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Momente, die man nicht missen möchte

11.11.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Dieser Artikel ist ein Community-Beitrag, der im Rahmen unseres Schreibwettbewerbs Mein liebster Kinomoment entstanden ist.

Mein liebster Kinomoment liegt tatsächlich ein paar Jahre zurück - und es sind eigentlich 2, die sich unabhängig voneinander im gleichen Kino ereigneten.
Der ereignete sich im kleinen City Kino in Fürth, dass es mittlerweile nicht mehr gibt. Es hatte vier Säle, schlechten Sound, aber war lange Zeit der Autoscooter unter den Kinos in Franken. Denn es war in der Stadtmitte, gegenüber war ein McDonalds, und egal wo man davor oder danach hinwollte - es war nie weit entfernt.

Ich war 13 Jahre alt und bin gerade von der Schule zu meiner Oma unterwegs gewesen, als ich am Kino vorbei lief und bemerkte, dass gerade Metro mit Eddie Murphy erschienen war. Zu der Zeit liefen Filme ab 18 auch schon um 16 Uhr. Also bin ich an die Kasse gegangen, an der immer die selbe alte Dame saß und Popcorn und Süßigkeiten verkaufte.
„Einmal für Metro bitte“, sagte ich.
Sie musste aufstehen, um mich überhaupt hinter dem Tresen zu finden.
Da stand ich - ein kleiner Stöpsel, der in einen Film ab 18 wollte. Ganz offensichtlich ohne die Eltern. Ganz offensichtlich nicht alt genug.
Sie zwinkerte mich an und meinte: „Dein Vater ist schon drin und wartet, oder?“. „Äh, ja?“ stotterte ich. Sie gab mir das kleine rote Papierstück, mit der gelöcherten Falz.
„Na dann…“ Sie reichte mir Popcorn, dass ich nicht bestellt hatte, „…wünsche ich dir mal viel Spaß.“
Aufgeregt ging in das Kino im ersten Stock und setzte mich in den Saal. Abgesehen von mir war niemand da. Und das sollte auch so bleiben.
Mein erster Film ab 18 war eine Privatvorstellung mit einer brutalen Szene zu Beginn, in der Blut aus der Halsschlagader spritzte und Verfolgungsjagden in San Francisco stattfanden - und es war GROSSARTIG!
Noch immer kann ich mich an so viele Szenen erinnern, obwohl ich den Film seither nicht mehr gesehen habe.
Dass ich meiner Oma nicht Bescheid gegeben habe, und sie sich sehr viele Sorgen gemacht hat, tut mir noch immer Leid, aber das ist eine andere Geschichte.

Das zweite Erlebnis ereignete sich im Jahr 1995.
Coolio veröffentlichte seinen Hit Gangsters Paradise und wirklich alle in meinem Jahrgang, wie auch ältere und jüngere sind darauf abgegangen.
Es war die Zeit in der Hip Hop aus den USA glorifiziert wurde und Basketball auf der Tagesordnung stand. Die Zeit in der man Sammelkarten von Micheal Jordan und Scottie Pippen auf dem Schulhof tauschte und Baggies anfingen in Mode zu kommen.
Die Sonne schien und es war einer der wenigen Tage, an dem sich Schlangen vor dem City Kino bildeten. Sie reichten bis auf die andere Straßenseite. So wie man es heute in den nerdigen Darstellungen von Big Bang Theorie sieht, wenn Indiana Jones in einer neuen Schnittfassung gezeigt wird.
Es war der erste Tag an dem Dangerous Minds anlief. Es war 15 Uhr und das Kino, das gerade erst öffnete, hatte keineswegs mit diesem Ansturm von ein paar halbgaren Teenies gerechnet.
Sie verlegten die Vorstellung in ein größeres Kino, allerdings nicht das größte, weshalb eigentlich nicht jeder eine Karte bekommen konnte.
Da aber wirklich niemand warten wollte, wurde ohne Einwände oder Streitereien unter allen Beteiligten eine stilles Übereinkommen getroffen.
Alle bekamen eine Karte zum normalen Preis, mussten aber in Kauf nehmen, dass sie evtl. den Film über stehen müssen.
So kam es dann auch. Das Kino war brechend voll.
Alle saßen auf den Stufen oder auf dem Boden vor der ersten Reihe. Und als der Film anfing und das Lied ertönte wurde gejubelt. Alle standen auf und nickten respektvoll mit dem Beat.
Denn es kam endlich ein Film in die deutschen Kinos, die vieles widerspiegelte, das man selbst spürte. Der fehlende Respekt und falsche Umgang untereinander und der Fakt, dass man sich recht häufig von den Lehrern allein gelassen fühlte, während man doch so viel Stress im privaten Umfeld hatte. Der Film gab vielen Mut. Und Michelle Pfeiffer war natürlich lange das Beispiel einer coolen Lehrerin.
Im Nachhinein betrachtet war es sicher nur ein mittelmäßiger Film. Aber zu der Zeit war er wichtig.
Nach dem Film wurde geklatscht und gejubelt. Jugendliche gaben der Leinwand standing ovations. Das habe ich nie wieder so oder nur annähernd so ähnlich erlebt.
Erlebnisse wie diese kann man nur in Kinos haben. Vielleicht sogar nur in kleinen Kinos. Vielleicht auch weil den Multiplex Würfeln außerhalb der Stadt auch der oft der Charme fehlt. Aber man kann sie trotzdem nur in Kinos haben. Und diese Erinnerungen wecken die Leidenschaft fürs Kino, sind Antrieb und Erinnerung zu gleich - es sind Momente die man nicht missen möchte und haben mich, wie auch viele meiner Freunde und heutigen Filmfans geprägt.

Danke.

***

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Sponsoren. Hier erfährst du alles zum Prozedere des Schreibwettbewerbs und den Preisen. Eine Übersicht aller Texte des Schreibwettbewerbs findest du hier.

Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!

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