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Musik und Tanz bei Emir Kusturica

20.03.2015 - 17:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Totaler Exzess: Tanz bei Emir Kusturica
October Films
Totaler Exzess: Tanz bei Emir Kusturica
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Oft gilt er als Meister des Feel-Good-Movies, für viele ist er nur Provokateur. Klar ist aber, keiner frönt der Schönheit des Lebens so schön wie er: Wie Emir Kusturica das Leben liebt und diese Liebe durch Musik und Tanz auf die Leinwand bringt und warum es sich lohnt das zu bewundern.

Ich bin ja persönlich, wenn es um sogenannte Feel-Good-Movies geht ja mehr als nur skeptisch. Wenn ein Film es sich zum Hauptziel macht sein Publikums mit manipulativen Tricks und kitschigen Happy-Ends zu befriedigen, dann löst das bei mir nicht selten große Abneigung, frustriertes Kopfschütteln oder gar Brechreiz aus. Dass mir die fünf Stunden Emir Kusturica (Schwarze Katze, Weißer Kater und Underground) letzten Samstag dann so sehr zusagten verwunderte mich dann selbstverständlich nicht wenig. Und doch fühlt es sich richtig an. Denn obwohl "Underground" sich im Grunde genommen schwer als Wohlfühlfilm bezeichnen lässt macht diese Filme mehr aus als nur die üblichen Tricks und der übliche Kitsch und sie erfinden das "Genre" komplett neu.

Es spricht nämlich eine wirklich so große Lebenslust aus diesen Filmen wie man sie eigentlich viel zu selten zu sehen bekommt. Diese wird in "Schwarze Katze Weißer Kater" grandios verkörpert durch die Lebenslustige Ida. Sie kommt in das Leben des jungen Zare und bringt dabei so viel Enthusiasmus und Energie mit sich, dass man sich als Zuschauer auch gleich nicht mehr entziehen kann. Aber warum auch? Wer mit so viel Liebe  inszeniert hat es wohl auch verdient selbst so geliebt zu werden. Zudem verliert Kusturica auch nie sein politisches Anliegen aus den Augen. "Schwarze Katze" ist eine überzogene und respektlose Parabel gegen den Kapitalismus im eigenen Land (hier dargestellt durch den Mafioso Dadan), ein Spiel mit der Tradition und eine furiose Slapstickkommödie voller absurder Situationen und unglaublichen Bildern.

"Underground" setzt das politische Konzept seines Vorgängers konsequent fort, die Zielscheibe ist jedoch eine andere: Die Kriegsfanatiker, die Waffenhändler und die Kommunisten bekommen diesmal ihr Fett ab. Jugoslavien ist hier ein Land, das dem Untergang geweiht ist, von Kriegswütigen Deutschen besetzt, von den Befreiern zerbombt und von den eigenen Leuten aufgegeben. Hier herrscht ein düsterer, melancholischer Grundton. Doch auch hier ist eine Liebe zum Leben zu erkennen, auch wenn mehr als Imperativ, als Zwang. Die Szene, in der Hauptfigur Marko mit seiner Natalija während eines Bombenangriffs zu Tanzen beginnt sagt mehr als alle Worte es je könnten: Im Angesichts dieses Wahnsinns, wenn das Leben mit all seiner Gewalt zuschlägt kann man vielleicht nur tanzen, vielleicht muss man es sogar. Der Tanz und die Musik wird in "Underground" relativ spärlich verwendet aber wenn, dann erreicht sie hier erreicht sie hier noch eine ganz andere Dimension. Hier werden Tanz und Musik zum Kampf gegen das Leben, gegen alle Zwänge gegen die Welt, die Gewalt, gegen den Wahnsinn.

Aber kommen wir doch auf etwas anderes zu Sprechen, nämlich warum Kusturica gerade den Tanz als Darstellungsmittel in diesen beiden Filmen verwendet. Slavoj Zizek ist, das ist lange schon bekannt, kein großer Fan von Emir Kusturica und wirft ihm immer wieder vor, er würde die Menschen im Balkan als genusssüchtige Tiere darstellen, "Underground" wäre sogar nichts als eine einzige große Orgie. Nun, auch wenn Zizek sicher ein großer Filmkritiker ist, hier hat er Kusturicas Konzept wirklich missverstanden. Hier geht es nämlich um die Genusssucht als Weltanschauung eines Regisseurs, die sich in seinen Bildern und Charakteren widerspiegelt. Die zweifellos großartige Schauspielleistung eines Srđan Todorović, erreicht nicht zufällig genau immer dann ihren Höhepunkt, wenn er sich total gehen lässt, kokst, trinkt, tanzt und herumgröhlt. Kurz, Dadan ist der Jordan Belford der 90er. Und erst dadurch kann Kusturica uns auch die vielen überspitzten Details dieser Karikatur einer Figur zeigen und sie trotzdem liebenswert erscheinen lassen.

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