Prometheus, Hollywood und verhunzte Drehbücher

19.03.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
God does not build in straight lines.
moviepilot/20th Century Fox
God does not build in straight lines.
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Prometheus stahl das Feuer und wurde von den Göttern bestraft. Könnte es einen passenderen Filmtitel für Ichundsos Analyse geben, warum Studios ihren Autoren nicht die Filme stehlen sollten? Wir Kinozuschauergötter bestrafen nämlich auch gerne…

An alle, die Prometheus – Dunkle Zeichen noch nicht gesehen haben: Ich beschreibe im Text eine Szene des Films, bleibe aber im Großen und Ganzen spoilerfrei.

Im Juni 2010 präsentierte Regisseur Ridley Scott der Presse erstmals seine klar umrissenen Pläne für eine Fortführung des Alien-Franchises in Form von mindestens zwei Prequels. „Das Drehbuch ist fertig. Ich bin in der Vorbereitung“, sagte er damals und versetzte mit dieser Ankündigung eine große Anzahl von Fans in freudige Erwartung. Das Projekt war seit Jahren von Scott und 20th Century Fox hin-, her- und aufgeschoben worden, vermutlich war der Autor, über dessen Skript Scott sprach, nicht einmal der Erste gewesen, der mit dem Verfassen einer Alien-Vorgeschichte beauftragt worden war.

Der Drehbuchautor, auf dessen Skript sich Scott damals bezog, heißt Jon Spaihts. Die beiden hatten sich oft allein und mit Verantwortlichen von Fox getroffen, gemeinsam an der Story gearbeitet und diese entwickelt. In dieser Zeit war das Projekt mehr und mehr zu einem Alien-Spin-Off (oder wie Scott es später bezeichnete, zu einem „Film mit Alien-DNA“) als zu einem eindeutigen Vorläufer geworden. Spaihts’ erste Fassung war nach seinen Angaben ein vollblütiges Alien-Prequel gewesen, mit Facehuggers und anderen Monstern aus den alten Filmen.

Zudem erzählte Spaiths in einem Interview mit Empire¹ von einer interessanten Geschichte betreffend die Szene, die wohl für jeden Genrefan das Highlight von Prometheus darstellte: Die von Noomi Rapace gespielte Elizabeth Shaw muss sich in einem sogenannten „Medpod“, einem gläsernen Behälter, der automatische Operationen durchführt, bei vollem Bewusstsein ein in ihrem Körper wachsendes Monster herausoperieren lassen. Die Idee ist immer noch toll. Sie stammt von Jon Spaihts, der sie jedoch in der ursprünglichen Fassung auf eine andere Szene hatte folgen lassen: Der Android David nimmt einen Facehugger aus einem Behälter, streichelt ihn zärtlich und lässt ihn dann auf Elizabeth Shaw los. Wenn man nur daran denkt, wie Michael Fassbender diese Szene gespielt hätte, klingt das nach einer wirklich bedauerlichen Umänderung des Drehbuchs. Es war nicht das einzige Zugeständnis, dass Spaihts machte, mehr und mehr wurde sein Prequel zu einem Science Fiction-Film, der zufällig im gleichen Universum wie Alien spielte, bis Ridley Scott und Fox schließlich damit zufrieden genug zu sein schienen, um an die Öffentlichkeit zu gehen. Doch damit war die Geschichte noch nicht einmal am Ende.

Aus (zumindest soweit ich weiß) mehr oder weniger unbekannten Gründen engagierte Scott kurz darauf nämlich noch einen völlig neuen Autoren, den Lost-Mitschöpfer Damon Lindelof. Eine späte, Alien: Engineers betitelte Version von Spaiths‘ Skript tauchte einige Zeit nach dem Release von Prometheus im Internet auf und ermöglichte einen Einblick darin, was Lindelof damit angestellt hatte², es im Wesentlichen nämlich fast von allen Alien-Verbindungen befreit und noch dazu einige Erklärungen für die unzähligen Ungereimtheiten im fertigen Film gestrichen. Im März 2011 bei Drehstart war das Drehbuch fertig, nach fast eineinhalb Jahren in Produktion. Fast eineinhalb Jahre, in denen aus einer Alien-Prequel-Geschichte ein unebener Weltraumthriller mit beinahe bizarren, spirituellen Anklängen wurde, so mit Logiklöchern³ vollgestopft, dass es fast aus nichts anderem mehr zu bestehen scheint. Natürlich ist das schwer zu beurteilen für jemanden, der das Originalskript nicht kennt, aber bei der ganzen Geschichte kann man schon den Eindruck gewinnen, Ridley Scott wäre gut beraten gewesen, einfach das erste Drehbuch zu verfilmen. Die Fans, die Prometheus reihenweise verteufelten, wären jedenfalls deutlich zufriedener gewesen.

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