Taboo - Unser Recap zu Staffel 1, Folge 2

16.01.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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In der zweiten Episode konstruiert Taboo noch mehr Mysterien um den Protagonisten und seine Vergangenheit und muss dabei aufpassen, nicht zur Parodie abzurutschen.

Schon in der ersten Folge von Taboo deutete sich eine fast schon humorvolle Überzogenheit des eigentlich ernsten Inhalts an. In der zweiten Woche tritt die Serie in vielerlei Hinsicht auf der Stelle, aber zumindest geht sie in puncto absurde Groteske noch ein paar Schritte weiter und lädt im Vergleich zur Premiere gerne auch mal zum Lachen ein. Nicht nur durch die offensichtlich als comic relief geplanten Szenen, sondern auch in der schieren Freude an einem Tom Hardy, der all seine bisherigen Rollen mit Hinblick auf die Badass-Mentalität in Schatten stellt. Das Problem hierbei ist nur, dass Steven Knight und seine Autoren Gefahr laufen, ihre Figuren zu Karikaturen werden zu lassen.

Was aufgrund der vielversprechenden ersten Episode diese Woche ein bisschen schade ist, ist die Tatsache, dass Taboo es nicht für nötig hält, uns eine neue Perspektive auf die Charaktere zu ermöglichen - sie bleiben genau so, wie wir sie kennengelernt haben und das macht die Sache ein bisschen langweilig. Bislang sind die Fronten relativ klar gezeichnet, vor allem die "Bösewichte" in Form von Stuart Strange (Jonathan Pryce) und seinen East India Company-Schergen sowie James Delaneys Schwager Thorne Geary (Jefferson Hall), die im Grunde nur böse und sonst nichts sind. Im Falle von Jonathan Pryce ist das weniger schmerzhaft, da er mit seiner Rolle als Autorität mit leichtem Hang zum Choleriker ("THE FUCKING AMERICANS!") ganz offensichtlich jede Menge Spaß hat. Ein paar Facetten würden ihm dennoch gut tun.

Diese Eintönigkeit der Figuren sorgt für allem in der ersten Hälfte der Episode für das unangenehme Gefühl, das irgendwie letzte Woche schon einmal gesehen zu haben. Anstatt die bereits etablierten Verhältnisse intensiver zu erforschen, werden eine ganze Reihe von neuen Figuren eingeführt. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, doch so toll ein Stephen Graham als raubeiniger Auftragskiller, Ruby-May Martinwood als Winter, die James vom mysteriösen Mann mit den Silberzähnen erzählt, oder Jessie Buckley als Lorna, Bow, vermeintliche Ehefrau von James verstorbenem Vater auch sein mögen: Sie klauen sich gegenseitig den Platz für ihre Figuren. Zumindest deutet sich dieses Problem an; sechs verbliebene Episoden genügen vielleicht, um das zu korrigieren. Vor allem der Handlungsstrang mit der plötzlich aufgetauchten Ehefrau macht auf den ersten Blick einen schlichtweg überflüssigen Eindruck.

Das ist deshalb jetzt schon frustrierend, weil die Figuren dadurch gezwungen sind, alle wichtigen Aspekte in so kurzer Zeit wie möglich zu übermitteln - und das geht am besten mit Reden. Die auf Dauer doch eher langweiligen Meetings der East India Company dienen offenbar nicht nur dazu, die eindimensionale Boshaftigkeit der Teilnehmer zu porträtieren, sondern uns als Zuschauer auch eine kleine erklärende Hilfestellung zu leisten. An einer Stelle in dieser Taboo-Episode sagt Stuart Strange buchstäblich eine Liste mit Fragen auf, die sich offensichtlich auch für den Zuschauer nach der ersten Folge gestellt haben sollten. Eine Story durch erklärenden Dialog vorantreiben; Figuren ihre eigene oder andere Charakterisierungen aufsagen lassen (wir müssen uns immer und immer wieder anhören, wie wahnsinnig die Delaneys sind): Das ist unkreativ und öde und Taboo muss aufpassen, nicht weiter in solch eine Richtung zu gehen, denn es ist ja genug spannendes Material da, mit dem gearbeitet werden kann.

So erfahren wir in dieser Folge von James Delaneys Plan, ein Schiff zu kaufen. Damit und mit Nootka Sound - das Land, das er geerbt hat und nicht an die East India Company übergeben will - will er eine eigene Handelsroute etablieren. Im Zusammenhang mit Kauf des Schiffes schöpft Taboo dann das eigene Potential aus. Die Spuren von Sklavenhaltung am Schiff werfen den stark traumatisierten James Delaney in ein Delirium, in dem er die bösen Geister seines neuen Eigentums austreiben will. Sehr viel kontrollierter geht er mit Schiffen vermeintlicher Auftragskiller um: Er brennt es einfach mal ab. In derartigen Momenten überzieht Taboo die kompromisslosen Züge seines Protagonisten in solch einem Ausmaß, dass es schwer ist, keine parodistischen Intentionen zu erkennen.

Tom Hardy sei Dank macht das aber überhaupt nichts. Sein James Delaney bleibt eine grunzende Naturgewalt, die viel zu viel Spaß macht, als dass wir ihr die teilweise sehr bemüht inszenierten Hau-Drauf-Momente (vor allem die Gerichtssaal-Szene ist mitsamt theatralisch ausgeschütteter Geldtasche eher unfreiwillig komisch) ernsthaft übel nehmen könnten. Eine sehr angenehme Ausnahme unter diesen weitestgehend brachial geschriebenen Figuren ist und bleibt Oona Chaplin als Zilpha "mehr als nur Schwester" Geary. Hinter ihrem von reiner Coolness geformten Gesicht scheint es permanent zu brodeln, ihre Blicke wechseln im Sekundentakt von Wärme zu Überheblichkeit. Sie ist bisher die vielleicht spannendste Figur der Serie, was insofern tragisch ist, als dass ihr in den ersten beiden Episoden viel zu wenig Screentime eingeräumt wurde. Bei all den neuen Figuren darf wohl auch bezweifelt werden, ob sich das noch ändert.

Eine erfreuliche Bereicherung ist Michael Kelly als amerikanischer Spion Dumbarton. Seine Figur steht für einen neu vorgestellten Teil von James Delaneys nach wie vor vollkommen verschleierter Vergangenheit. Hat er, wie Stuart Strange vermutet, tatsächlich einen Deal mit dem Amerikanern? Ist er womöglich gar selbst ein Spion? Die Gründe, das zu glauben, sind einleuchtend. Allerdings fühlt sich die Erklärung ein kleines bisschen zu nahe liegend an, als dass sie ernsthaft als Motivation für Delaney dienen könnte. Delaney jagt in seinem Vorhaben mehr hinterher als Geld, Ansehen oder Ruhm, so viel dürften wir über ihn in diesen ersten zwei Stunden gelernt haben. In jedem Fall werden ihm ganz schön viele Steine in den Weg und Messer in den Bauch gerammt.

"I have no love for the theatre."

Notizen am Rande:

- Die finale Messerstecher-Szene erinnerte (beabsichtigt?) an Hannibal: Ein bisschen klassische Musik zum Auftakt, ein erbarmungslos brutaler Mord als Hauptgang und zum Abschluss ein ordentlicher Happen Menschenfleisch.

- Zum Thema Menschenfleisch: Es ist zu hoffen, dass sich die Andeutungen der Serie nicht bewahrheiten. Das In-Afrika-verschollen-und-jetzt-Kannibale-Motiv ist nun wirklich verbraucht (würde aber weiter zu diesem amüsanten Karikatur-Aspekt Delaneys beitragen).

- Highlight der Episode war wohl ein im Fatsuit kaum zu erkennender Mark Gatiss als schlecht träumender Prince Regent - "Fuck them".

- Dass die vermeintliche Ehefrau des toten Delaneys Lorna heißt, ist entweder eine bewusst gewählte Referenz, oder ein kleiner Fehler in dieser sonst so sorgfältig recherchierten Serie. Den Namen gibt es nämlich vermutlich erst , seitdem der Schriftsteller Richard Blackmore ihn für seinen 1869 veröffentlichten Roman Lorna Doone erfunden hat. In dem Buch verliebt sich der Protagonist John Ridd hoffnungslos in besagte Lorna Doone, die jedoch aus derjenigen Familie stammt, die Ridds Vater ermordet haben soll, und außerdem mit jemand anderem zwangsverheiratet werden soll. Letzten Endes stellt sich raus, dass sie doch nicht der Mörder-Familie angehört, dafür aber eine reiche Erbin ist. Nach einer Reihe von Komplikationen leben sie und John Ridd schließlich glücklich zusammen. Das hat aber vielleicht auch alles nichts mit der Serie zu tun.

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