Auf den ersten Blick stimmt in der Tragik-Komödie von David O. Russell alles: Die Dialoge sind witzig und schlagfertig, die Kritiker begeistert, das Zielpublikum breit und alle scheinen wenig überrascht von der Oscar-Nominierung von Silver Linings. Auch das Thema eines mental ‘herausgeforderten’ Menschen, der unter einer bipolaren Störung leidet, bietet Abwechslung zu den vielen anderen romantischen Komödien, die sich doch meist um die gleichen Probleme drehen. Doch irgendwie kann sich Silver Linings nicht so richtig entscheiden, was er sein will. Fängt der Film mit einem ernsten Thema an und konzentriert sich doch hauptsächlich auf den von Bradley Cooper verkörperten Pat, kippt das Drama in der Mitte des Films plötzlich. Wo vorher die Rede davon war, dass Pat keine Medikamente nehmen möchte, weil er sich sonst betäubt und aufgedunsen fühlt und es dadurch des öfteren gewalttätigen Wutausbrüchen kommt, ist plötzlich vor allem der bevorstehende Tanzwettbewerb Thema, wozu natürlich auch seine ungewöhnliche und selbstbewusste Tanzpartnerin Tiffany (Jennifer Lawrence) ihren Teil beiträgt.
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David O. Russell ist für sein provokatives Verhalten bekannt; er geriet schon häufig mit Schauspielern wie George Clooney und Lily Tomlin aneinander und auch viele Kritiker stehen seinen Werken gespalten bis negativ gegenüber. In der Klatschpresse machte David O. Russell ebenso von sich reden. Dort wurde ihm unter anderem vorgeworfen, er habe seine Nichte begrapscht. Sein erster Langspielfilm, Spanking the Monkey (dt. ugs. für Masturbation), sorgte für viel Aufmerksamkeit, erhielt unter anderem den Publikumspreis auf dem Sundance Film Festival. Die kontroversen Reaktionen könnten für die Bekanntheit eines Films durchaus positive Auswirkungen haben, da sie auch für einiges Interesse und Diskussion sorgen. Für die Oscar-Jury jedoch bedeuten sie in der Regel einen Minuspunkt, ist ein glanzvolles Image in Hollywood doch durchaus von Vorteil.
Was die Rezeption von Silver Linings angeht, mit dem David O. Russell weniger angeeckt als mit seinem Spielfilmdebüt, ist das Hauptmotiv des Oscar-nominierten Streifens sehr viel weniger provokativ als einige vorangehenden Filme des Regisseurs. Vor allem die Leistungen der Schauspielerinnen und Schauspieler sind herausragend. So kann Jennifer Lawrence mit Esprit, erfrischender Ehrlichkeit und zugleich der Verkörperung von Zerbrechlichkeit der Protagonistin überzeugen und gewann unter anderem einen Golden Globe sowie diverse Kritikerpreise als Beste Schauspielerin. Bradley Cooper überrascht mit einer authentischen und einfühlsamen Interpretation des Pat Jr., welche ich ihm nach zuckersüßen RomComs wie Er steht einfach nicht auf Dich und Valentinstag nicht zugetraut hatte. Auch er gewann einige Preise als Bester Schauspieler (z.B. auf dem Hollywood Film Festival und den Broadcast Film Critics Association Award).
Insgesamt ist Silver Linings eine außergewöhnliche Liebesgeschichte um einen psychisch kranken jungen Mann, welche durchaus mit einem sehr talentierten Cast, spritzigen Dialogen und einer unkonventionellen Story punktet. Meiner Meinung nach reichen die positiven Aspekte des Films jedoch nicht für einen Oscar; ist die Entwicklung der Geschichte doch zu wenig kohärent, David O. Russell zu kontrovers und und die bisher gewonnenen Preise (AFI Life Achievement Award, Mill Valley Film Festival Audience Award, Satellite Award) vermutlich nicht wichtig und zahlreich genug, um die Jury zu überzeugen.
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