Test zu Telltale's Game of Thrones: Iron from Ice

18.12.2014 - 14:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Game of Thrones: A Telltale Games Series
Telltale Games
Game of Thrones: A Telltale Games Series
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Telltale Games haben sich zu den bekanntesten Protagonisten moderner Adventures gewandelt. Während Fans noch auf die nächste Staffel von Game of Thrones warten, locken die Telltale-Entwickler nun mit ihrem vielversprechenden Spiel. Dieses Review ist spoilerfrei.

Mit The Walking Dead traf Telltale Games vor zwei Jahren den Nerv der Zeit: Während sich Zombies ohnehin über Jahrzehnte verbissen  als Bestandteil unserer Popkultur behaupten konnten, war die Telltale-Formel als spielmechanischer Überbau neu und aufregend. Die klassischen Fragen und Entscheidungen, die sich in einer Zombie-Apokalypse stellen, in die Hände des Spielers zu legen und mit einer großen Portion Zeitdruck zu garnieren, erwies sich als eine sehr wirkungsvolle narrative Technik, Spannung aufzubauen.

Dieses erfolgreiche Konzept wurde anschließend weiter ausgebreitet: Eine zweite Staffel des Zombie-Dramas folgte, parallel dazu schloss sich ein Ausflug in die schrille Märchenwelt von The Wolf Among Us an. Kritiker und Spieler jubelten und für Telltale Games wurde es Zeit, die nächsten Spiele zu planen. Damit sind wir in der Gegenwart angekommen: Ende dieses Jahres stellte das Team ihre beiden neusten Spiele vor, die fast gleichzeitig auf den Markt stürmten und bereits je eine spielbare Episode vorweisen können. Während Tales from the Borderlands das Universum des beliebten Shooters Borderlands zur Kulisse macht, versetzt Game of Thrones euch in die Welt von John Snow, Tyrion Lannister und all den anderen Charakteren aus der Feder des Autors George R. R. Martin.

Ironwrath ist einer der Schauplätze von Iron from Ice.

Doch statt diese schillernden und bereits bekannten Persönlichkeiten bei ihren Abenteuern zu begleiten, schlüpfen wir in die Rolle(n) eines anderen Hauses, das zumindest aus der TV-Serie bisher nicht weiter bekannt ist: Haus Forrester, das weit im Norden von seiner Hauptstadt Ironwrath aus über die wertvollsten Wälder des Landes wacht und die talentiertesten Holzschnitzer in Westeros in seinen Reihen weiß.

Statt aber wie gewohnt an das Schicksal und die Gefühlswelt einer einzigen Hauptfigur gebunden zu sein, verfrachtet euch das Spiel regelmäßig an einen anderen Schauplatz und springt so im Laufe der ersten, rund zweistündigen Episode an eine handvoll verschiedener Orte und übergibt euch — zumindest während der ersten Episode — die Steuerung über drei Mitglieder der Herrscherfamilie.

Immer wieder kommt es zu Berührungspunkten mit der großen, epischen Geschichte und ihren Figuren, wie sie uns in den Büchern und der Serie erzählt wird: Dieser Kniff sorgt für das angenehme Gefühl, dass die Geschichte des Hauses Forrester nie völlig isoliert, sondern im Einklang mit der Welt um Ironwrath geschieht. Recht schnell verfestigt sich das Gefühl, Teil eines großen Epos zu sein, dessen Ausmaße ihr noch nicht einschätzen könnt. Unerfahrene Westeros-Touristen allerdings, die bisher weder Kontakt mit der Serie noch mit den Büchern hatten, werden ihre Probleme haben, Verbindungen und Beziehungen der vorgestellten Personen zu verstehen. Damit richtet sich das Spiel eindeutig an Fans, die das nötige Vorwissen mitbringen, um sich über Anspielungen, Easter Eggs und auftauchende Charaktere zu freuen.

Der Familienstammbaum von Haus Forrester.

Das Telltale-Spiel fängt den Geist der Buchvorlage ein und zeichnet eine Welt auf euren Monitor, die von Intrigen und Gewalt beherrscht wird: Episode 1 nimmt hierbei spürbar die Rolle der Exposition ein, stellt neue Charaktere vor und ist daher auffällig dialoglastig. Während Anfang und Finale Herzschlag und Gänsehaut strapazieren, wird der lange Mittelteil des Spiels von einem riesigen Dialogwulst beherrscht, der verschiedene Wege in die zweite Episode ebnen soll. Ob diese Struktur nun gefällt oder langweilt, hängt stark von eurer Erwartung und eurem persönlichen Geschmack ab — ein wenig schade ist allerdings, dass sich manche wirklich interessanten und wichtigen Begegnungen in der Abwesenheit eures jeweiligen Charakters abspielen und ihr zuweilen nur mit den Ergebnissen konfrontiert werdet. Dies ist eine Neuerung für Spieler, die als Bigby oder Lee den Mittelpunkt gewohnt sind, nun aber diesen Nebeneffekt der Geschichte von Telltale tragen müssen.

Doch neben dieser Ernüchterung gibt es auch eine sehr gute Nachricht: Wie es sich nach den rund zwei Stunden der ersten Episode gezeigt hat, bietet die Welt von Game of Thrones den nahezu perfekten Spielplatz für die Telltale-Formel, die euch unter Zeitdruck regelmäßig vor Entscheidungen stellen will. Im Gegensatz zu The Walking Dead oder The Wolf Among Us müsst ihr euch in einem undurchsichtigen Netz aus Intrigen und Konflikten zurechtfinden, die den Spieler vor ganz neue Herausforderungen stellen. Statt vorher instinktiv das wehrlose Kind in einer Gruppe vor Gefahren schützen oder das eigene Temperament in Gefahrensituationen beherrschen zu wollen, müsst ihr nun noch gefühlte zwei Kilometer weiterdenken, während die Uhr unbarmherzig tickt.

Fazit:

Telltale Games schwingt mit ihrem Spiel zu Game of Thrones ein zweischneidiges Schwert: Während sich Fans der Welt von Westeros über Gastauftritte und die stimmig nachgestaltelte Fantasy-Welt freuen dürfen, müssen unbefleckte Neulinge kräftig die Zähne zusammenbeißen, um der Geschichte und ihren Charakteren folgen zu können. Wer das empfohlene Vorwissen mitbringt, darf sich allerdings auf eine spannende erste Episode freuen, die an einigen Stellen zwar etwas lahmt, insgesamt aber auf ein spannendes Abenteuer einstimmt, das durch die vielen spielbaren Charaktere facetten- und abwechslungsreich bleiben dürfte.


Dieses Review wurde mithilfe eines privat gekauften Steam-Keys erstellt.

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