Das Genre der Filmparodie war am Ende der 1970er längst nicht mehr neu: In nicht weniger als 28 Filmen aus der britischen Carry-On-Filmreihe (unter anderem Ist ja irre - Cäsar liebt Cleopatra) wurde seit 1958 schon nahezu jede Filmgattung durch den Kakao gezogen und auch Mel Brooks hatte 1974 mit Der wilde wilde Western schon sein parodistisches Gesellenstück abgeliefert. Doch als Jim Abrahams 1977 mit den Brüdern Jerry und David Zucker um die Ecke kam und John Landis die Vorlage zu seinem Kentucky Fried Movie lieferte, war der Startschuss zum absoluten Siegeszug der Filmpersiflage abgefeuert. 1980 folgte Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug, bei dem das Trio dann auch selbst Regie führte, und 1982 die TV-Serie Die nackte Pistole mit Leslie Nielsen, aus der schließlich die Nackte Kanone-Reihe entstand. Mein Herz für Klassiker möchte ich aber heute einem Film von Jim Abrahams widmen, der einen der absoluten Höhepunkte des Genres darstellt, aber ebenso auch wie einer der letzten warmen Sommertage vor dem Beginn eines tristen Herbstes das (vorläufige) Ende einer schönen Zeit markiert: Hot Shots! - Der zweite Versuch aus dem Jahr 1993.
Schon 1991 hatte sich Abrahams mit Pat Proft, einem der Schöpfer der erfolgreichen und langlebigen Police Academy-Reihe, zusammengetan und mit Hot Shots! - Die Mutter aller Filme ein astreines Gag-Feuerwerk gezündet. Kein Hollywood-Kassenschlager war sicher vor den manchmal geschmacklosen, oft klamaukigen, aber immer liebevoll erdachten Pointen der beiden Drehbuchautoren, die sie wie ein Maschinengewehr-Dauerfeuer auf die Zuschauer losließen. Doch wer damals glaubte, dass diese stellenweise schon dadaistisch anmutende Gag-Lawine nicht mehr übertroffen werden kann, täuschte sich gewaltig. Mit Hot Shots! Part Deux - so der Originaltitel der Fortsetzung - erhöhten Abrahams und Proft die Schlagzahl erneut und nahmen alles auf den Arm, was nicht bei Drei auf einem Baum saß: Von Rambo über Basic Instinct bis Casablanca.
"Was liest du da?"
"Große Erwartungen."
"Und, ist es gut?"
"Ich hab' mir mehr davon erhofft."
Besonders schön ist dabei, dass der Humor ähnlich wie auch bei Die nackte Kanone nicht nur auf den Vordergrund beschränkt bleibt. Wenn Charlie Sheen vor der Kamera ein Gespräch mit Richard Crenna führt, der hier seine eigene Darstellung des Colonel Trautman in den ersten drei Rambo-Filmen wundervoll aufs Korn nimmt, dann entfaltet sich im Hintergrund noch eine zweite Witz-Ebene, auf der Mönche im Zölibat sich in einer Schlange anstellen, um die schöne Agentin Michelle Huddleston (Brenda Bakke) nach und nach von ihren außergewöhnlichen Talenten zu überzeugen. Und wenn die Protagonisten in bester Apocalypse Now-Manier über einen Dschungelfluss schippern, dann werden auch mal drei Witze in einen gepfercht: So fährt auf einem anderen Boot natürlich Martin Sheen vorbei, dessen Rolle in Francis Ford Coppolas Vietnam-Epos just in diesem Moment parodiert wird und zwar von niemand anderem als seinem eigenen Sohn. Und weil damit noch nicht genug ist, rufen sich beide noch zu, wie toll sie den jeweils anderen in Wall Street fanden. Gagception - Großartig!
Aber selbst vor den Grenzen des Films selbst wird nicht halt gemacht: Wenn die feurige Ramada (Valeria Golino) aus Teil 1 plötzlich mitten im Dschungel auftaucht und gefragt wird, was sie dort mache, dann durchbricht sie wie selbstverständlich die vierte Wand und antwortet, dass es nun mal eine Fortsetzung sei und sie daher dabei sein müsse. Und auch mit dem Verblassen des letzten Bildes ist noch längst nicht Schluss, denn selbst der Abspann strotzt noch vor Humor. So ist dort unter anderem zu lesen: "Lustige Tatsache: Der Schauspieler Richard Crenna hat die Tartar-Sauce erfunden." Aber auch der endgültige Schluss des Films markiert noch immer nicht das Ende der Fahnenstange: Mit Hearts of Hot Shots! Part Deux - A Filmmaker's Apology schufen die Macher darüber hinaus noch eine absurde Fake-Dokumentation über die Dreharbeiten, die die Doku Reise ins Herz der Finsternis über die Entstehung von Apocalypse Now aufs Korn nimmt.
"Kein Witz. Wenn ich einen Witz machen würde, würde ich sagen: Kommt ein Pferd in eine Bar, fragt der Barkeeper: 'Warum so ein langes Gesicht'?"
Aber ein Loblied auf Hot Shots! - Der zweite Versuch kann nicht gesungen werden, ohne zumindest eine Strophe über die fantastischen Darsteller einzubauen, die den Gags von Abrahams und Proft ein Gesicht geben. Allen voran beweist natürlich Charlie Sheen, dass er nicht nur ein Hollywood-Proll ist, sondern ein Hollywood-Proll mit gottgegebenem, komödiantischen Talent: Aufgepumpt auf Rambo-Maße grimassiert er seinen Topper Harley nie ins absolut Groteske, sondern schafft es, ihn inmitten all des Humbugs und der Blödeleien noch als menschlichen Charakter darzustellen. Ebenso sieht es bei Filmpartnerin Valeria Golino aus. Und als absolute Geheimwaffe wartet dann noch Lloyd Bridges, der als US-Präsident Benson allein durch seinen verwirrten Blick zum herzhaften Lachen anregt.
Leider ging es für das Genre der Filmparodien mit Fortschreiten der 1990er steil bergab. Mel Brooks' Robin Hood - Helden in Strumpfhosen, Loaded Weapon 1 (beide 1993) sowie Die nackte Kanone 33 1/3 (1994) hielten die Fahne zwar noch halbwegs hoch, doch mit Filmen wie Mafia! - Eine Nudel macht noch keine Spaghetti! (1998) oder Agent 00 (1996) wurde es zusehends liebloser, repetitiver und beinahe peinlich. Diese Filme stellten zudem auch eine Staffelstab-Übergabe da, die dem Genre offensichtlich nicht gut tat: Während Mafia! Jim Abrahams vorerst letzter Film war, gab das Duo Jason Friedberg und Aaron Seltzer mit Agent 00 seinen Einstand. Beide waren neben dem Hoffnungsschimmer Scary Movie (2000) für einige der größten Genre-Katastrophen verantwortlich: Date Movie (2006), Meine Frau, die Spartaner und ich (2008) sowie Die Pute von Panem - The Starving Games (2013) sind nur drei Peinlichkeiten aus dieser Liste. Diese seelenlosen, möglichst billig und schnell produzierten Machwerke tragen eine große Mitschuld am Niedergang der einst so großartigen Filmparodie.
Doch es gibt einen kleinen Silberstreif am Horizont: Nachdem aus einem geplanten Reboot von Die nackte Kanone mit Hangover-Star Ed Helms nichts wurde, arbeiten derzeit David Zucker und Pat Proft an einem Drehbuch für einen vierten Teil. Das verriet Zucker 2017 in einem Interview mit dem Daily Cardinal . Nun, 25 Jahre nachdem die große Zeit der Filmparodie mit Hot Shots! - Der zweite Versuch zu Ende ging, wäre es doch wirklich mal an der Zeit für einen würdigen Erben.
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