Thirst: Vampirismus an der Côte d’Azur

15.05.2009 - 14:00 Uhr
Der Vampirpriester
Focus Features
Der Vampirpriester
2
0
Nach Oldboy: Chan-wook Park geht erneut nach Cannes – mit einem nicht minder blutigen Vampirfilm.

Der Durchbruch in seiner Heimat Südkorea gelang dem Drehbuchautor und Regisseur Chan-wook Park mit dem Film Joint Security Area. Sechs Millionen Zuschauer lockte er mit seiner Geschichte um die Teilung Koreas in die Kinos. Seitdem ist Chan-wook Park zumindest in Südkorea ein Erfolgsgarant an den Kinokassen. In Amerika und Europa blieb er jedoch zunächst ein Geheimtipp – bis zum zweiten Teil seiner Rache-Trilogie. Der Film Oldboy gewann im Jahre 2004 den Großen Preis der Jury in Cannes. Mit seinem jüngsten Film Durst versucht der südkoreanische Regisseur nun an diesen Erfolg anzuknüpfen und stellt sich erneut dem Wettbewerb an der Côte d’Azur. In Südkorea läuft der Film bereits seit zwei Wochen und ist dort mit über einer Million Zuschauern der bisher erfolgreichste Film des Jahres.

In Thirst geht es um den Priester Sang-hyun, der in seiner Freizeit im Krankenhaus arbeitet und sich allseits größter Beliebtheit erfreut; er selbst jedoch zweifelt und leidet insgeheim am desaströsen Zustand der Welt. Also geht er nach Afrika um sich dort als Versuchskaninchen anzubieten bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das neue, tödliche Emmanuel-Virus. Obwohl das Experiment katastrophal fehlschlägt und er sich mit dem Virus infiziert – erholt er sich auf wundersame Weise. Der todgeglaubte Priester stellt jedoch nach kurzer Zeit fest, dass er zwar genesen, aber zum Vampir geworden ist. Eine Affäre, die sich mit der Ehefrau seines Sandkastenfreundes anbahnt, macht die Sache dann nicht unbedingt einfacher…

Heute lief der Film in Cannes. Wir haben die (durchaus verschiedenen) Stimmen aus dem Feuilleton für euch gegenüber gestellt:

Laut Harald Pauli vom Focus hat Chan-wook Park “zwar mit Thirst irgendwie einen Vampirfilm gedreht, nur ist sein metaphorisches Passions-Oratorium vom Genrekino so weit entfernt wie Seoul von Hollywood. Scheinbar in einer Endlosschleife darf hier geopfert und gestorben, geliebt und verdorben werden. Und natürlich geblutet. Der Blutzoll ist hoch in diesem Film, die Leichenberge der letzten Jahre sind allerdings noch nicht in Sicht. Im Moment noch bleibt die Liebe die treibende Kraft.”

Ganz anders sieht das Michael Sennhauser auf seinem Blog: “In erster Linie aber ist die De-Romantisierung des Vampirmythos, seine Überprüfung auf die komischen und die tragischen Elemente hin, der eigentliche Verdienst von Thirst. Seit Millionen von Teenagern vom keuschen Vampirismus nach Twilight träumen, sehnt sich jeder Liebhaber des Genrekinos nach so einer zynisch-vernünftigen Aufräumaktion in Sachen Blutsauger und Zubeisser. Dass es Park Chan-Wook dann aber gleichzeitig auch noch gelingt, wieder neue romantische Momente einzubringen, beweist die Vitalität des Mythos und die Kunstfertigkeit des Regisseurs. Das Schlussbild des Films entlässt einen schon wieder träumend aus dem Kino.”

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News