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Wieso DC's „Joker“ momentan so populär ist

27.10.2019 - 15:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Populär und erfolgreich - Joker
Warner Bros. Entertainment
Populär und erfolgreich - Joker
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Todd Phillips „Joker“ kommt bei einem Großteil des Publikums und der Kritiker hervorragend an. Warum dieser mittelmäßige Film gerade sehr beliebt ist und als Meisterwerk gefeiert wird, ist nicht einfach zu beantworten. Daher nun drei mögliche Gründe.

Kurz vorne weg: Ja, ich bin kein großer Fan des Films. „Joker“ ist dennoch wichtig und ich gönne ihm jeden Erfolg. Meiner Meinung nach ist der Hype um ihn jedoch übertrieben und Ausrufe, dass es sich um ein Meisterwerk handeln würde, finde ich ehrlich gesagt fast schon lächerlich. Mit 6,5 Punkten empfinde ich „Joker“ jedoch nicht als schlecht, sondern lediglich überbewertet. Wer sich näher damit beschäftigen möchte, der findet hier meine Kritik. Aber nun zu meinen Thesen, weshalb „Joker“ zurzeit sehr populär ist:


These 1: „Joker“ erreicht ein neues Publikum

„Joker“ schafft es ein Publikum zu erreichen, welches solche Filme normalerweise nicht kennt. Todd Phillips erschleicht sich im Prinzip die Aufmerksamkeit, indem er in den meisten Augen der Kinogänger eine normale Comicverfilmung inszeniert, die aber in Wirklichkeit kaum etwas mit einer klassischen DC/MCU-Produktion zu tun hat. Der Regisseur hat diesen Umstand schon in der Vergangenheit zugegeben. Die Popularität des Genres ist sich jeder bewusst und deswegen heißt dieser Film „Joker“ und nicht „Arthur“. Denn „Joker“ wäre nicht Joker, wenn nicht Joker drauf stehen würde. Dann würde sich nämlich niemand für den Film interessieren und er wäre als mittelmäßiger Scorsese-Abklatsch in der Versenkung verschwunden. Der Name zieht offensichtlich die Massen ins Kino, welche nun einen Film erhalten, den sie nicht gewohnt sind. Dieses Publikum sieht nun diese Art Film und meint darin ein Meisterwerk zu erkennen, gleichwohl es solche Filme immer gab und geben wird, und zwar deutlich besser. Aber davon wissen die meisten Leute natürlich nichts. Wer kennt heutzutage noch „Taxi Driver“ und andere Scorsese-Klassiker der 70er und 80er Jahre? Um es provokant zu formulieren: Das MCU-Stammpublikum und die Endgame-Kundschaft, für die solche Filme das Kino definieren, sehen das erste Mal einen ordentlichen Film und fluten jetzt das Internet mit der Ansicht es würde sich um ein Meisterwerk handeln. Dem ist nicht so.

https://twitter.com/TheCinemaCult/status/1185824528066400256


These 2: Für eine Comicverfilmung ist „Joker“ ziemlich gut

Dieser „Joker“-Film bleibt in der Bubble des Superheldenkinos und schafft es nicht herauszubrechen, das verhindert allein der Titel. Wenn Zuschauer und Kritiker von einem Meisterwerk sprechen, dann versteckt sich darin im Prinzip der Halbsatz „für eine Comicverfilmung“. Denn „Joker“ ist genau das und ist vor allem aufgrund seines erzählerischen Gerüsts so beliebt. Denn im Kern bleibt der Film eine klassische Origin-Geschichte. „Joker“ ist nicht sonderlich komplex, nicht so tiefgründig und noch ausreichend Mainstream, dass sich kein Zuschauer überfordert fühlt. Man kann ihm leicht folgen und erhält dennoch einen gesellschaftskritischen Ansatz sowie eine etwas tiefergehende Charakterstudie, was für das Genre durchaus neu ist. Er bleibt plakativ und platt in seinen Aussagen. Diese Tatsache stört jedoch nicht, weil das für den Mainstream mehr als ausreichend ist und immer noch jeden erzählerischen Ansatz übertrifft, den das MCU je gewagt hat. Außerdem bleiben die Aussagen des Films klar und einleuchtend. „Joker“ geht tiefer, aber bleibt trotzdem „comicbookhaft“ genug, um dem breiten Publikum zu gefallen. Selbst ein Fan der Vorlage, den die tieferen Charakteristika kaltlassen, wird sich immer noch an dem dreckigen Gotham, den zahlreichen Batman-Anspielungen und der brutalen Joker-Hauptfigur erfreuen. Hinzu kommt ein Stil, mit dem sich Todd Phillips regelrecht dem intelligenteren Mainstreampublikum anbiedert, indem er an die wegweisende Nolan-Ära anknüpft. Der Film lässt Raum für Interpretationen und schafft es vernünftig nolan’sche Tiefgründigkeit und Doppeldeutigkeit zu kopieren, ohne je an dessen Genialität anknüpfen zu können. Lieber plumpe Grauzone als gar keine Grauzonen. Deswegen ist „Joker“ für eine Comicverfilmung sehr gut, mehr nicht.


These 3: Eine Gegenreaktion zum MCU

„Joker“ markiert einen Punkt, an dem es nach Jahren der Dominanz zu einer Gegenreaktion zum MCU kommen muss. Und mit dem Ende der Infinity Saga kommt „Joker“ genau zum richtigen Zeitpunkt. Daher lieben selbst erfahrenere Kinogänger und Kritiker diesen Film, weil es endlich jemand schafft aus dem Korsett und der immer gleichen Franchise-Maschinerie auszubrechen. Hier tritt tatsächlich ein regelrechter Hype ein, weil endlich mal eine gute Comicverfilmung in dem immer ewig gleichen sowie dominierenden MCU-Einheitsbrei erschienen ist. Deswegen ist „Joker“ aber noch lange kein Meisterwerk. Es fühlt sich lediglich jeder in der Pflicht diese Art Kino anzuerkennen, damit das MCU endlich kontra erhält. In wenigen Monaten (oder vielleicht Jahren) wird dieser Hype wieder verschwunden sein und „Joker“ wird als der Film in Erinnerung bleiben, der das Konzept aufgebrochen und frischen Wind ins Genre gebracht hat. Ein Film, der es auch wieder geschafft hat an den Stil von Nolan und „The Dark Knight“ anzuknüpfen, woran Zack Snyder und das DCEU Jahre lang gescheitert ist. „Joker“ befriedigt dieses Verlangen nach einem Gegenpol zum MCU und schließt nach über 10 Jahren endlich erfolgreich die Lücke zu den ernsteren und düsteren Comicverfilmungen. Als herausragender Film wird er deswegen aber ganz sicher nicht in die Geschichte eingehen.

Welcher Meinung seid ihr? Gibt es noch weitere Gründe?

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