Jerry Lewis, legendärer Filmkomiker und Regisseur, mit 91 Jahren gestorben

20.08.2017 - 21:45 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Jerry Lewis in Arizona Dream
Arthaus
Jerry Lewis in Arizona Dream
12
7
Jerry Lewis, einer der erfolgreichsten und umstrittensten Komiker des vergangenen Jahrhunderts, ist im Alter von 91 Jahren gestorben.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war Jerry Lewis der größte Star, den Paramount zu bieten hatte, und er nutzte diese Stellung für eine kreative Freiheit, die im Hollywood dieser Jahre ihresgleichen suchte. Als Schauspieler, Autor und Regisseur stand Lewis damit in einer Tradition von Comedy-Größen wie Charlie Chaplin und Buster Keaton. Sein filmisches Erbe blieb trotz seines Erfolges und seiner technischen Innovationen umstritten, nicht zuletzt in seinem Heimatland, wo Lewis' Anerkennung durch französische Filmkritiker zum langlebigen Running Gag wurde. Nun ist Jerry Lewis, der die Kinokassen einst mit Der verrückte Professor und Hallo Page regierte, im Alter von 91 Jahren gestorben.

Jerome Levitch, Sohn jüdischer Eltern russischer Herkunft, wurde 1926 in Newark, New Jersey ins Showgeschäft hineingeboren, Wenn auch Hollywood zunächst weit entfernt schien von den Catskill-Bergen, in denen sich seit der Jahrhundertwende Hotels und Resorts ausbreiteten. Die Urlauber in den Catskills wollten unterhalten werden und so wurde die Gegend von Varieté-Truppen und später Comedians frequentiert. Darunter auch die Eltern von Jerry Lewis, die ihren Sohn in ihre Auftritte einspannen. Lewis verließ daraufhin die High School und verdingte sich mit Auftritten, in denen er zu Musikstücken von der Platte eine Art witzige Playback-Show ablieferte. Bei einem dieser Gigs traf er 1945 auf den Sänger Dean Martin, an dessen Seite Jerry Lewis berühmt werden sollte. Als Duo Martin and Lewis traten sie ihren Siegeszug über Bühne, Radio, Fernsehen und Kino an, wobei sie mit einer Mischung aus geskripteten und improvisierten Gags und Situationen ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten ausschlachteten. Hier Dean Martin, der glatte Charmeur, da Jerry Lewis, der schräge Slapstick-Komiker. Als ihre Komödie That's My Boy 1951 ins Kino kam, gehörten sie zu den bestbezahlten Unterhaltern in den USA. Gemeinsam drehten sie ab 1950 ganze 16 Kinofilme, erhielten ihre eigene Comic-Reihe bei DC, drehten TV-Shows, nahmen Platten auf und traten live auf. 1956 war Schluss mit Martin and Lewis, nicht zuletzt wegen persönlicher Verwerfungen zwischen den beiden Stars. Lewis hatte Martin in den Filmen mehr und mehr verdrängt.

Jerry Lewis

Das Image, "schwierig" zu sein, sollte Jerry Lewis danach begleiten. Bekannt waren seine Wutausbrüche und egomanischen Tendenzen. Als singender und blödelnder Solo-Künstler blieb Lewis in den ausgehenden 50ern weiter erfolgreich, bevor er 1960 bei der Komödie Hallo, Page erstmals Regie führte. Ganz auf seine exaltierte Mimik und sein Talent für Slapstick zugeschnitten, erzählte der größtenteils von ihm selbst finanzierte The Bellboy (so der Originaltitel) von einem klassischen Lewis-Helden, einem im Herzen guten Jungen, der unbeholfen von einer Bredouille in die nächste stolpert. Ebenfalls 1960 kam Aschenblödel in die Kinos, bei dem Martin and Lewis-Regisseur Frank Tashlin auf dem Regiestuhl saß, der unter den Kritikern der Cahiers du Cinéma bereits Bewunderer hatte. Bei seinen bekanntesten Filmen führte Jerry Lewis selbst Regie, darunter Der Bürotrottel (1961) und Der verrückte Professor (1963). In den 90ern wurde letzterer in einem Remake mit Eddie Murphy neu aufgelegt. Dabei zeichneten sich Lewis' Filme jenseits seines umstrittenen Humors, der viel auf Grimassen setzte, die auch noch die hintersten Bänke in einem Varieté-Theater erkennen würden, durch ihre poppige Farbgebung sowie eine Choreografie von Stille und Chaos aus, die Lewis' Slapstick entgegenkam. So entwickelte Jerry Lewis ein innovatives System von Video-Kameras, mit dem er am Set sofort die Aufnahmen in Augenschein nehmen konnte. Das ermöglichte ihm wiederum eine effizientere Arbeit.

Mit seinen Komödien begeisterte Jerry Lewis Zuschauer in den USA und Frankreich, wo er eine erstaunliche Popularität erreichte, die amerikanischen Beobachtern in den kommenden Jahrzehnten zum Mysterium werden sollte. Anders als in den USA wurde Lewis in Frankreich nämlich schon früh als Autorenfilmer verehrt. In seinem Heimatland verlegte sich Lewis in den 70er Jahren mehr und mehr auf die Arbeit hinter der Kamera oder im Fernsehen. Er lehrte in Kalifornien vor jungen Filmstudenten wie Steven Spielberg und sammelte jahrzehntelang in Live-Shows im Fernsehen Geld zur Bekämpfung von Muskeldystrophie. Seine womöglich berühmteste Regiearbeit, The Day the Clown Cried von 1972, umgibt ein zweifelhafter Legendenstatus. Darin spielt er einen heruntergekommenen Circus-Clown, der von den Nazis inhaftiert und mit einer Gruppe Kinder ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert wird. Lewis selbst verhinderte die Veröffentlichung des Films und äußerte später seine Enttäuschung über das in seinen Augen gescheiterte Werk.

Jerry Lewis in King of Comedy

Von Kritikern gelobt wurden hingegen Jerry Lewis' Auftritte in ernsteren Rollen, allen voran Martin Scorseses King of Comedy, in dem Lewis als zynischer Fernsehkomiker zur Obsession eines Verlierers (Robert De Niro) wird. In Emir Kusturicas Arizona Dream von 1993 begeisterte Lewis in einer bewegenden Altersrolle neben Johnny Depp und Vincent Gallo, die ihn einem neuen Publikum näherbrachte. In den letzten Jahren blieb Jerry Lewis' Präsenz in der Öffentlichkeit umstritten, auch dank kontroverser Witze und politischer Aussagen über Flüchtlinge und Präsidentschaftskandidat Donald Trump.

Auf eine Wiederentdeckung in seinem Heimatland wartet Jerry Lewis' Werk, insbesondere seine Komödien aus den frühen 60er Jahren, bis heute. Die Wertschätzung entwickelt sich zäher als bei Komikern derselben Generation wie beispielsweise Mel Brooks. Das Verhältnis bleibt gespannt, womöglich über seinen Tod hinaus. Nichtsdestotrotz war Jerry Lewis einer der bedeutendsten amerikanischen Entertainer des vergangenen Jahrhunderts, der auf dem langen Höhepunkt seiner Karriere jedes nur denkbare Medium im Sturm eroberte.

Einem Bericht der Variety  zufolge starb Jerry Lewis am Sonntagmorgen 9:15 Uhr Ortszeit in Las Vegas.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News

Themen: