Wie Streaming-Dienste euch glücklich machen

07.11.2011 - 08:50 Uhr
The Social Network
Sony
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Über eine Auswahl von Streaming-Anbietern habe ich letzte Woche geschrieben. Diesmal geht es um die Perspektiven, die Streaming-Plattformen Filmemachern und natürlich uns Zuschauern eröffnen.

“Das Thema Streaming ist ein weites Feld”, um es mit Theodor Fontane zu sagen. Vor einer Woche habe ich hier über das Wo des legalen Streamings geschrieben, also die unterschiedlichen Plattformen. Dieses Mal steht das Was im Vordergrund. Dabei soll es beispielsweise um die Facetten des Angebots an Filmen und Serien gehen. Denn längst sind Hulu, Netflix und Konsorten nicht mehr nur Abspielorte der Videos anderer Leute. Die Giganten unter den Streaming-Diensten bemühen sich zunehmend darum, selber Inhalte herzustellen und den etablierten Networks und Studios Konkurrenz zu machen. Währenddessen entdecken vermehrt Indie-Vertriebe das Netz für sich.

David Fincher und Kevin Spacey tun es
Ende Oktober ging die Nachricht durch die Feedreader, dass YouTube eine Reihe von Kanälen mit eigen produziertem Content einrichten wird. Damit ist leider keine Dauerschleife mit wegnickenden Kätzchen gemeint. Vielmehr hat sich die Videoplattform aus dem Hause Google hochkarätige Mitarbeiter ins Boot geholt. Zu den Produzenten der Kanäle gehören Entertainment-Größen wie Jay-Z, Amy Poehler, Ashton Kutcher und Anthony E. Zuiker (Erfinder von CSI). Nächstes Jahr sollen die Kanäle an den Start gehen und den ganzen Tag neue Inhalte liefern. Sogar die bekannte Produktionsfirma Lionsgate hat einen eigenen Channel ergattert.

Doch YouTube ist nicht die einzige Plattform, die in direkte Konkurrenz mit den etablierten Kabelsendern und anderen Produzenten geht. Im März haben wir darüber berichtet, dass keine Geringeren als Kevin Spacey und David Fincher exklusiv für den Streaming-Dienst Netflix eine Serie produzieren. House of Cards wird die heißen. Dabei handelt es sich um ein Remake der britischen Serie House of Cards – Ein Kartenhaus, dessen Kosten denen einer traditionell produzierten TV-Serie gleichen. Dieses Großprojekt im Streaming-Bereich wird umrahmt von weiteren Gerüchten und Nachrichten. So kämpfen unter anderem Netflix und Hulu darum, eine geplante Miniserie der von Fox abgesetzten Kultshow Arrested Development exklusiv auszustrahlen. Zu den weiteren Projekten von Netflix gehören neue Folgen der ebenfalls abgesetzten Serie Reno 911! und die exklusive Ausstrahlung der Show Lilyhammer über einen Mafioso (Steve Van Zandt aus Die Sopranos), der in Norwegen untertauchen muss.

Es scheint so, als könnten sich die Streaming-Plattformen als Produzenten alternativer Inhalte anbieten, die bei den traditionellen Sendern scheitern. Immerhin hat Hulu mit Videos und Clips der im TV gefloppten Show Arrested Development 100 Millionen Views erzielt. Es ist deshalb gar nicht so abwegig, dass Streaming-Plattformen auch für ungewöhnliche, weil unabhängige oder kontroverse Filme zum praktischen Verwertungskanal mutieren.

Unabhängig (klein), clever, sucht…
Im Internet scheint es tatsächlich eine Gemeinde anspruchsvoller Seriengucker zu geben, die ansonsten wenig erfolgreichen Shows zu großen Streaming-Zahlen verhelfen. Viele unabhängige Filmemacher und Produktionsfirmen stellen sich derweil die Frage, ob eine ähnliche Nutzergruppe auch für Spielfilme zu mobilisieren ist. Vollkommen unabhängige Projekte, die sich nur im Internet fortpflanzen, gibt es schon einige. Die Möglichkeiten des Streamings bieten allerdings auch Independent-Kinofilmen Kanäle, um mehr Zuschauer für sich zu gewinnen. Wegweisend könnte hier die Verwertungskombination sein, die IFC Films seit einer Weile nutzt.

Super – Shut up, Crime! mit Ellen Page und Rainn Wilson lief in den USA nicht zuletzt wegen seiner abgedrehten Story nur in wenigen Kinos und spielte schlussendlich rund 324.000 Dollar ein. Das ist ein Schicksal vieler verquerer Indie-Projekte. Doch IFC machte den Film zeitgleich zum Kinostart auf kostenpflichtigen Video on Demand-Anbietern wie iTunes zugänglich, wo er zur erfolgreichsten VOD-Release des Verleihs wurde. Über Video on Demand und Streams können kleine Filme mit einer ansonsten begrenzten Veröffentlichung in den Kinos (limited release) Indie-affine Zuschauer in den ganzen USA erreichen.

Das Hauptproblem von Video on Demand- und ähnlichen legalen Veröffentlichungen ist zur Zeit jedoch ein ganz praktisches: Es gibt keine Box Office-Berichte für VOD-Filme. Die puren Zahlen sind jedoch unersetzlich, um die Filme in andere Territorien zu verkaufen. Aussagen über den Erfolg einer VOD-Release sind derzeit von einzelnen Verleihern (z.B. IFC) abhängig, da die Zahlen der vielen unterschiedlichen Anbieter nur schwer gebündelt werden können. Auf ein Online-Äquivalent zu den wöchentlichen Kinocharts müssen wir also eine ganze Weile warten.

HBO machte es vor
Dennoch sind die Grundlagen gelegt, damit sich Netflix, Hulu und andere in direkte Konkurrenten der etablierten Sender verwandeln. Hier sei an den Aufstieg von HBO und später AMC erinnert, die zuvor selbst keine Serien produzierten und in ihren ersten Anstrengungen belächelt wurden. Heute gelten Game of Thrones und Breaking Bad als Speerspitze des erfolgreichen Qualitätsfernsehens. Für Freunde von Arthouse-Filmen dürfte in Zukunft die Frage interessant sein, ob ähnliche Dynamiken auch in der Welt des Films zu erzielen sind. Schließlich belebt neue Konkurrenz nicht nur den Wettbewerb. Sie könnte auch für ordentlich Abwechslung auf den Leinwänden und Bildschirmen von uns Cineasten sorgen.

Könnt ihr euch vorstellen, dass zukünsftig Streaming-Dienste den Studios Konurrenz machen?

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