Letzte Woche wollten wir von euch wissen, wie viele verschiedene Filme ihr in eurem gesamten bisherigen Leben wohl geguckt habt. Die Zahlen variierten in den Kommentaren ganz ordentlich. Heute wird es etwas spezifischer und wir bewegen uns ins Gebiet der Film-Dramaturgie, wo uns ab und an ein unvorhersehbarer Twist den Atmen raubt. So lächerlich viele Überraschungen am Ende wirken, so effektiv können manche aber sein. Wir fragen dich: Bei welchem Film-Twist bist du mitsamt deinem Ohrensessel aus den Latschen gekippt? Auch wir haben überlegt, welcher Mindfuck uns gefallen hat:
Johanna fällt immer wieder auf Edward Norton herein
Achtung, Spoiler zu Zwielicht und Fight Club: Es gab schon so einige WTF-Momente, die ich beim
Filmeschauen erlebt habe, aber nie hat mich jemand mehr in Erstaunen versetzt als
Edward Norton in Zwielicht und Fight Club. Was war ich schockiert, als Aaron
Stampler (Ed Norton) am Ende von Zwielicht durch einen kleinen Versprecher
durchblicken ließ, dass seine zweite Persönlichkeit nur eine Farce war und was
jagte mir sein diabolischer Blick für einen Schrecken ein, wenn er sagt: Es gab
nie einen Aaron. Bei Fight Club erlebte ich dann eine etwas andere Variante des
Mindfucks. Da schwindelte es mir, als sich die Melodie von
Where is my Mind? von den Pixies über die letzten Bilder des Films legte und ich rätselte, von was ich da eigentlich Zeuge geworden war. Noch bis heute
entdecke ich in jedem neuen Durchgang kleine Details, die mir beim ersten und
zweiten und dritten Gucken entgangen sind... und die mir immer eine etwas
andere Perspektive auf den Film eröffnen.
Hardy denkt darüber nach, ob seine Auswahl in die Mindfuck-Schublade zu stecken ist.
Hier gibt es Spoiler zu Life of Pi und We Need to Talk About Kevin: "And so it goes with God." Man könnte Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger vorwerfen, er würde im Schlussakt seine Symbolik faul ausbuchstabieren. Aber mit der zusätzlichen Entmystifizierung der Geschichte, erreicht er eine Verstärkung der Symbolik und gibt außerdem einen wichtigen Kommentar zu religiösen Überlieferungen. Lynne Ramsays betäubendes Aufarbeitungs- und Schulddrama We Need to Talk About Kevin ließ mich mit den verstörendsten letzten Minuten seit Oldboy zurück.
Alexander sieht im Mindfuck eine ultimativ subjektiv erhöhte Erfahrung, die oft im Twist verwurzelt sein kann, es aber nicht zwangsläufig sein muss: Daher an dieser Stelle für mich bedeutende Twists ohne Beachtung des Wortes Mindfuck. Unweigerlich kommt mir da die südkoreanische Rache-Tragödie Oldboy in den Sinn, deren finaler Twist gleichzeitig sowohl der meisterhafte Triumph des Erschaffers (Regisseur) als auch Erschafften (Charakter) ist. Mit großer Gespanntheit, Präzision und Kompromisslosigkeit wird aufs furiose Finale vorbereitet, das mich mit seiner emotionalen Wucht und kompositorischen Leichtfüßigkeit tief trifft. Anders, aber ähnlich bezaubernd ist der surreale lynch'sche Trip auf dem Mulholland Drive mit Naomi Watts, auf dem ich mich immer wieder selbst als Detektiv fühle, dann wieder als Zuschauer, in einer Welt, die sich selbst konstruiert wie dekonstruiert und die nach den Blüten des Unbewussten und dem Konflikt von äußerer und innerer Realität duftet. Die möglicherweise lebendigste, wahrhaftigste Annäherung an diese Welt ist dieser wunderschöne cineastische Traum (oder Albtraum?).
Andrea hat ein Herz für Bruce Willis' Überraschungskiste
Achtung, Spoiler zu Unbreakable, 12 Monkeys, Looper und Kampf der Welten: Nicht nur, war ich damals einer dieser Heranwachsenden, die glaubten, The Sixth Sense ist das krasseste, was sie jemals sehen werden, auch heute blicke ich mit Wohlwollen zurück auf Bruce Willis und all diese Twists, die mir seine Filme bescherten. Sei es sein Superheldentum in Unbreakable, seine Zeitschleife in 12 Monkeys oder sein Zeitreise-Chaos in Looper. Abseits der Willis'schen Trickkiste war ich immer schon großer Fan davon, dass am Ende von Kampf der Welten die Aliens nicht den Menschen, sondern den Mikroorganismen des Planeten unterlagen. Einfach so. Puff. Aus der Traum von einer Invasion!