Diese Woche gibt es
meinen Lieblings-Weihnachtsfilm #2. Doch bevor meine Kritik beginnt, die
obligatorische Warnung: Meine Kritiken sind niemals ganz spoilerfrei. Wer sich
nicht zuspoilern lassen will, sollte jetzt weg hören.
„Mach nen Striptease du Scheisser oder ich bohr dir ein zweites Arschloch!“ Hört sich nach einen sehr weihnachtlichen Film an oder nicht? In der Tat ist das ein Zitat aus dem Klassiker „Die Glücksritter“ von 1983. Zeitlich spielt die Handlung zwischen kurz vor Weihnachten, Silvester und Neujahr. Man könnte also sagen: Es ist ein Weihnachts-/Silvesterfilm.
Sehr stilsicher beginnt dieser Spielfilm mit
der Ouvertüre aus Mozarts „Le nozze di
Figaro“. Darin spielt Dan Aykroyd einen Snob namens Louis Winthorp III, der bei
Duke&Duke, einer Gesellschaft an der Börse, arbeitet. Winthorp ist ein
Unsympath, der seinen Untergebenen Coleman -von Denholm Elliot dargestellt- ununterbrochen von oben herab behandelt und ihn nicht als Mensch ernst nimmt.
Generell lebt Winthorp in seiner eigenen kleinen Welt, die für ihn die einzig
reale ist. Genau dieser Umstand soll ihm aber bald zum Verhängnis werden, denn
den Inhabern des Unternehmens Duke&Duke, Mortimer und Randolph, ist ganz offensichtlich langweilig und sie
entscheiden sich dazu, mit einer Wette etwas gegen diese Langeweile zu tun: Sie
wollen in einer Form von sozialem Experiment herausfinden, ob ein Mensch aus einer
schlechten Umgebung sich genauso gut entwickeln und an Winthorps Stelle
arbeiten kann. Der andere Teil der Wette besteht darin, dass Winthorp total
abstürzen und sich der Kriminalität zuwenden muss. Wie aufs Stichwort taucht
dann Billy Ray Valentine alias Eddie Murphy auf, der dieses lange gesuchte
verkommene Subjekt zu sein scheint. Es kommt dann auch noch zu einem
schicksalhaften Missverständnis, als Valentine aus Versehen in Winthorp
hineinläuft und der dann das Ganze sofort für einen Überfall hält. In der Folge
wird Valentine eingesperrt, Winthorp lässt sich gönnerhaft als Held für sein
tapferes Verhalten feiern und die Duke-Brothers holen eben diesen Valentine
wieder aus dem Knast, weil sie erkannt haben, dass er ein geeigneter Kandidat
für ihr Experiment ist. Irgendwie schaffen es die Dukes dann, Winthorp zu diskreditieren. Eine Prostituierte namens Ophelia (Jamie Lee
Curties) nimmt Winthorp bei sich auf und will ihm wieder auf die Beine helfen,
wenn er sie bei Erfolg am Ende belohnt. Am Ende gibt es ein Happy End, aber wie
es genau dazu kommt, müsst ihr euch selber anschauen.
Es ist ein Film, der dem Zuschauer ständig wieder den Spiegel vorhält: Es kommen Fragen auf wie „Was ist wirklich wichtig?“, „Gehst du mit deinen Mitmenschen gut um?“ oder „Was würde ich selber machen, wenn ich einmal in eine solche Situation geraten würde?“. Der Zuschauer reflektiert die ganze Zeit seine eigene Situation. Die Protagonisten sind lediglich der Spielball der beiden Dukes und sie machen mit ihnen, was sie wollen. Dieses Ausgeliefert-Sein ist das, was den Film interessant macht. Denn letztendlich können die beiden nur aus diesem perfiden Plan heraus, weil sie sich zufällig über den Weg laufen und von dem Schicksal des jeweils anderen erfahren. Also ist das Schicksal doch am Ende nicht steuerbar? Können die Dukes egal wie reich sie sein mögen, das Schicksal doch nicht manipulieren? In Anbetracht der vielen Fragen, die sich während des Films ergeben, wirkt der Titel des Films nicht wirklich treffend. Dieser ist meines Erachtens leider wirklich etwas unglücklich gewählt und beschreibt nicht das gesamte Handlungsspektrum, das dieser Film abdeckt. Besser ist der Originaltitel im Englischen: Hier heißt der Film „Trading Places“, was einerseits mit dem Fachbegriff „Handelsplätze“ –wie es sie eben an der Börse gibt- übersetzt werden, andererseits aber auch „Rollentausch“ bedeuten kann. Angelehnt ist die Story des Films an den Klassiker „My fair lady“, der 1912 in London seine Uraufführung feierte. Einziger Unterschied ist, dass man hier nicht nur einen Protagonisten „umgewöhnt“ und beobachtet, wie er sich entwickelt, sondern zwei Personen die Rolle tauschen und sie sich in total entgegengesetzte Richtungen entwickeln lässt. Eine weitere Vorlage dieses Films findet man in dem 1953 entstandenen Werk „The Million Pound Note“ von Ronald Neame. Bei Aykroyds Darstellung von Winthorp ist es paradox, dass man ihn am Anfang verachtet und irgendwann für ihn Mitleid empfindet. Überhaupt ist es so, dass die Frage, welche Voraussetzungen vorhanden sein müssen, damit jemand erfolgreich im Leben und im Berufsalltag ist, uralt ist. Liegt es an den Genen? Oder ist es ein Produkt erstklassiger Ausbildung? Das Thema ist, wenn dieser Film auch mittlerweile 34 Jahre alt ist, aktueller denn je.
Warum schaue ich mir den Film jedes Jahr aufs Neue an? Ich könnte jetzt sagen, weil er unterhaltsam ist und sich zu einer schönen Tradition in meiner Vorweihnachtszeit entwickelt hat. Aber ich sehe ihn vor allem auch immer wieder deshalb gerne an, weil mir persönlich Coleman, Winthorps und später Valentines Diener so gut in Bezug auf seine schauspielerische Leistung gefällt. Ich habe es selten gesehen, dass ein Schauspieler nur mit seiner Mimik so viel ausdrücken kann, wie Denholm Elliot. Jedes Mal kann man etwas Neues entdecken. Zum Beispiel in folgender Szene: Coleman ist mittlerweile in Valentines Diensten. Valentine hat gerade noch eine ordentliche Party in seinem neuen Haus gefeiert, als er sich plötzlich und unerwartet entscheidet, seine Gäste rauszuwerfen. Auf die Frage von Coleman, warum denn seine Freunde schon gegangen seien, sagt Valentine nur, dass das keine Freunde wären, weil sie nur hinter seinem Geld her sind. Im Anschluss an diese Unterhaltung verabschiedet sich Valentine von Coleman und wünscht ihm eine gute Nacht. Was für uns als Zuschauer zunächst einmal banal klingt, ist es für Coleman nicht. Sein Blick verrät uns Dankbarkeit, dass ihn endlich jemand wie einen Menschen behandelt, aber auch etwas Enttäuschung, dass Valentine Gefahr läuft sich in eine ähnliche Richtung zu entwickeln wie Winthorp. Abschließend stellt sich die Frage: „Verdirbt Geld den Charakter?“
Alleine wegen Denholm Elliots Darstellung des Coleman, aber natürlich auch wegen Dan Aykroyd, Eddie Murphy und Jamie Lee
Curties sollte man sich den Film zumindest einmal angesehen haben. Ein
absoluter Klassiker, der auch nach so langer Zeit immer noch gut ist und bestimmt (noch) kein Remake braucht.