Wie eine kleine Komödie James Bond erlegte

02.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Die vier Inbetweeners aus Sex on the Beach
Universum
Die vier Inbetweeners aus Sex on the Beach
8
1
Der deutsche Titel Sex on the Beach schreckt erst einmal ab und eine geschmackvolle Komödie ist der Film sicher nicht. Das Phänomen The Inbetweeners versetzte dafür Großbritannien in helle Aufregung. Heute startet der Streifen in Deutschland.

Sie sind weder sonderlich cool noch hochintelligente Nerds und trotzdem lockten die Ferieneskapaden der Inbetweeners mit ihrem ersten Kinofilm Sex on the Beach Millionen von Briten in die Kinos. Ihr habt noch nie von den vier Jungs gehört? Das überrascht nicht, denn in Deutschland ist die Serie The Inbetweeners – Unsere jungfäulichen Jahre ein Geheimtipp. Dafür läuft die zotige Kinoversion jetzt hierzulande in den Kinos. Grund genug, sich dem Phänomen The Inbetweeners zuzuwenden.

Sind wir nicht all ein bisschen inbetween?
Die Konstellation ist einfach: Die Schulzeit ist für den Will, den hypersexualisierten Jay, den stets gut gelaunten Neil und den unglücklich verliebten Simon vorbei, doch bevor es an die Uni geht, wollen sie nochmal so richtig feiern, saufen, flachgelegt werden. Alle vier sind charakterlich klar definiert. Will (Simon Bird) ist der schüchterne Sarkast, Jay (James Buckley) der hypersexualisierte Möchtegern-Checker, Neil (Blake Harrison) der etwas dümmliche Strahlemann und Simon (Joe Thomas) der langweilige Normalo. So weit, so einfach. Auf Kreta angekommen, begegnen die furchtlosen Vier allerlei britischen Urlauber-Stereotypen, ihren Traumfrauen, einem ertrunkenen Hund und dem abgefracktesten Hotel diesseits von Nordkorea. Bei ihren Versuchen, in den Wahrnehmungsbereich weiblicher Wesen zu geraten, lassen sie kein Fettnäpfchen aus und irgendwie werden sie während ihrer geschmacklosen Abenteuer ein bisschen, ein klitzekleines bisschen, also wirklich ein ganz klein wenig erwachsener und reifer.

Die Story gibt sich nicht weltbewegend, Stars sind auch nicht dabei, doch springen wir ein paar Monate zurück in den Sommer 2011. Da hatte gerade Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 alle nur denkbaren Rekorde gebrochen und in Großbritannien lief der neue Streifen mit James Bond (Cowboys & Aliens) sowie die heißerwartete Verfilmung eines einheimischen Bestsellers an (Zwei an einem Tag). Und Sex on the Beach, eine umgerechnet rund vier Millionen Euro teure Teenie-Komödie, die im Original ganz schlicht The Inbetweeners Movie heißt. Klar, die Serie The Inbetweeners, die nach drei Staffeln beendet wurde, hatte immer wieder für gute Quoten beim Sender E4 gesorgt. Kaum jemand konnte allerdings ahnen, welchen Erfolg die Filmversion in Großbritannien haben würde. Allein am ersten Wochenende nahm die Klamotte rund 13 Millionen Pfund ein und legte damit den besten Start einer britischen Komödie überhaupt hin. Das waren Zahlen, von denen selbst Hangover 2 und Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten nur träumen konnten. Cowboys & Aliens und Zwei an einem Tag vermochten dagegen nicht anzustinken.

Das unheimlich lukrative Startwochenende war allerdings nur der Anfang. Insgesamt vier Wochen verteidigte Sex on the Beach die Spitze der britischen Kinocharts, was von einer ausgezeichneten Mundpropaganda zeugt. Das Einspielergebnis belief sich am Ende auf 45 Millionen Pfund, weshalb der Film in den Jahrescharts 2011 knapp hinter Harry Potter 7.2 und einem anderen Überraschungshit, The King’s Speech – Die Rede des Königs, liegt. Zur Zeit ist Sex on the Beach deswegen die erfolgreichste britische Komödie aller Zeiten. Kein schlechtes Ergebnis für ein paar Teenager, die nicht tanzen können und verbal vor allem durch ihre Kraftausdrücke auffallen.

British Pie
Der Hype konnte in dieser Form natürlich nicht geplant werden, aber ganz zufällig kam er auch nicht. Da ist zum einen das teils brillante Marketing. Beispielsweise durften die vier Hauptdarsteller zeitweise den Twitter-Account der Produktionsfirma übernehmen. Der perfekt platzierte Kinostart in der Woche der A-Level-Ergebnisse und damit kurz vor den Sommerferien bildete dann die Trumpfkarte. Denn für die Abschlussprüfungen an den Schulen bekommen die Teenies von ihren Eltern nicht selten Geldgeschenke, die sie prompt an den Kinokassen verschleudern.

Doch die Teens sind nicht einfach nur blind in irgendeine Komödie gerannt, die gerade auf den Leinwänden flimmerte. Obwohl die Ähnlichkeiten zu American Pie – Wie ein heißer Apfelkuchen unverkennbar sind, ist Sex on the Beach ein genuin britisches Erlebnis. Das fängt bei den drolligen Dialekten der Jungs an und hört bei den treffenden Beobachtungen der heimischen Urlauberkultur auf. Vulgärer und vor allem freizügiger als die meisten amerikanischen Konkurrenten, überschreiten die Inbetweeners Grenzen, so dass der Streifen in den USA selbst für ein R-Rating gewagt wäre. Das ist manchmal urkomisch und häufig verdammt eklig. Trotzdem kommt der Film nicht nur als strunzdumme Abzocke daher. Sein Herz sitzt am rechten Fleck. In überspitzter Form bringt er Freud und vor allem Leid des (männlichen) Teenager-Lebens auf die Leinwand, ohne die Pubertät oder seine ausfälligen Helden zu beschönigen. Vor allem aber liegt er der Erfahrungswelt britischer Teenager viel näher als amerikanische Streifen mit ihren High Schools, Cheerleadern und Schließfächern.

In Deutschland dürfte Sex on the Beach der ganz große Erfolg verwehrt bleiben, was an der Wintersaison liegt, aber auch daran, dass The Inbetweeners hier keine Marke ist. In der Synchro geht zudem sicherlich einiges an Charme verloren. Vielleicht erarbeitet sich Sex on the Beach auf DVD ein längeres Verfallsdatum. Von den Hauptdarstellern sollten wir hingegen Simon Bird und Joe Thomas im Auge behalten, genossen sie doch ihre Comedy-Ausbildung in der berühmten Theatergruppe Cambridge Footlights, die schon Douglas Adams, John Cleese und Sacha Baron Cohen als Sprungbrett diente. Und in zehn Jahren können wir uns vielleicht auf The Inbetweeners Reunion gefasst machen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News