Tatort - Ein neues Leben in der Drückerkolonne

28.10.2012 - 21:45 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Tatort - Ein neues Leben
BR
Tatort - Ein neues Leben
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Eine Undercover-Aktion führt Ivo Batic in Tatort – Ein neues Leben in eine Drückerkolonne, die sich mit toten kanadischen Robbenbabies EC-Kartendaten erschleicht.

Beim Thema des neuen Tatorts aus München hätte so einiges schiefgehen können. Doch anstatt als Lehrstunde über die Methoden von Drückerkolonnen zu langweilen, verwickelt Tatort: Ein neues Leben seine Figuren in ein Netz aus Gier und Lügen, das mit jeder ausgespuckten Wahrheit mehr Täter offenbart, als Verdächtige ausschließt. Mittendrin verfängt sich Ivo Batic (Miroslav Nemec), der, sich selbst überschätzend, spontan als Undercover in der Truppe anfängt und sich zu seiner eigenen Bestürzung dort sehr gut macht.

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Lokalkolorit: Im Wald beginnt und endet Tatort – Ein neues Leben, doch die meiste Zeit halten wir uns mit Ivo Batic in der neumodischen Villa des Möchtegern-Tierschutzverbandes auf, den die brutale Isabella (Nina Proll) und die vorgeblich sanfte Sandra (Mina Tander) mit eiserner Faust führen. Ob sie auch für die verkohlte Leiche verantwortlich sind oder haben sie vielleicht sogar noch mehr modernde Ex-Mitglieder im Keller? Von außen jedenfalls suggeriert das Gebäude mit seinen ausladenden Fenstern Transparenz. Die herrscht allerhöchstens drinnen, wo die Mitarbeiter Handy und Privatsphäre fürs große Geld aufzugeben haben.

Plot: Nach einem Todesfall in der Familie kehrt Ivo Batic in den Dienst zurück, wo Leitmayr (Udo Wachtveitl) gerade den jungen Kollegen Fechner (Maximilian Schafroth) anlernt. Ob die lockige Bromance-Konkurrenz oder einfach sein forsches Wesen Ivo Batic auf die geniale Idee bringen, sich ohne Wissen seines Vorgesetzten in eine Drückerkolonne einzuschleichen, müssen die Psychologen klären. Zwar kommt Batic tatsächlich an Informationen über das mögliche Opfer. Um die verdeckte Ermittlung zu vertuschen, muss Leitmayr allerdings seinen Chef anlügen, ein Vorhaben, das nicht lange gut gehen kann, wie alle eifrigen TV-Krimi-Zuschauer nach zwei Minuten erraten haben dürften.

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Unterhaltung: Robbenbabies werden wir nie wieder mit denselben Augen sehen. Oder zumindest die freundlichen Herrschaften, die einem an der Wohnungstür Geld für gute Zwecke abknöpfen wollen. Denn was sich in der Villa des Tierschutzvereins abspielt, lässt erschaudern. Unter dem rigiden Regime der beiden Damen wuchern Neid, Missgunst und Angst. Eine gefährliche Mischung ist das insbesondere dann, wenn es darum geht, den eigenen sozialen Status mit aller Kraft aufrecht zu erhalten. Entpuppen sich Sandra und Isabella als psychopathisch überzeichnete Berufsverbrecherinnen, züchten sie in ihrer Villa aus Otto Normalverbrauchern Betrüger und Diebe. Das schöne beziehungsweise grässliche an diesem Tatort ist, dass die Frage nicht lautet: Wer ist der Mörder? Sondern: Wer sonst noch hat Blut an den Fingern?

Tiefgang: Das liebe Geld treibt den Insassen der Villa jegliche Form von Gewissen aus. Selbst Batic zeigt sich überraschend begabt, wenn es darum geht, nette Damen mit traurigen Geschichten hinters Licht zu führen. Die Lügen geraten in diesem Tatort zum Selbstläufer, etwa als eine der Drückerinnen Ivo ihren echten Namen verrät und dieser wie aus der Pistole geschossen einen weiteren falschen Namen vorschiebt. Vor lauter Doppelleben verliert der Tatort jedoch selten seinen Fokus, bringt es dank seiner beiden etwas karikaturartigen Antagonistinnen sogar zu einem kurzweiligen, aber in sich stimmigen Finale, das Ivo angenehm hilflos aussehen lässt.

Mord des Sonntags: Erstickt an einer Zahnprotese, verbrannt auf einer Wiese und das alles für einen USB-Stick.

Zitat des Sonntags: ‘Ham sie ihm was gebrochen?’‘Ja, hoffentlich!’

Nicht überragend, aber durchaus vergnüglich war dieser Tatort aus München. Was denkt ihr?

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