Die letzte Flut ist nach Picknick am Valentinstag eine weitere mystische Australienversion von Peter Weir (Mosquito Coast, Master & Commander – Bis ans Ende der Welt). Picknick am Valentinstag von 1976 befasste sich mit dem Verschwinden dreier Mädchen aus einem Internat auf einem Berg, dem Hanging Rock. Eines kehrt zurück und die Welt des Internats ist nicht mehr dieselbe. Ohne direkte Verweise auf die Kultur der Aborigines, die die wenigen monolithischen Berge ihres Landes – beispielsweise den Ayers Rock – als heilig verehren, erschuf Peter Weir eine mystische Aura, die in großartigen Bildern ein magisches Australien zeigte, auf das die weißen Siedler von einst ahnungslos ihren Fuß setzten.
In Die letzte Flut verbindet die Peter Weir die beiden Komplexe miteinander: hier die materialistische Welt nach westlichen Standards; da die Welt der Aborigines, die uralte Ahnen- und Totenkulte betreiben. Während ungewöhnliche Wetterphänomene über das Land ziehen, werden einige Verdächtige in einem Mordfall festgenommen. Die fünf Aborigines vertritt der Anwalt David Burton (Richard Chamberlain). Nach und nach lernt er zu Recherchezwecken die Lebenswelt der Aborigines kennen. Diese leben zwar in der Stadt, doch haben sie ihre alten Traditionen beibehalten. Burton wird von schrecklichen Visionen geplagt, in denen eine riesige Flutwelle auf die australische Küste zurast. Im Laufe des Films erklärt ihm einer der Verdächtigen David Gulpilil, dass er über das “zweite Gesicht” verfüge. Dieser Vorstellung nach hat er Einsicht in die “Dreamtime” – einer Dimension außerhalb der Realität, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft begegnen.
Als Burton immer tiefer in die Geheimnisse Ureinwohner-Kultur dringt, verliert er zunehmend den Sinn für die Wirklichkeit. Als er glaubt, seine Visionen überwunden und den Mörder gefunden zu haben, geschieht das, was er vorhergesehen hat: Am Horizont sieht er einige riesige Welle heranrollen. Peter Weir nutzt Elemente des Horror-, Katastrophen und Mysteryfilms, um die Unvereinbarkeit zweier Kulturen darzustellen, ohne dabei einen reinen Suspense-Thriller abzuliefern. Vielmehr erscheint der Konflikt zwischen aufgeklärter westlicher Zivilisation und uralten Traditionen und Glaubensvorstellungen als das eigentliche Schrecken, dass nicht zu überwinden ist. Im Vergleich zu Picknick am Valentinstag (den arte bereits Anfang August ausstrahlte) ist Die letzte Flut der direktere Film, setzt er doch seine Mystery-Elemente dazu ein, auf den Cultur Clash Australiens hinzuweisen. Was im ersten Film vor magischer Kulisse angerissen wird, erzählt der zweite Film thematisch zu Ende.
Was?: Die letzte Flut
Wo?: Servus TV
Wann?: 22.20 Uhr