziehbar brutal, wirft allerdings andere Fragen auf.

Stellt euch vor, ihr seid verheiratet. Euer Partner oder eure Partnerin hat Spaß, lebt in den Tag hinein und nimmt das mit Verantwortlichkeiten nicht so ernst. Ihr hingegen geht jeden Tag arbeiten und verbringt eure Freizeit damit, zu kochen, zu putzen und einzukaufen. Ihr seid der oder die Erwachsene, weil es ja irgendjemand sein muss. Und trotzdem seid ihr der Arsch, immer, weil ihr zu streng seid oder zu genervt. Wie lange dauert es, bis ihr komplett ausrastet?

Willkommen in jeder Durchschnitts-Sitcom der letzten paar Jahrzehnte. Egal ob Carrie und Doug in King of Queens, Claire und Phil in Modern Family oder Lois und Peter in Family Guy: Das Klischee des freundlich-unterhaltsamen Trottels, der nichts so richtig auf die Reihe kriegt, und der nervigen Ehefrau, die nicht loslassen darf, weil sonst alles zusammenbricht, hat sich tief in unsere Gehirne gebrannt. Wir lieben diese Serien, klar. Aber würden wir in ihnen leben wollen?

Kevin Can F*** Himself ist eine achtteilige Satire auf beliebte Sitcoms, die seit dem 27. August bei Amazon Prime Video zu streamen ist. Sie beantwortet diese Frage klar mit "nein" – und macht die nervige Ehefrau zur mordlüsternen Rächerin.

Kevin Can F*** Himself zeigt, was bei Sitcoms wie King of Queens passiert, wenn die Lachspur nicht mehr läuft

Allison McRoberts (Annie Murphy) ist frustriert. Tagsüber arbeitet sie in einem Schnapsladen, ihre Freizeit verbringt sie vor allem damit, ihrem Mann im ungezieferbefallenen Haus hinterherzuräumen und von einem besseren Leben zu träumen. Jeder Versuch, aus ihrem Alltag auszubrechen, scheint aber alles nur noch schlimmer zu machen. Der Grund: Ihr Mann Kevin (Eric Petersen) stolpert durchs Leben wie ein hyperaktives Kind mit Alkoholproblem und reißt alles mit dem Hintern wieder ein, was seine Frau mühevoll aufgebaut hat.

So weit, so bekannt. Kevin ist, ebenso wie die unterwürfige Allison, ein klassisches Sitcom-Klischee. (Und nicht zufällig nach King of Queens-Star Kevin James und der Comedy-Serie Kevin Can Wait benannt.) Neben der knallbunten Sitcom-Optik, in der jede unangenehme Situation in falschem Gelächter ertränkt wird, zeigt Kevin Can F*** Himself jedoch auch eine ganz andere Seite dieser Dynamik. Wenn Allison nicht mit ihrem Mann zusammen ist, bricht ihre vorgeschobene Fröhlichkeit in sich zusammen und die Welt wird grau.

Zum Vergleich: So sah der Trailer für Staffel 1 von King of Queens aus

King of Queens - Staffel 1 Promo Trailer (Englisch)
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Beziehungen, in denen ein Teil zum Elternteil des anderen mutiert, sind nämlich weniger witzig, wenn man sie selbst durchleben muss. Das zeigt die Serie bei Amazon sehr deutlich und findet interessante Wege, mit Fernsehklischees zu spielen, die die meisten von uns seit unserer Kindheit begleiten dürften. Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen der Fake-Sitcom-Welt von Kevin Can F*** Himself und den Vorbildern, die die Serie kritisieren will.

Die King of Queens-Satire bei Amazon Prime Video hat ein großes Problem

Bei Doug und Carrie scheint in King of Queens neben all dem Abfuck immer wieder durch, dass die Beiden sich trotz aller Klischees ergänzen und am Ende des Tages wirklich lieben. Phil und Claire Dunphy bei Modern Family waren das erste Paar der Fernsehgeschichte, die in mir aktiv den Wunsch geweckt haben, eine eigene Familie zu gründen. Die männlichen Sitcom-Riesenbabys sind belastende Klischees, aber man mag sie auch. Man versteht, warum sich ihre Serien-Frauen diesen Stress geben.

Bei Kevin Can F*** Himself hingegen gibt es keine Wärme, keinen goofy Charme und keine Liebe. Nur Frustration. Auch für uns als Zuschauende. Diese klassischen Sitcoms funktionieren bei allen kritikwürdigen Punkten schlussendlich doch, weil wir die Charaktere mögen. Doug nervt oft, klar, aber er ist kein schlechter Mensch. Kevin hingegen wird insbesondere zu Beginn als unerträgliche Person dargestellt. Wie sind er und Allison jemals zusammengekommen? Wieso sollte man ihm jahrelang Dinge verzeihen? Warum hat er überhaupt Freunde?

Wären die Sitcoms und ihre aggressiv trotteligen Protagonisten, die hier parodiert werden sollen, so eindimensional und unterkomplex wie in Kevin Can F*** Himself dargestellt, würde niemand lachen. Satire lebt von den feinen Zwischentönen, den Graustufen. Bei Kevin Can F*** Himself gibt es nur zwei Seiten: die verlogene bunte Scheinwelt und die ehrliche entsättigte Realität. Die Serie macht es sich damit zu einfach und schmälert das eigentlich so spannende Konzept. Am Ende bleibt trotzdem eine Erkenntnis: Kevin kann sich definitiv ficken.

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Im August gibt es jede Menge Serien-Highlights bei den Streaming-Diensten eures Vertrauens zu entdecken.

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