Im Kommentar der Woche versuchen wir euch jede Woche einen besonderen, neuen, amüsanten, beeindruckenden, erschreckenden oder ehrlichen Blickwinkel auf einen Film, eine Serie, einen Star zu präsentieren, der euch irgendwo auf moviepilot aufgefallen ist. Wenn euch ein Kommentar dort draußen auf die Tische steigen lässt, sagt uns Bescheid!
Der Kommentar der Woche
Jeder hat den ein oder anderen Film, der einem die Augen geöffnet, das Leben verändert hat. Vielleicht hat dieser Film uns nicht beim ersten Mal gepackt, vielleicht auch nicht beim zweiten Mal - aber sobald er uns hat, wird er uns nie wieder loslassen. Der Club der toten Dichter ist so ein Film, und das nicht nur wegen eines großartigen Robin Williams, wie uns alex023 beweist!
»No matter what anybody tells you, words and ideas can change the world.«
Ich
frage mich immer noch, warum DEAD POETS SOCIETY in angeblich so vielen
Lehrplänen steht und wir doch davon in der Schule nichts mitbekommen
haben. So musste ich mir die Filmerfahrung selbstständig aneignen, was
zu Beginn des Jahres auch wunderbar funktioniert hat. Nun hab ich den
Film ein weiteres Mal gesehen und finde ihn noch besser als beim ersten
Mal.
Wir schreiben das Jahr 1959, ein konservatives Jungeninternat im
US-Bundesstaat Vermont soll Schüler auf das College und Studium
vorbereiten. Stur festgefahrene Lehrmethoden und -abläufe setzen den
Schülern zu, die sich eingeschränkt fühlen, weil sie nicht frei und
lebendig handeln und denken können, ihre Karrieren von ihren Eltern
vorgeplant sind. Doch dann kommt mit Mr. Keating, ein neuer
Englischlehrer an die Schule, der mit einem ganz eigenen Konzept die
jungen Männer zur Rückkehr zum freien Denken bewegen und von der
Schönheit von Poesie und Romantik überzeugen will.
Bei einigen der
noch formbaren Jungen klappt das prächtig, vor allem, als Keating ihnen
von seiner eigenen Schulzeit erzählt, in welcher er dem „Club der toten
Dichter“ (im Original „Dead Poets Society“ – siehe Titel) angehörte. So
gründet eine Gruppe um den angehenden Medizinstudenten Neil den Club neu
und trifft sich fortan heimlich in einer alten Indianer-Höhle.
Peter Weir zeigt mit seinem Film, wie wichtig eigenständiges, freies und
unabhängiges Denken ist. Vor allem ist die Thematik des Films, auch was
das Schulsystem angeht, heute noch aktuell, was zu denken geben sollte.
Auch heute sind die Lehrpläne festgefahren und es ist kaum Platz zur
persönlichen Entwicklung. Doch gerade die sollte ein essentieller
Bestandteil sein. Denn, wie es Keating schon im Film in ähnlicher Form
sagte, sind zwar Medizin, Mathematik, Rechtswesen und Wirtschaft
wichtige Bestandteile des alltäglichen Lebens und in diesem Bereich sind
auch viele notwendige Berufe zu erreichen und zu vergeben, jedoch lebt
der Mensch nicht dafür. Der Mensch ist im Allgemeinen fasziniert von
Schönheit, Poesie, Romantik und Liebe – dafür lebt der Mensch. Es sind
(für die meisten) die Dinge, die das Leben lebenswert machen, da sonst
ein trostloser und öder Einheitsbrei vorherrschen würde.
Ich komme nicht umhin zu sagen, dass dieser Film einen gewaltigen
Einfluss auf junge Erwachsene haben kann und vermutlich wird, wenn sie
im richtigen Alter sind, jeder ähnlich wie die Figuren der Geschichte reagieren - was
mich dazu führt, zuzugeben, dass ich es derzeit nun mal selbst bin und
den Film daher wahrscheinlich ein wenig zu hoch einordne, was seine
Klasse angeht. Jedoch können wir immer nur jeden Film aufgrund unserer
derzeitigen Wahrnehmungsfähigkeit beurteilen. Dead Poets Society ist
für mich nach dem zweiten Mal sogar noch besser geworden, er ist dabei
zu einem der besten Filme geworden, die ich je gesehen habe, was mich
selbst überrascht hat. Er bewegt, fasziniert und lässt die Zeit wie im
Flug vergehen.
Es ist so wunderbar und traurig zugleich, wenn ich das Zusammenspiel der Figuren betrachte, denn so toll es ist, so blöd ist es, dass es nach etwas mehr als zwei Stunden zu Ende gehen muss. Ich hätte mir gerne so etwas wie eine Serie gewünscht, welche die Leben dieser Figuren behandelt, wobei dann aber wohl das Thema nicht so gut hätte verfolgt werden können. Da ist Neill, der angehende Arzt, der doch so viel lieber schauspielern will und es auch tut, bis es ihm sein Vater verbietet. Und da ist Todd, der zurückhaltende Neue an der Schule, der bis kurz vor dem Ende nicht aus seiner Haut fahren kann, aber in Mr. Keating doch genau den Lehrer findet, der das Potenzial, was in ihm vorhanden ist, zum Vorschein bringt. Natürlich ist da Charlie, der 'Nuwanda' genannt werden möchte, der auf den ersten Blick wie so ein stereotypischer Junge wirkt, der meint, er wäre besser als andere, es aber überhaupt gar nicht ist. Er geht mit am meisten in der Sache auf und wirkt für mich wie eine etwas andere Version von Neal Cassady, einem der Großen der Beat-Generation. Charlie steigert sich in das Geschehen rund um den Club der toten Dichter wirklich hinein und würde metaphorisch, vielleicht sogar wirklich, für die Sache sterben. Knox ist eigentlich den gesamten Film über nur hinter einem Mädchen her, das schönste, das er je gesehen hat. Er kann an nichts anderes mehr denken und in der Poesie findet er ein Mittel, sich auszudrücken. Natürlich sind die weiteren Charaktere ebenfalls toll, aber die vier haben sich am meisten in mein Gedächtnis eingebrannt. Nicht zu vergessen natürlich den Lehrer, Mr. Keating, der das Potenzial in seinen Schülern erkennt und das eigenständige Denken fördert.
Robin Williams ist hier selbstverständlich großartig, die Jungschauspieler wie Robert Sean Leonard (welcher in Kenneth Branaghs Shakespeare-Adaption Much ado about nothing die Rolle des Claudio spielt, in diesem Film seine Figur im Stück „A Midsummer Night’s Dream“ mitspielt), Ethan Hawke (mittlerweile anerkannter, großer Akteur) oder Josh Charles und Gale Hansen machen ihre Sache ebenfalls fantastisch. Man spürt die Sehnsucht und das Verlangen nach Unabhängigkeit, Freiheit, Liebe und Poesie in jedem ihrer Blicke. Der Score ist wunderschön, vor allem der Einsatz des Dudelsacks ist manchmal atemberaubend.
Dead Poets Society ist ein maßgebendes Beispiel für junge Menschen, die sich selbst finden wollen und deren Persönlichkeit gerade in der Entwicklung steckt. Egal, wie viel Druck auf einem herrscht, man muss doch wohl selbst entscheiden dürfen, was man mit seinem Leben anstellt. Wenn immer gesagt wird, dass es nur darum geht, später Geld zu verdienen, kann ich eigentlich nur verächtlich mit dem Kopf schütteln. Denn man lebt nur einmal, ein einziges Mal. Soll man deshalb sicherheitshalber einen Job ergreifen, der vielleicht Geld bringt, aber dir selbst überhaupt keinen anderen Wert liefert? Dass andere Dinge das Leben lebenswert machen, habe ich oben schon behauptet und stehe dazu. Diese Entscheidungsfähigkeit ist ein Privileg der westlichen Wohlstandsgesellschaft – darüber könnte man nun stundenlang debattieren, inwieweit das denn gerecht ist, aber man kommt da eh immer zum gleichen Schluss – jedoch könnte man stattdessen auch einfach dieses Geschenk annehmen und etwas daraus machen. Auch in Zeiten von Wirtschaftskrisen und Konjunkturschwankungen.
Fazit: Peter Weir ist mit Dead Poets Society ein wahrlich großartiger Film gelungen, der so viel zu sagen hat, so wunderschön anzuschauen ist und von mir auch immer und immer wieder angesehen werden wird. Schauspieler, Musik, Kamera, Setting und Atmosphäre passen wunderbar und runden das Werk, was nur geringfügige Schwächen in der Dramaturgie aufweist, ab.