Als Regisseur Satoshi Kon 2010 mit nur 46 Jahren verstarb, verlor das Anime-Medium eines seiner größten Talente. Was er uns hinterlassen hat, sind vier fantastische Filme (und eine Serie), in denen er zumeist wie David Lynch die Beziehung zwischen Träumen, Realität und Filmen untersuchte.

So auch in seinem letzten Meisterwerk Paprika, das ab dem 1. Juni 2025 bei Netflix abrufbar ist.

Paprika bei Netflix: Das traumhafte Anime-Meisterwerk von Satoshi Kon

Japan, irgendwann in der nähen Zukunft: Eine neue Erfindung namens DC Mini erlaubt es, in die Träume von Menschen zu blicken und einzudringen. Mitentwicklerin Dr. Atsuko Chiba (Synchron-Superstar Megumi Hayashibara) verwendet diese Technologie bereits unerlaubterweise für Underground-Therapien, um die Träume ihrer Patient:innen zu deuten. In diesen erscheint sie allerdings nicht als sie selbst, sondern als entfesseltes Traum-Alter-Ego Paprika. Die hilft unter anderem Detective Konakawa, der mal Filmemacher werden wollte, mit seinen wiederkehrenden Alpträumen.

Als drei DC Minis entwendet werden und ein Traumterrorist mehrere Menschen in den Tod treibt, wird die Angelegenheit gefährlich. Nicht nur das Leben der Leute; die Realität selbst steht auf dem Spiel. Sie droht, von einer bizarren Parade der Absurditäten mitgerissen zu werden, die von Unterbewusstsein zu Unterbewusstsein marschiert. Dr. Chiba, ihr Kollege Dr. Tokita, der Erfinder des DC Mini, Detektive Konakawa und nicht zuletzt Paprika müssen das Rätsel schnellstmöglich lösen, um die Wirklichkeit zu erhalten.

Die überwältigenden Bilder werden von den experimentellen Klängen von Susumu Hirasawas Soundtrack unterfüttert, der bereits der finsteren Fantasy von Berserk und Kons surrealer Mystery-Serie Paranoia Agent ein verträumtes Ambiente verlieh. Insbesondere die Paraden-Polka werdet ihr so schnell nicht mehr aus dem Ohr bekommen.

Weitere Filme von Anime-Meister Satoshi Kon:

Perfect Blue (1997): Ein wirrer Mystery-Thriller nach Hitchcock-Vorbild
Millennium Actress (2001): Ein Schauspielerinnenporträt durch Zeit und Filme
Tokyo Godfathers (2003): Ein Weihnachtsfilm über Zufälle vom Rand der Gesellschaft

Im Anime-Highlight Paprika traut man sich zu träumen

Immer wieder wird behauptet, Christopher Nolan habe sich für seinen Traum-Thriller Inception einiges bei Paprika abgeguckt. Doch während Nolan lediglich von Männern in Anzügen, Schusswaffen, Fahrzeugen und Business-Deals träumt, schöpft Satoshi Kons Kreativität das grenzenlose Anime-Medium und das noch unbändige Konzept von Traumwelten vollkommen aus. Die Grenze zwischen Realität, Fiktion und Schlafwelt wird dabei absichtlich und zu unglaublichem Effekt ambivalent gehalten.

Wir springen von Märchen wie Pinocchio in eine Bier-Reklame, dann vielleicht in einen chinesischen Mythos, eine sexuelle Fantasie und einen Kaiju-Monsterfilm mit nachtmahrhaften Traumgiganten. Oder sind wir doch wieder im Büro? Bei dieser Desorientierung kommt tatsächlich jenes Gefühl auf, das man bekommen kann, wenn man nachts einen Teil seines Bewusstseins und der Logik ausknipst.

Bei uns auf Moviepilot steht Paprika auf Platz 12 der besten Anime-Filme aller Zeiten. Darüber hinaus haben 2.516 Nutzer:innen abgestimmt und dem Film einen traumhaften User-Wert von 7,5 beschert. Bei Rotten Tomatoes steht der Kritiken-Score sogar bei 87 Prozent. Ein Grund mehr, sich jetzt spätestens via Netflix in den Anime-Traum zu stürzen.

Als Vorlage diente übrigens das gleichnamige Buch von Yasutaka Tsutsui, der auch den oft adaptierten Zeitreiseroman The Girl Who Leapt Through Time zu Papier gebracht hatte.

Ab heute bei Netflix: Einer der besten Anime-Filme aller Zeiten, der euch an der Realität zweifeln lassen wird

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