7 Fragen an Jack_Torrance

03.02.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Will I dream?
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Wenn ein träumender Computer ein Universum erschafft, wenn Johnny Depp einen in die tiefste Enttäuschung tanzt, wenn ein “Fuck you!” den Ruhm nur noch weiter mehrt – dann kann das nur eins heißen: Die 7 Fragen sind wieder da!

Haben sich alle im Operationssaal eingefunden? Gut, dann können wir beginnen. Unser dieswöchiger Freiwilliger, Jack_Torrance, wurde ausreichend sediert und über mögliche Folgen unterrichtet. Herr Professor Doktor Hinkelberger, wenn Sie so freundlich wären, den Hammer beiseite zu legen und die Schädeldecke zu öffnen? Ich sehe, es gibt unter den verehrten Kollegen willige Teilnehmer, die sich für eine ähnliche Untersuchung zur Verfügung stellen würden? Gut, hinterlassen Sie einfach eine Nachricht in Dr. Kängufants Praxis, wir werden dann einen Termin mit Ihnen vereinbaren… Ah, faszinierend: Vor uns sehen wir das Gehirn eines moviepiloten. Man beachte das ausgeprägte Filmzentrum. Nachdem nun alle Elektroden appliziert wurden, das Schnabeltierlaufrad eine ausreichende Spannung erzeugt und wir uns auch nochmal schnell die Hände gewaschen haben, kommen wir nun zum faszinierenden Teil unserer Untersuchung, den 7 Fragen

Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?

Das war ganz eindeutig 2001: Odyssee im Weltraum, ein Film, den ich wohl ewig lieben werde. Als ich ihn mir mit 15 oder 16 angesehen habe, war ich 2 1/2 Stunden lang wie in einem anderen Universum. Als dann der Abspann anfing, kam es mir fast schon so vor, als hätte dieser komische Stanley Kubrick meine Realität völlig auf den Kopf gestellt. Trotz meines Nicknames halte ich nicht Shining, sondern 2001 für Kubricks Essenzwerk, weil er sich hier am schönsten mit seinem Lieblingsthema auseinandersetzt: der Entwicklung der Menschheit. Wenn 2001: Odyssee im Weltraum kein Meilenstein der Filmgeschichte ist, was dann ??

Welchem Schauspieler oder Regisseur würdest du jeden Fehltritt verzeihen? Und womit hat er oder sie diese Nachsicht verdient?

Unter all den großen Namen, die in meinem Kopf herumschwirren – Jim Jarmusch, die Coens – wäre es wohl am ehesten Alexej Balabanow, mein Alter-Ego-Regisseur. Ich fühle mich zu ihm als Menschen so sehr verbunden, dass er von mir aus nur noch Spoof-Filme drehen könnte – ich würde ihn trotzdem lieben. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie ich einen Text über ihn gelesen habe und mir dann erstaunt dachte: “Wow, der ist genau so wie ich!” und ich erinnere mich ganz genau daran, wie glücklich ich darüber war, einen Regisseur (!) gefunden zu haben, der meine Lebenseinstellung nachvollziehen kann. Was noch hinzukommt, ist die Tatsache, dass er den vielleicht wichtigsten russischen Film dieses Jahrtausends – Cargo 200 – gedreht hat, der der russischen Gesellschaft kompromisslos den Spiegel vorhält, was bei einigen fast schon selbstverständlicherweise auf offenen Hass stieß. Dieser Hass ging sogar so weit, dass Balabanow bei einer Vorführung einen aufgebrachten Zuschauer genervt mit den Worten “Пошел на Хуй!” (frei übersetzt “Fick dich!”) beschimpfte. So könnte man diesen Film auch deuten: als dickes fettes “Fuck You!” an den Mythos Sowjetunion und auch an die heutige russische Gesellschaft. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Cargo 200 für Russland das ist, was Sunset Boulevard für Hollywood ist: eine konsequente Demontage! Ein hierzulande viel zu unbekannter Regisseur, den ich nicht oft genug hypen kann!

Wenn deinem Leben ein Soundtrack gegeben werden müsste, welchen würdest du wählen? Und warum?

Hm. Das hängt eigentlich von der Stimmung ab, aber generell passt zu mir am ehesten Dandelion Blow von Franz Ferdinand, und zwar aus dem Grund, dass dieses Lied meinem filmischen Alter Ego Hallam Foe gewidmet ist. Gegen Ende singt Nick Kaspardos: Hallam Foe, it’s time to come alive, it’s time for you to fly… und dieser Satz, dieser Befehl ließe sich auch auf mich übertragen: Ich sollte aus meiner Lethargie erwachen und mit offenen Augen durchs Leben gehen. Aber nun ja, es ist schwerer als es den Anschein hat, aber wir sind hier ja nicht beim Mitleidspsychologen (sic!).

Mit welchem Genre oder welcher Filmgattung kannst du überhaupt nichts anfangen?

Das ist ganz eindeutig der Western. Ich konnte nie verstehen, wieso alle beispielsweise auf diese ganzen Leone-Schinken abfahren. Da wird mir was erzählt von “wunderschöne Inszenierung” oder “subtilem Spannungsaufbau”. Das habe ich weder in Spiel mir das Lied vom Tod noch in Es war einmal in Amerika gesehen – und da bin ich wieder bei meiner Leone-Bashing-Sucht angelangt, aber das ist jetzt ein anderes Thema… Was mir außerdem noch völlig am Allerwertesten vorbeigeht, ist dieses Voice-Over-Geseiere à la Terrence Malick. Auch hier kann ich nicht nachvollziehen, wieso hier manch einer ständig seltsame Orgasmen ablässt, wenn er allein schon den Namen Terrence Malick hört. Der schmale Grat war ja noch halbwegs interessant, aber The Tree of Life ging bei mir völlig unten durch. Da wird eine (eigentlich recht simple) Familiengeschichte zu einem ach so vielsagenden Epos hochgedampft, das nichtssagender nicht sein konnte. Mag ich nicht.

Gibt es ein Buch, eine Serie, die du abgöttisch liebst – und deren Verfilmung dich maßlos enttäuscht hat? Was hätte besser gemacht werden müssen?

Auch hier ist die Antwort ganz eindeutig: Alice im Wunderland von Tim Burton. Dieser Film war auch der Grund, warum ich Tim Burton ’ne Zeit lang für überschätzt hielt. Die Art und Weise, wie Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln in einen Film, der offenbar nur dazu diente, den Zuschauer mit seinen 3D-Effekten zu beeindrucken, gepackt wurden, ist einfach schrecklich – und wenn Johnny Depp am Ende anfängt rumzutanzen, war endgültig nix mehr zu retten! Oh Mann…

I think, we’re gonna need a bigger SPOILERWARNUNG…

Welcher Film hat eindeutig das falsche Ende? Und wie hätte er enden sollen?

Meines Erachtens hat Ben X das eindeutig falsche Ende. (Wer jetzt denkt, es kommen keine Spoiler auf ihn zu, ist doof). Damit meine ich nicht die Katharsis, die hatte in der Tat etwas Herz erwärmendes, sondern die Tatsache, dass sich Scarlite am Ende als imaginäre Freundin von Ben erweist. Klar, auf logischer Ebene ist diese Wendung voll und ganz nachvollziehbar, aber auf gefühlsmäßiger und auf moralischer Ebene ist das für mich nicht ganz astrein. Was will Nic Balthazar uns nämlich damit sagen? Dass Ben zwar seltsam ist, man es aber akzeptieren müsste? Anders konnte ich mir diese Wendung nicht erklären. Wie ich finde hat dieser Gedanke auch etwas abgehobenes: Autisten werden als Sonderlinge dargestellt, die als – hart ausgedrückt – andersartige Menschen akzeptiert werden müssen. Zum Thema Autismus halte ich Mary & Max – oder: Schrumpfen Schafe, wenn es regnet? für den besseren Film, weil er sich wirklich in die Lage des Autisten Max hineinversetzt und ihn in keiner einzigen Sekunde als Sonderling darstellt. Zum Thema Mobbing halte ich Klass für den besseren Film, weil er ganz eindeutig zeigt, dass nicht die Unterdrückten, sondern die Unterdrücker die Vollidioten sind. Bei Ben X hatte ich eher das Gefühl, als stelle der Film beide Seiten als Idioten/Sonderlinge dar. Wie gesagt: für mich nicht ganz astrein.

Welches Filmzitat wolltest du schon immer mal anwenden, hattest aber noch nie die Gelegenheit dazu?

Früher war es “Some are born to endless night.” aus Dead Man, aber mittlerweile klingt mir das im vorgestellten Zusammenhang ein bisschen zu zynisch. Jetzt ist es ein Zitat aus Donnie Darko: “You’re right, actually. I am pretty – I’m, I’m pretty troubled and I’m, I’m pretty confused. But I… and I’m afraid. Really, really afraid. Really afraid. But I… I… I think you’re the fucking Antichrist.” Einerseits, weil es auch meinen seelischen Zustand widerspiegelt, andererseits, weil es keinen genialeren Diss gegen selbstverliebte und unehrliche Möchtegern-Künstler gibt. Einen Regisseur habe ich in der Form schon in Form eines Kommentares gedisst, aber in aller Öffentlichkeit verrate ich seinen Namen nicht (wer mich kennt, weiß eh, wen ich meine).

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