Disjointed - Netflix' Kiffer-Sitcom mit Kathy Bates wabert vor sich hin

26.08.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Wie sieht es aus wenn The Big Bang Theory und Two and A Half Man-Schöpfer Chuck Lorre eine Multikamera-Sitcom mit Kathy Bates für einen Streaming Anbieter produziert?

Um die Frage direkt zu beantwortet: ungewohnt. Als Kathy Bates alias Ruth zu Beginn der ersten Episode Disjointed die Tür zur ihrer Hasch-Ausgabestelle öffnet, setzten die Lachsalven und das Gejohle des Live Publikums ein und ich zucke unwillkürlich zusammen. Natürlich stellen Streaminganbieter wie Netflix, Amazon und Co in ihrem Programm klassische Kabel-TV-Serien zur Verfügung. Netflix produzierte mit Fuller House selbst das Reboot einer Kult-Sitcom und realisierte mit The Ranch eine eigene Multikamera-Comedy, die zum gebündelten Abrufen bereit steht. Dennoch entsprechen die abgespulten Lachsalven nicht den Sehgewohnheiten, die man nach zahlreichen Eigenproduktionen des Streaming-Riesen in den letzten Jahren kultivierte.

Chuck Lorre, der mit Two and A Half Man und The Big Bang Theorie zwei der größten Sitcom-Hits überhaupt landete, schreibt nun also nicht nur für die großen US-Networks, sondern produziert gemeinsam mit David Javerbaum eine Serie nach klassischem Sitcom-Schema für Netflix. Hollywood-Star Kathy Bates (About Schmidt, American Horror Story) spielt Ruth Whitefeather Feldman, Besitzerin von Ruth's Alternative Caring, einer legalen Cannabis-Apotheke im Süden Kaliforniens. Sie ist eine langjährige Aktivistin, die sich für die Legalisierung von Marihuana einsetzt. In ihrem Geschäft arbeiten der nervöse Wachmann Carter (Tone Bell), der als Irakkriegs-Veteran an PTBS leidet und in seinem ganzen Leben noch keinen Krümel Gras angerührt hat, Jenny (Elizabeth Ho), die ihren konservativen chinesischen Eltern ihre Tätigkeit verheimlicht und ihnen ein Medizinstudium vorgaukelt, die eher unscheinbare Verkäuferin Olivia (Elizabeth Alderfer) und der Meisterzüchter Pete (Dougie Baldwin), der mit Leidenschaft an neuen Sorten Cannabis tüftelt.

Disjointed bedeutet auf Deutsch unter anderem "zusammenhangslos" und diesem Titel wird die Sitcom gerecht. Zusammenhangslos sind zum einen die Gespräche zwischen den zugedröhnten Mitarbeitern, allen voran Ruth selbst, die meistens in der Bedeutungslosigkeit versanden, zum anderen aber vor allem die Struktur der einzelnen Episoden. Selbstgedrehte Clips des hauseigenen YouTube-Kanals wie die Reihe Strain O’the Day, in der jedes Mal ein anderes Produkt aus Ruths Sortiment vorgestellt werden, Fake-Werbeclips und kurze animierte Sequenzen sind die die Handlung eingebettet oder unterbrechen sie. Denn häufig wirken gerade die Werbeclips, deplatziert und unmotiviert eingestreut. Vielleicht sollen sie den tatsächlichen Werbeblock ersetzen, auf den der ans Kabelfernsehen gewöhnte Sitcom-Zuschauer noch immer wartet?

Als roter Faden, an dem man sich durch den Haschdunst hangeln kann, fungiert die Mutter-Sohn-Beziehung zwischen Ruth und ihrem erwachsenen Sproß Travis (Aaron Moten). Der hat zum Unverständnis seiner Mutter einen Abschluss in Wirtschaft erlangt und kehrt zurück in die heimische Cannabis-Apotheke. Ruth ist ganz und gar nicht begeistert, als er ihr einen Businessplan vor die Nase legt, der die Ausweitung von Ruths Geschäft auf mehrere Filialen ausweiten. Ruth verachtet das Establishment und will nicht so werden, wie die Kapitalisten, gegen die sie protestiert. Sie vermisst die Zeiten, in denen Grasrauchen eine politische Bedeutung hatte und nicht bloß mit Konsum assoziiert wird. Außerdem betrachtet sie ihren Laden als Rückzugsort für all die Gestressten in einer hektischen Welt, die mit ein paar Zügen Marihuana und netten Worten von Mama Ruth runterkommen können. Die persönliche Note sieht sie durch die Eröffnung weiterer Filialen gefährdet. Travis hingegen ist enttäuscht, dass seine Mutter ihm nicht mal eine Chance gibt.

Der Konflikt zwischen den Generationen - die 68er-Aktivistin auf der einen Seite, die jungen, ungeduldigen Millennials auf der anderen - könnte sich zu einem Plot entwickeln, der in klassischen Familien-Sitcoms wirkungsvoll funktioniert. Das wäre Disjointed zu wünschen, denn der Pot-Plot, auf dem der Fokus der Serie liegen sollte, ist mit allen gängigen Kiffer-Klischees, die wir seit Half Baked und Jay und Silent Bob zu Genüge kennen, überfrachtet. Pete ist bärtig, langhaarig, immer etwas schluderig, aber mit entsprechenden Hasch-Motiven gekleidet und spricht kaum einen Satz zu Ende, den er weiß nicht mehr, was er noch vor wenigen Sekunden gesagt hat. Klar, er ist ja auch immer völlig stoned. Psychedelische Bilder an den Wänden, Schalen voller Süßkram und Buddhas zieren die Räumlichkeiten. Mit wohl platzierten, cleveren Sprüchen oder zündenden Gags kann Disjointed nicht aufwarten. Vielleicht wird's lustiger, wenn man selbst zum Pfeifchen greift und sich auf ein mehrstündiges Bingewatchen der Serie einlässt. Ich habe es noch nicht ausprobiert.

Die erste Staffel Disjointed umfasst 20 Episoden, die ihr seit dem 25.08.2017 auf Netflix streamen könnt.

Konnte euch die neue Sitcom mit Kathy Bates vom Hocker reißen?

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