James Camerons Avatar - Helden in blau

11.12.2009 - 09:37 Uhr
Avatar
20th Century Fox
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James Camerons Avatar besticht durch eine großartige Fantasygeschichte, weniger durch spektakuläre 3D-Effekte. Camerons Werk fusioniert eine exzellente Story mit tollen Bildern, die in 2D genauso faszinierend gewesen wären.

Manchmal wirkt Avatar – Aufbruch nach Pandora gar wie ein Animefilm, der in den 1990ern entstanden ist. Wer spektakuläre 3D-Effekte erwartet, wird zwar enttäuscht sein, aber dennoch hingerissen von einem animierten Abenteuer-Fantasy-Epos der Superlative. Was James Cameron hier auf die Beine gestellt hat, ist mit Sicherheit einer der besten Blockbuster der letzten Jahre. Auch wenn das Resultat nicht dem Hype gerecht wird und ebenso wenig “das Kino revolutionieren” wird, wie der kanadische Regisseur vollmundig behauptete. Avatar bringt kein neuartiges audiovisuelles 3D-Fest, aber einen erstaunlich nachdenklich machenden und unterhaltsamen Genre-Fusionfilm.

Um das Kino zu revolutionieren, bedarf es mehr als ein neuartiges 3D-Verfahren. Tatsächlich wirken die Spezialeffekte trotz der langen Produktionsphase keineswegs umwerfend, vielmehr unnötig. Dort, wo Stop-Motion realistische Bilder liefern sollte, hätte auch die 2D-Erfahrung ausgereicht. Etliche Szenen, die Gänsehaut hervorrufen sollen, hinterlegten die Macher mit schwülstiger Musik. Doch kann ein kitschiger Soundtrack leider nichts kompensieren, wo starke Bilder fehlen. Avatar – Aufbruch nach Pandora wird vielmehr als gelungene Mischung zwischen Militär-, Science-Fiction- und Fantasyfilm in die Geschichte eingehen. Der von Cameron geschriebene Plot ist simpel genug und gleichzeitig ausreichend detailliert, um sowohl Freunde des Actionkinos, als auch Cineasten zu erfreuen. Zudem integriert er eine antikolonialistische Sozialkritik, die den Zuschauer über die Kriegsstrategien ihrer Regierungen der heutigen Welt nachdenken lässt.

Ob Avatar als Parabel auf das Bush-Regime zu verstehen sei, wollten einige Kritiker auf der Pressekonferenz wissen. Die Beantwortung der Frage fällt leicht: Camerons Absicht ist es offenkundig, mit Avatar – Aufbruch nach Pandora auch ein wenig das Selbstverständnis des Zuschauers ins Wanken zu bringen. Mit einem renommierten Linguisten, mit Kulturwissenschaftlern und Botanikern arbeitete er zusammen, um den Planeten Pandora zugleich als faszinierend schönen Spiegel unserer Erde und fremdartig angstmachenden gefährlichen Ort zu visualisieren. Avatar gelingt, was nicht vielen Blockbustern gelingt: Der Film regt zum Nachdenken an.

Der erste Kontakt mit der Na’vi-Kultur fällt dem Zuschauer nicht leicht. Einerseits wirken die blauen Wesen schön, irgendwie aber auch “anders” und “fremdartig”. Die von Zoe Saldana gespielte Neytiri wird keineswegs als aufs Äußerliche reduzierte Gegenpart-Frau porträtiert, in die sich unser Held (Sam Worthington) verliebt. Ihre Sichtweise auf die Welt öffnet sich dem Zuschauer erst im Verlauf des Films, parallel zur veränderten Wahrnehmung der Hauptfigur. Worthington spielt glaubhaft den kindischen Ex-Marine, der eine Entwicklung hin zum verantwortungsbewussten Erwachsenen durchmacht. Auch wenn der 33jährige Australier erst in diesem Jahr mit Terminator: Die Erlösung bekannt wurde, bewährt er sich neben Schauspielgrößen wie Sigourney Weaver. Ob er mehr kann als den Actionheld zu geben, wird er nach seiner Perseus-Rolle in Kampf der Titanen zeigen müssen.

Nach fast drei Stunden Laufzeit hat Cameron wieder einmal bewiesen, der Experte für extrem teure Blockbuster zu sein. Avatar – Aufbruch nach Pandora ist unterhaltsames, aufwändiges Popcornkino der Spitzenklasse und verzichtet auf eine dumpfe Handlung und Übertünchung eines fehlenden Plots durch Explosionsgeräusche. Sollte Avatar – Aufbruch nach Pandora den Sprung hin zum Familienfilm schaffen, so könnte er einer der umsatzstärksten Filme des Jahres werden. Zu wünschen wäre es ihm, schließlich bietet der Film abgesehen von einigen Schwächen wie der extremen Überlänge und der störenden, durch Video-Logs verstärkten Ich-Perspektive der Hauptfigur mitreißendes Fantasykino.

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