Wir versuchen uns mit unseren Artikeln immer ein bisschen am filmischen Weltgeschehen zu orientieren. Läuft ein Film mit kulinarischem Schwerpunkt an, präsentieren wir euch das erste Mal mit Heißhunger, läuft ein Film von Casey Affleck an, beraten wir über seine Aufnahme als Ehrenpilot usw. In diesem Fall nehmen wir aber ein sehr realistisches Thema zum Anlass für unsere Gretchenfrage: Der DAX fällt auf FDP-Niveau. Anlässlich dieser Krise, wollen wir mit euch darüber diskutieren, welcher Film über Krawall an der Börse euch mehr überzeugt hat: Wall Street oder Wall Street 2: Geld schläft nicht?
Hintergrund der Oliver Stone-Filme
Vorbild für den ersten Börsen Film von Oliver Stone waren Personen wie Dennis Levine und Ivan Boesky, die beide in den 80er Jahren in Börsenskandale verwickelt waren. Mit nur 33 Jahren war Dennis Levine der Kopf eines Insider-Rings an der Wall Street und scheffelte einen Haufen Geld, bevor die amerikanischen Behörden ihm den Hahn abdrehten. Im Zuge dessen geriet auch Ivan Boesky ins Auge der Ermittler. Der war unter anderem durch seine “Gier ist gut”-Rede vor den Absolventen der Haas School of Business der University of California aufgefallen, auf die auch in den Wall Street-Filmen angespielt wird. Eigentlich wollte Oliver Stone keine Remake zu seinem Film drehen, der ja offensichtlich einen zeitgeschichtlichen Hintergrund hatte. Aber die Finanzkrise des anbrechenden 21. Jahrhunderts änderte seine Meinung.
Pro für Wall Street
Wall Street kam 1987 in die Kinos und erntete insbesondere für Michael Douglas in der Rolle von Gordon Gekko positive Kritiken. Er erzählt die Geschichte des jungen Börsenmaklers Bud Fox (Charlie Sheen), der durch Insidertipps der Schützling seines Idols Gordon Gecko wird. Auf seinen schnellen Aufstieg folgt jedoch der tiefe Fall und er muss erkennen, dass Gecko sich nie wirklich für ihn, sondern nur für den eigenen Gewinn interessiert hat. Michael Douglas erhielt sowohl den Oscar als auch den Golden Globe für seine Performance, während Daryl Hannah, die die Freundin von Bud Fox spielt, mit der goldenen Himbeere bestraft wurde. Zum Glück spielen Frauen in diesem Film aber eine sehr untergeordnete Rolle.
Oliver Stone hat seinen Film so konstruiert, dass der Börsenlaie ebenso fasziniert zuschauen kann wie der Fachmann. Dies gelingt ihm dadurch, dass durch die teilweise hoch komplexe Handlung das Motiv der unendlichen Gier klar durchscheint und die Charaktere genug Identifikationsfläche schaffen, um auch ohne Hintergrundwissen am Ball zu bleiben. Charlie Sheen wirkte damals für viele Kritiker zu unschuldig für einen aufstrebenden Börsenmakler (die hätten ihn mal heute sehen sollen!), auf der anderen Seite lässt sich argumentieren, dass er den naiven Anteil seiner Figur perfekt verkörpert. Die moralische Keule am Schluss stieß ebenfalls so manchem auf. Im Großen und Ganzen aber hat der Film als überzeugende Darstellung der Wall Street Filmgeschichte geschrieben.
Pro für Wall Street 2: Geld schläft nicht
Wie gesagt bewegte die frische Finanzkrise Oliver Stone zu einer Fortsetzung. Daher dreht es sich diesmal auch weniger um Insidergeschäfte als um die Konsequenzen dieser Krise. Im Zentrum steht erneut ein junger Mann, Jake Moore gespielt von Shia LaBeouf, mit großen Ambitionen an der Börse. Der ist zufällig mit der Tochter von Gordon Gekko zusammen, der auf Grund seiner Insidergeschäfte im Gefängnis gesessen hat. Als Gekko entlassen wird, nimmt Jake heimlich Kontakt mit ihm auf und wird – wie schon Bud Fox – vorübergehend zum Schüler des großen Meisters. Seine Freundin Winnie (Carey Mulligan) ist davon wenig begeistert, da sie ihren Vater für einen unverbesserlichen Betrüger hält.
Und da liegt auch der Hauptkritikpunkt: Teilweise steht dieser Familienkonflikt stärker im Mittelpunkt als die Finanzgeschäfte. Das ist besonders schade, da Oliver Stone erneut die Atmosphäre an der Börse, in diesem Fall die Verzweiflung während der Krise, sehr überzeugend darstellt. Michael Douglas glänzt in seiner Rolle erneut derartig, dass er den jungen Shia LaBeouf vollkommen in den Schatten spielt. Zudem liefert uns Oliver Stone eindrucksvolle Bilder der Stadt New York, leider aber wieder ein unbefriedigendes Ende.
Beide Filme haben ihre Schokoladenseiten und Wermutstropfen. Aber welches Werk von Oliver Stone hat euch persönlich mehr überzeugt?