DC hat keine Ahnung, was sie mit Batman machen sollen – und Christopher Nolans Dark Knight ist schuld daran

18.10.2021 - 16:55 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Die Dark Knight-Reihe mit Christian Bale von Christopher Nolan erfand Batman neuWarner Home Video
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Matt Reeves und Robert Pattinson müssen den dunklen Rächer in The Batman endlich neu erfinden. Christopher Nolan und Zack Snyder haben den DC-Superhelden nämlich in eine schwierige Ecke manövriert.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich freue mich auf The Batman! Ich halte viel von Matt Reeves, dem Regisseur des nächsten Batman-Reboots. Seine beiden Episoden in der jüngsten Planet-der-Affen-Trilogie sind stimmungsvoll, stark und bieten hoffentlich einen Vorgeschmack auf seinen nächsten Film.

Die Besetzung von Robert Pattinson als Bruce Wayne beziehungsweise Batman ist erfreulich ungewöhnlich und mutig. Die ersten Kameratests sehen vielversprechend aus.

Trotzdem kommt bei mir keine Vorfreude auf. Das Problem: Batman. Schon wieder. Überall Batman. Und immer der Gleiche. Lasst mich erklären, warum das so verdammt langweilig ist – und wer dafür verantwortlich ist.

Christopher Nolans Trilogie hat Batman zum Untergang verurteilt

Seitdem Christopher Nolan mit Batman Begins im Jahr 2004 nicht nur dem Caped Crusader frischen Winden einhauchte, sondern gleich dem gesamten Superheld:innen-Genre, sehen wir überall die Folgen. Der bahnbrechende Erfolg von The Dark Knight vier Jahre später zementierte diese Gangart. Der erste Superheld:innen-Film mit einem Einspielergebnis von mehr als 1 Mrd. US-Dollar und einem Oscar für Heath Ledger als besten Nebendarsteller kann sich ja wohl nicht irren!

Für viele ist The Dark Knight der beste Batman-Film aller Zeiten

Batman The Dark Knight - Trailer 1 (Deutsch) HD
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Die Folge: Nolans bodenständiger Genre-Ansatz, mit dunklen Zügen, philosophischen Fragen und moralischen Zwischentönen, hat das Genre nachhaltig geprägt und Batman zu einem differenzierten, vielschichtigen Charakter gemacht.

Kleiner Scherz, natürlich nicht. Stattdessen ist lediglich die Zauberfloskel von "dark and gritty" hängen geblieben und beherrscht seitdem das gesamte Superheld:innen-Genre – oder zumindest das DC-Universum. Insbesondere Batman kommt aus dieser Geschmacksrichtung einfach nicht mehr heraus. Selbst wenn Christopher Nolans Ansatz missverstanden wurde, hat sein Erfolg Batman in eine Ecke getrieben, aus der er seitdem nicht mehr herauskommt.

Zack Snyder versetzte Batman den Todesstoß

Batman ist seitdem unfassbar einseitig auf der großen Leinwand unterwegs. Nach Nolans Dark-Knight-Trilogie durfte sich Zack Snyder nicht nur an Superman, sondern auch an Batman und der gesamten Justice League versuchen. Das Ergebnis: Ein wahnsinnig aufgeblasener Batman (inhaltlich sowie optisch), der so düster ist, dass es fast albern wirkt.

In einem mittlerweile legendären Interview mit Entertainment Weekly  ließ Snyder bereits durchblicken, dass seine Batman-Filme Nolan in Sachen Düsternis übertrumpfen würden:

"Alle sagen das über [Christopher Nolans] Batman Begins: 'Batman ist düster.' Und ich sage: 'Nein, Batman ist cool.' Er geht in ein tibetisches Kloster und trainiert mit Ninjas. Okay, finde ich gut. Aber er wird [in Batman Begins] nicht im Gefängnis vergewaltigt. In meinem Film könnte das passieren. Das wäre ‘düster’."

Kann man machen, ist in meinen Augen aber unfassbar übertrieben und vor allem: gewollt. Und wird der Figur irgendwie nicht gerecht. Schließlich war Batmans größter Triumph immer, dass er die Schmerzen seines Kindheitstraumas und den Tod seiner Eltern in eine positive Kraft für das Gute umgewandelt hat. Das ist schwer, das ist heldenhaft, das ist eine Inspiration. Ein grummeliger Masochist, der sich durch die Handlangerschaft seiner Widersacher ballert und der vor dem großen Zweikampf mit Superman erst mal 'ne Runde CrossFit pumpen muss, ist … das Gegenteil davon.

Sorry, DC, aber: Wir brauchen eine Batman-Pause

Ein super ernster Depri-Superheld wäre ja noch irgendwie zu ertragen, wenn er ganz bewusst und zurückhaltend eingesetzt wird. Durch den großen finanziellen Erfolg der Nolan-Reihe und dem eher dahindümpelnden Rest des DC Extended Universe werden wir aber mit Batman überschüttet. Ben Afflecks Batman erinnerte uns im völlig egalen Auftritt in Suicide Squad für ein paar Minuten daran, dass er der große Widersacher des Jokers ist. Als ob wir das jemals vergessen würden!

Ben Affleck als Batman in Batman vs Superman: Dawn of Justice

Selbst der eigenständige Joker-Film von Todd Phillips mit Joaquin Phoenix in der titelgebenden Hauptrolle durfte nicht auf gänzlich eigenen Beinen stehen. Erneut mussten wir daran erinnert werden, dass die Wayne-Familie ein Kind hat, dessen Eltern auf offener Straße von einem Gangster erschossen wurden. Trotz eigenständiger Welt, Zeitlinie und vom restlichen DCEU losgelösten Strukturen schleicht sich der Batman-Mythos in seinen banalsten Bildern erneut ins Kino.

Zählen wir neben Kinofilmen auch noch TV-Serien wie Gotham oder Videospiele wie die Arkham-Reihe hinzu, dann ist die popkulturelle Übersättigung perfekt. Ist der (kommerzielle) Erfolg Batmans als Ankerpunkt der DC-Filme und als stärkstes Zugpferd für Multiversum-Spielereien auf der großen Leinwand zum Problem geworden? Darf Batman deshalb nicht mehr aus der Reihe tanzen und sich dabei neu erfinden, so wie es andere Superheld:innen wie zum Beispiel Spider-Man dürfen?

Batman hat als Superheld nach wie vor Potenzial, Matt Reeves und Robert Pattinson müssen es nur nutzen

Batman kann so viel mehr sein als das traumatisierte Kind im Fledermauskostüm. Wie gut das funktionieren kann, zeigen Nebenprojekte wie der von Will Arnett gesprochene Lego-Batman. Der darf nicht nur streng gucken, sondern auch mit dieser eindimensionalen Facette spielen.

Batman ist ein Symbol, das die Unterwelt in Angst versetzen soll und die Bevölkerung Gotham Citys inspirieren kann. Es wäre schön, wenn wir dabei neue Facetten zu sehen bekommen, neue Geschmacksrichtungen dieser Mythologie probieren dürfen und dabei neue Erkenntnisse über Batman und über uns gewinnen könnten. Genau darum ging es Nolan eigentlich in seiner Dark Knight-Reihe. Die Leute haben nur die falschen Schlüsse daraus gezogen.

Zugegeben: Auch Robert Pattinson sieht nicht so aus, als hätte er in The Batman sonderlich viel Spaß

Hoffentlich bekommen wir so einen Batman von Matt Reeves und Robert Pattinson. Hoffentlich dürfen die beiden mit ihrem jüngsten Reboot endlich das tun, was Zack Snyder und Ben Affleck nicht wollten oder konnten: Batman nicht nur nachzuspielen, sondern mit mutigen, ungewöhnlichen und überraschenden Entscheidungen nach vorne zu bringen. Batman hätte es verdient. Und wir auch.

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