Schauspielerin Josiane Balasko spielt in Die Eleganz der Madame Michel eine einsame Concierge in einem eleganten Pariser Wohnhaus. Hier spricht sie über ihre Arbeit an dem Film, der diese Woche in die Kinos kommt.
Wie ist es Ihnen gelungen, sich in Renée, diese recht spezielle Concierge, zu verwandeln?
Josiane Balasko: Mona Achache und ich haben viel über das Make-up, ihr Äußeres und überhaupt ihre ganze Art nachgedacht. Im Buch wird Renée als „zerzaust“ beschrieben, da hat sie sehr dickes Haar, das sie so gut wie nie kämmt. Mein Haar ist ganz anders, und wenn man es mir zerzaust, sehe ich eher hip aus. Das hätte bei Renée überhaupt nicht gepasst. Also wählten wir eine Perücke mit grauen Haaren und falsche Augenbrauen. Die gaben mir etwas Strenges und verschatteten meinen Blick.
Gut, aber worin bestand anschließend Ihre Arbeit an der Figur?
Josiane Balasko: Da vertraute ich wie immer meinem Instinkt. Um eine Concierge zu spielen, muss ich vorher keine Concierge-Logen besuchen oder mich mit ihren Bewohnerinnen unterhalten. Abgesehen davon sind mir in meinem Leben schon etliche Renées begegnet! Am Set merkte ich sofort, wenn ich nicht mehr in ihrer Haut steckte. Vorsicht, sagte ich mir dann, hier spricht nicht Renée, und sie würde auch niemals so handeln! Was ihren Gang betrifft, so habe ich mich von meiner Mutter inspirieren lassen. Die hatte immer einen leicht gehetzten Gang.
Was begeisterte Sie für diese Rolle?
Josiane Balasko: Das Buch kannte ich nicht. Ich wusste nur, dass es sehr erfolgreich gewesen war. Nachdem ich die erste Version des Drehbuchs gelesen hatte, telefonierte ich mit Mona, und wir diskutierten über verschiedene Punkte. Zum Schluss meinte sie: „Okay, ich werde es überarbeiten.“ Nach der zweiten Version war ich mir dann sicher, dass ich Renée spielen wollte, und so kam es zu einem Treffen mit Mona.
Wie verlief diese erste Begegnung?
Josiane Balasko: Wir waren bei mir verabredet. Als ich sie in meinem Wohnzimmer sitzen sah, hatte ich den Eindruck, da sitzt meine Tochter. Ich glaube, sie war ein wenig eingeschüchtert. Mona ist eine kluge junge Frau und sehr überzeugend. Sie hat mich regelrecht verführt. Nachdem sie das geschafft hatte, war es mir schnurzegal, dass sie mit diesem Film ihr Regiedebüt geben würde.
Sie sind eine der wenigen französischen Schauspielerinnen, die sich gern verwandeln und dabei Mut zur Hässlichkeit beweisen. Amüsiert Sie das?
Josiane Balasko: Es ist doch mein Beruf! So fingen wir damals bei der Theatertruppe Le Splendid an – es machte einfach einen Heidenspaß, sich zu verkleiden und alte Knacker oder Spießer, dicke Bourgeois oder keifende Weiber zu spielen. Mir fällt das wirklich nicht schwer, im Gegenteil. Ich finde es viel angenehmer und entspannter, als wenn ich gezwungen bin, einen auf sexy oder schön zu machen. Die Leute auf der Straße sagen mir häufig: „Sie sehen ja viel besser aus als in Ihren Filmen!“ Ich nehme das wirklich als Kompliment. Immerhin besetzt das Kino nur einen kleinen Teil meines Lebens. Der andere, deutlich größere, ist mein Privatleben.
Wie waren die Dreharbeiten?
Josiane Balasko: Äußerst harmonisch. Mona ist ein sanfter Mensch – und gleichzeitig sehr bestimmt. Sie weiß genau, was sie will, aber wenn sie einem das sagt, bleibt sie immer höflich und nett. Außerdem hört sie zu, und Menschen, die zuhören können, besitzen viel Selbstsicherheit. Es war ein fröhlicher, frischer Dreh, bei dem viele Frauen am Set herumwuselten!
Wie fanden Sie es, mit jemandem zu spielen – in diesem Fall Togo Igawa, Darsteller des Monsieur Ozu –, der seinen Text phonetisch auswendig gelernt hatte?
Josiane Balasko: Togo Igawa ist ein ausgezeichneter Schauspieler, und er wusste natürlich, was seine Texte bedeuten. Außerdem ist er ein höflicher und charmanter Herr – genau wie die Figur, die er spielte. Ihn als Partner zu haben, war sehr angenehm.
Haben Sie früher schon mal mit Kindern vor der Kamera gestanden
Josiane Balasko: Nicht oft. Da Paloma und ich nur wenige gemeinsame Szenen hatten, entdeckte ich sie quasi erst, als ich den fertigen Film sah. Die Kleine ist einfach großartig. Sie besitzt Ausstrahlung und ist innerlich sehr reif.
Wie verlief die Zusammenarbeit mit den anderen Schauspielern?
Josiane Balasko: Die Atmosphäre an einem Set hängt hauptsächlich vom Regisseur ab. Wenn er angespannt, ängstlich oder nervös ist, sind es früher oder später die anderen auch. Mona ist genau das Gegenteil. Wir sind alle wunderbar und reibungslos miteinander ausgekommen. Ein besonderes Lob gebührt übrigens Renées Kater. Ein großartiger Partner! Ich hatte viele Szenen mit diesem Kater, er war fast schon eine eigenständige Figur. Der Ausstatter hat ihn bei einem Trödelhändler gefunden. Dieser Kater war durch nichts und niemanden aus der Ruhe zu bringen!
Wie lautet Ihre persönliche Definition eines Igels in Menschengestalt?
Josiane Balasko: Das ist jemand, der sich zusammenkauert und sich abkapselt, weil er sich schützen will. Und der dennoch von Nutzen ist – genau wie das Tier. Meine Rolle fand ich auch deshalb so interessant, weil ich im wahren Leben Renée in mancher Hinsicht sehr ähnlich bin. Wie ich wirklich ticke, wissen die wenigsten – denn ich verstecke mich gern hinter dem Image der Ulknudel.
Wie haben Sie reagiert, als Sie den fertigen Film zum ersten Mal sahen?
Josiane Balasko: Er beginnt ja mit dem kleinen Mädchen, und weil ich diese Szenen nicht kannte, bin ich sofort in die Geschichte eingestiegen. Als Renée zum ersten Mal auftauchte, dachte ich nur: „Das bin ja ich.“ Aber nach und nach konnte ich von mir selbst abstrahieren und schließlich wie ein ganz normaler Zuschauer zugucken. Zu meiner eigenen Überraschung hätte ich ein paar Mal fast geweint. Besonders bei der Szene, in der Renée die Kleine in den Arm nimmt. Es handelt sich um sehr menschliche Figuren mit großem Herz. Darin ähneln sie dem Buch, das sie hervorgebracht hat – und Mona!
Mit Material von Senator / Central
Die Eleganz der Madame Michel startet am 6. Mai in unseren Kinos. Wenn Du wissen willst, ob der Film in Deiner Nähe läuft, dann schau doch bitte in unser Kinoprogramm.