Die Flucht ins Programmkino

27.02.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Artwork für Sehnsucht Odeon
MINDZOO PICTURES
Artwork für Sehnsucht Odeon
8
16
Der Nachwuchs muss gefördert werden. Zwei Filmstudenten der Hochschule Darmstadt geben uns daher einen Einblick in ihren Abschlussfilm Sehnsucht Odeon und stehen uns in einem kurzen Interview Rede und Antwort.

Im Mai sollen die Dreharbeiten für den 45-minütigen Abschlussfilm Sehnsucht Odeon der beiden Filmstudenten Anthony Capristo und Victor Haselmayer beginnen. Der Film wird zum größten Teil von der Hessischen Filmförderung finanziert, doch benötigen die jungen Filmemacher noch einen kleinen Betrag, den sie in professionelle Technik investieren wollen. Das soll nach dem Vorbild der Großen über Crowdfunding geschehen. Wir haben den Co-Regisseur/Autor Anthony Capristo zum Projekt befragt.

Um was geht es in eurem Kurzfilm Sehnsucht Odeon?
Wir erzählen die Geschichte von Marcus, einem adoleszenten Jungen, der unter der unterkühlten Beziehung zu seinem alleinerziehenden Vater Robert leidet. Marcus ist ein Tagträumer, kein Außenseiter, aber jemand, der gerne für sich alleine ist. Wenn ihn die Probleme des Lebens einholen, flüchtet er ins Kino, an den einzigen Ort, der ihm Geborgenheit schenkt und ihn die Konflikte seines Alltags vergessen lässt. Sehnsucht Odeon ist eine leise Männergeschichte, eine Geschichte über Vater-Sohn-Komplexe, über die Komplikationen des Erwachsenwerdens, über die Flucht vor der Wirklichkeit, über den Rückzug ins Heimische und über wahrhaftige Freundschaft. Und, natürlich, ist dies auch ein Film über Filme sowie eine Hommage an das Kino als Refugium.

In eurem geplanten Kurzfilm geht es unter anderem um das Kino als Rückzugsort und das aussterbende Programmkino. Dazu eine provokante Frage: Wir können mittlerweile ja überall Filme schauen (Stichwort: Heimkino, Video on Demand, Smartphones). Warum brauchen wir das Kino überhaupt noch?
Das Kino lässt uns Abenteuer erleben. Es ist ein Ort, an dem wir träumen, an dem wir uns fürchten, an dem wir lachen und weinen. Es lässt uns vor der Wirklichkeit flüchten, es unterhält uns und gleichzeitig kann es uns zu neuen Gedanken anregen. Kino ist Kunst und Kunst ist Inspiration. Es ist schon richtig, dass Filme heutzutage überall und jederzeit verfügbar sind. Wir konsumieren, was wir wollen, wann wir es wollen. Aber das Kino ist immer noch Happening. Wir setzen uns gerne der Dunkelheit des Kinosaals aus, um gemeinsam zu erleben und zu genießen. Viel interessanter erscheint die Frage, ob mit dem Wegfall des aussterbenden Nischenkinos durch sterile High-Tech-Multiplexe nicht ein Teil der Kinokultur verloren geht.

Was macht denn eurer Meinung nach den besonderen Charme von Programm- oder Nischenkinos aus? Was unterscheidet sie von den Multiplexen?
Das kommt auf die persönliche Präferenz an. Wer auf große Kinosäle und große Leinwände steht, auf die neueste Technologie und den angesagten Mainstreamfilm, der wird sich in einem Multiplex-Kino wohlfühlen. Es ist offensichtlich, dass Multiplexe zumeist solche Filme ins Programm nehmen, deren Umsatzerwartung am höchsten liegt, während das kleine Nischenkino von nebenan die Fahne der Kunst in die Höhe zu halten versucht. Der Unterschied liegt, um das mal vorsichtig zu behaupten, im Verständnis für Filme, Kunst und Kino selbst. Ein Programmkino wird auch seine wirtschaftlichen Absichten haben, zumindest insofern als dass es existieren möchte. Und dennoch wollen sie vorrangig die Filme zeigen, die es wert sind, gespielt zu werden, und nicht diejenigen, die voraussichtlich das meiste Geld in die Kasse spülen. Natürlich ist das jetzt eine allgemein gefasste Antwort. Ausreißer in beide Richtungen wird es hier und dort geben, ganz bestimmt sogar.

Als ich die Inhaltsbeschreibung eures Films gelesen habe, musste ich gleich an Cinema Paradiso von Giuseppe Tornatore denken. Habt ihr filmische Vorbilder, die in eurem Projekt miteinfließen?
Tatsächlich ist Cinema Paradiso eine Inspirationsquelle für uns gewesen. In einer Schlüsselszene des Films verbeugen wir uns sogar vor diesem Meisterwerk. Aber auch Die Träumer von Bernardo Bertolucci, Good Will Hunting von Gus van Sant und Sie küßten und sie schlugen ihn von François Truffaut dienten uns als Vorbilder für den Film.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News